Der Tod Verhandelt Nicht
wohl.«
Die Französin griff beschwichtigend ein. »Lass gut sein, Vincenzo. Wir wollen nicht mit Monsieur Pagano streiten. Er ist unser Gast.«
Vincenzo hörte jedoch nicht auf sie, sondern baute sich vor mir auf, sodass sich unsere Schultern berührten. Ich spürte seine gestrafften Muskeln und spannte meinen Bizeps ebenfalls an.
»Gäste haben sich ihrem Gastgeber gegenüber so respektvoll zu zeigen, wie sie selbst von ihm behandelt wurden«, zischte er.
Beim Gedanken daran, dass dieser Kerl kurz zuvor die Spuren der Übeltaten seines Chefs beseitigt hatte, juckte es mich in den Fingern. Diese beiden miesen Schweine hätten mich fast umbringen lassen.
»Sie vergeuden meine Zeit mit Ihrem Geschwätz. Versuchen Sie Madame Ganci gefälligst mit etwas anderem zu beeindrucken«, zischte ich zurück. »Und sagen Sie mir auf der Stelle, wo ich den Lügenbaron finde!«
Da legte er mir eine Hand auf die Brust und drückte mich gegen den Eschentisch. Kein Zweifel, der Kerl fühlte sich wie ein Kampfstier, doch wie allen Jungtieren fehlte ihm die Erfahrung. Ich hätte ihm mit einer Geraden locker die Nase zertrümmern können, beschränkte mich aber darauf, ihm einen Handkantenschlag gegen das Kinn zu versetzen. Von unten nach oben. Vincenzos Kopf knickte nach hinten weg, er verlor das Gleichgewicht und machte leicht wankend ein paar Schritte rückwärts.
»Du Hurensohn«, knurrte er.
Schon wollte er sich auf mich stürzen, als Martine dazwischenging und sich ihm mit einer so melodramatischen Geste an den Hals warf, dass ich grinsen musste.
»Hör auf, Vincenzo! Lass den Quatsch!«, schrie sie.
Ruppig schob er sie beiseite und kam auf mich zu, bereit, zuzuschlagen. Ich hatte mich in Position gebracht und war wild entschlossen, ihm eine gehörige Tracht Prügel zu verpassen. Er war zwar stark, aber sicher hatte man ihm im Fitnessstudio keine Kampftechniken beigebracht. Seinem ersten Fausthieb wich ich leicht aus. Auch der nächste Hieb war schief und ungelenk, zumal er seinen Schwerpunkt verlor und mir so die Chance zum Gegenschlag auf dem Silbertablett servierte. Ich parierte den Angriff mit einem gut platzierten Haken in den Magen und schickte gleich noch einen Kinnhaken hinterher, sodass Vincenzo in hohem Bogen nach hinten flog und im Fallen gegen die Bank stieß, die mit einem Höllenlärm auf den Boden krachte. Stöhnend richtete er sich auf und massierte sich miteiner Hand das Kinn, während Martine ihm mit dem Eifer einer Rotkreuzkrankenschwester zu Hilfe eilte.
In diesem Augenblick erschien Ganci gähnend in der Verandatür, als ob er gerade erst aufgewacht wäre.
»Was ist hier los?«
»Rien, rien«
, antwortete Martine hastig. »Vincenzo und Monsieur Pagano hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
Sie schien entschlossen, die Sache herunterzuspielen, als ob sie den Vorfall schnellstmöglich ad acta legen wollte.
»Was war los, Vincenzo?«, fragte Ganci, wobei er unsicher ein paar Schritte auf der Veranda tat.
»Je viens de te dire«
, kam Martine ihm zuvor. »
Une bagarre entre vieux amis …
wie sagt man: Ein kleiner Streit unter Freunden?«
Sie half Vincenzo wieder auf die Füße, fasste ihn am Arm und zerrte ihn zu mir. Der junge Mann wirkte wie ein ramponierter Boxer und schien überhaupt nicht mitzubekommen, was um ihn herum geschah.
»Na los, Vincenzo«, insistierte die Französin. »Jetzt gibst du Monsieur Pagano die Hand, und die Sache ist erledigt.«
»Geht mir aus den Augen, alle beide!«, schrie Ganci sie da an.
Martine schaute mich flehend an. Ihr theatralischer Blick hätte sich gewiss gut in einem klassischen Drama gemacht. Ich hatte erwartet, dass sie ihren Mann dafür gehörig abkanzeln würde, stattdessen sagte sie zu mir: »
Pardonnez, Monsieur Pagano
. Vincenzo hat ein hitziges Gemüt, aber sonst ist er ein netter Kerl. Erhängt sehr an Otello und duldet nicht, dass man ihn beleidigt.«
Otello. Es war das erste Mal, dass sie ihren Mann beim Vornamen nannte.
Martine hatte jetzt Vincenzos Taille umfasst und führte ihn zur Rückseite des Hauses, genau wie vor ein paar Tagen, als der Hund ihn gebissen hatte. Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich Ganci zu, der am Tisch Platz genommen hatte und mich argwöhnisch musterte.
»Sie wollten mich sprechen?«
Ich zog die drei Gewehrkugeln, die ich in Porto Santoru gefunden hatte, aus der Hosentasche und warf sie auf den Tisch. Dann setzte ich mich Ganci gegenüber, ohne ein Wort zu sagen.
»Schluss mit den Spielchen. Am
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