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Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)

Titel: Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordelia Borchardt und Andreas Hoh
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beherrschen konnte. Sie wollte ihn zur Rede stellen und ihn zwingen, wenigstens seine Lügen einzugestehen. Sie würde nur ein paar Minuten brauchen, um die Straße hinunterzulaufen und nachzusehen. Ob er das Auto irgendwo abgestellt hatte, um sie zu täuschen und zu dieser Frau zu gehen.
    Sie lief zu dem Haus, in dem die andere wohnte. Schlich in den Garten, spähte durch die Fenster. An einem Raum waren die Rollläden heruntergelassen. Sie hörte nichts, alles war still. Sie suchte nach seinem Wagen und fand ihn nicht.
    Als sie nach Hause kam, sah sie, dass die Tür zum Garten offen stand. Auf den hellen Steinen vor dem Pool lag der Teddy. Im Wasser trieb Maries Leiche.

    »Vielleicht fahren wir am Wochenende mal wieder raus aufs Meer, was meinst du?«
    Seine Stimme hatte einen Klang, als spreche er mit einer Kranken. Voller Mitleid. Oder war es Verachtung?
    Sie hatte ihm erzählt, dass sie Marie allein gelassen hatte. Und auch warum.
    Er hatte sie nicht in den Arm genommen, nicht getröstet, nicht gesagt, dass es trotz allem doch ein tragischer Unfall war. Dass, wenn überhaupt, sie beide Schuld daran hatten. Dass schließlich er es gewesen war, der sich von ihr zurückgezogen und sie so verunsichert hatte, dass sie durch die Straßen lief und ihr Kind allein ließ, weil sie dachte, er sei bei einer anderen. Er hatte nur mit versteinertem Gesicht dagesessen und geschwiegen.
    Als die Polizei kam, brach sie zusammen. Der Arzt wurde gerufen und gab ihr ein Beruhigungsmittel. Robert sprach mit den Beamten. Marie sei unbemerkt hinausgelaufen. Seine Frau sei nur kurz im Keller gewesen. Das Kind schlafe sonst immer um diese Zeit. Als sie gingen, hörte sie ihn im Flur flüstern: … s
ehr labil … psychisch … verkraftet sie nicht …
    Am nächsten Tag war Jan gekommen.
    Robert hatte sie gedrängt:
Frag ihn, ob ich dort war!
    Sie hatte es nicht getan. Aber Jan wusste Bescheid.
Er war bei mir, Anna. Den ganzen Nachmittag. Er hat keine andere.
    Seitdem träumte sie jede Nacht von ihrem toten Kind.
    Robert kam und ging, wann er wollte. Er sagte ihr nicht einmal mehr, wohin er ging, und sie fragte auch nicht. Aber er blieb bei ihr. Manchmal, wohl wenn er dachte, sie würde es nicht bemerken, sah er sie in einer Weise an, dass sie Angst bekam.
    Er teilte immer noch nicht gern, daran hatte sich nichts geändert. Aber Marie lebte nicht mehr.
    Ein totes Kind brauchte keine Mutter. Sie war überflüssig. Sie wollte nicht mit ihm hinaus aufs Meer.

    Sie fuhren zwei Tage später. Sie hatte ihm nichts entgegnen können. Der Sommerwind war sanft und warm. Ihre Lippen schmeckten nach Salz, über ihr schwebten die Möwen, die sich mit weit gespannten Flügeln tragen ließen.
    Sie stand an der Reling und schaute auf die Wellen.
    Er trat hinter sie und umfasste sie.
    »Schön, nicht?«
    Sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken. Er war ihr zu nah. Viel zu nah. Gefährlich nah.
    »Lass mich!« Hastig wand sie sich aus seinen Armen.
    »Jeder von uns quält sich, Anna. Aber irgendwann müssen wir wieder nach vorn sehen.«
    Sie schwieg.
    »Marie ist tot. Das ist furchtbar. Aber für uns geht das Leben doch weiter.«
    »Für dich vielleicht. Für mich nicht«, antwortete sie.
    »Und warum nicht?«
    Sie hatte es schon auf den Lippen,
weil ich schuldig bin und du nicht
, als er fragte:
    »Ist sie wirklich in den Pool gefallen?«
    Entsetzt schaute sie ihn an. »Was meinst du damit?«
    »Ist Marie wirklich hineingefallen? Am Tag vorher hast du gesagt, ich würde sie nie mehr wiedersehen …«
    Sie holte aus und schlug ihm ins Gesicht. Dann rannte sie unter Deck und schloss sich in der Kajüte ein.
    Es klopfte an der Tür.
    »Anna, es tut mir leid. Komm da raus, bitte! Du brauchst Hilfe, Anna. Wir beide brauchen Hilfe. Du solltest wirklich …«
    »Was? Zum Psychiater gehen? In irgendeiner Klinik verschwinden? Am besten auf immer und ewig. Ist es das, was du willst? Mich endlich loswerden?«
    »Komm da wieder raus! Schließ die Tür auf! Es tut mir leid, was ich gesagt habe. Mach da drinnen keine Dummheiten, hörst du!«
    »Verschwinde!«
    Sie kauerte am Boden. Das war natürlich auch eine Möglichkeit, nicht teilen zu müssen: die verzweifelte Mutter, die sich das Leben nahm. Er musste sie nur über Bord bekommen.
    Es wurde still vor der Tür. Sie hörte, wie er die Stufen hinaufging.
    Das Benzin. Es war genug Benzin da für den Hilfsmotor. Er konnte das Boot anstecken, von Bord springen, während sie hier unten hockte. Und behaupten, sie hätte

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