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Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)

Titel: Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordelia Borchardt und Andreas Hoh
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es angezündet. Wem hatte er wohl alles erzählt, dass seine Frau ein psychisches Wrack war. Gequält von Selbstmordgedanken?
    Sie suchte in den Schubladen der Kajüte nach dem Messer und schob es zwischen Hosenbund und Körper, dort, wo sie das kalte Metall spüren konnte. Dann öffnete sie die Tür.
    »Na endlich«, sagte er, als sie an Deck kam.
    Er trat auf sie zu, sie wich zurück.
    Dann ließ er sie in Ruhe.
    Der Tag flog vorbei. Sie beobachtete ihn jede Sekunde, fixierte ihn mit Blicken, während er mit schnellen, kräftigen Handgriffen das Boot unter Kontrolle hielt. Manchmal schaute er zu ihr, und ihr Herz pochte jedes Mal so laut, als wolle es sie warnen. Sie tastete nach dem Messer, sobald er in ihre Nähe kam. Ihre Waffe gegen die Angst.
    Es war schon Nachmittag, als sein Handy klingelte. Er stand nicht weit von ihr. Rasch drehte er sich so, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte.
    »Ja, sicher. Prima.« Wie gelöst seine Stimme auf einmal klang. »Klar. Nein, morgen Abend bin ich wieder zurück.« Und dann sagte er noch etwas, ganz leise, aber der Wind trug es zu ihr: »Ich freue mich.«
    Als er das Handy wegsteckte, sah sie seinen Blick. Verschämt, als habe er etwas zu verbergen. Einen Blick, den sie kannte. Der Blick eines Lügners.
    »Wer war das?«
    »Jan.«
    »Gib mir das Handy!«
    »Anna, was soll das denn!«
    »Jan, ja sicher.« Genau wie an dem Tag, an dem Marie gestorben war. Jan! Mit dessen Alibi er versucht hatte, alles auf sie abzuwälzen. Er, der zu unrecht Verdächtigte. Sie, die Schuldige.
    »Los, gib mir das Handy. Gib es mir! Sofort!«
    Zögerlich holte er es hervor, schüttelte den Kopf.
    Sie riss es ihm aus der Hand und sah in der Anrufliste nach, drückte die letzte Nummer, presste es an ihr Ohr.
    »Ja, hallo?« Eine Männerstimme. »Hallo?«
    Es war Jans Stimme.
    Sie sah Robert an. Und endlich begriff sie.
    Wie hatte sie nur so dumm sein können! Jan benutzte keinen Lippenstift und auch kein Parfum. Jan, der nette Kumpel, mit dem auch sie sich immer gut verstanden hatte. Mit dem man so gut reden konnte. Wie mit einer Frau.
    »So ist das also«, flüsterte sie.
    Natürlich war Robert an dem Nachmittag, als Marie starb, bei Jan gewesen. Bei Jan, der nie eine Freundin hatte. Wozu auch.
    Die Wut brach über sie herein wie eine riesige Welle. Sie stürzte sich auf ihn.
    »Du Scheißkerl! Du verdammter Scheißkerl!«
    Robert wehrte ihre Hand ab, beugte sich nach hinten.
    »Anna, hör auf!«
    Sie zog das Messer und stach auf ihn ein. Er schrie nicht einmal. Lautlos sackte er vor ihr zusammen. Ein See aus Blut breitete sich um ihn herum aus. Sie zerrte ihn hoch, bis sein lebloser Körper über der Reling hing, fasste seine Beine und kippte ihn über Bord.
    Dann lenkte sie das Boot weit auf das Meer hinaus.
    Erst als es Nacht wurde, holte sie die Segel ein. Sie legte sich auf das Deck, unter den schwarzblauen Himmel, ließ sich von den Wellen in den Schlaf wiegen, hörte dem Wind zu, wie er leise flüsterte:
Ein Lügner. Ein Betrüger.
    Im Traum sah sie das Bündel, wie es langsam aus der Tiefe des Meeres emporstieg. Sie beugte sich vor und zog ihr totes Kind aus dem Wasser, löste das Netz, das den kleinen Körper umschlang, hielt Marie in ihren Armen.
Er hat uns betrogen. Ich wusste es von Anfang an. Jeder Faden eine Lüge. Jeder Knoten eine Stunde, in der er uns allein gelassen hat. Er ist schuld. Er allein. Er hatte dich nicht verdient, Marie.

Thomas Erle Der Zauberlehrling
    »Ich sage ihnen, lieber Dünki, das wird das größte Geschäft seit wir 2083 den Emotikon-Chip eingeführt haben!« Rahman Michael Anand hob sein Trinkröhrchen mit der hellvioletten Flüssigkeit und prostete seinem Gegenüber zu. »Und Sie müssen zugeben«, fügte er hinzu, »dass auch Sie nicht schlecht weggekommen sind bei der Sache!«
    Beat Dünki, Vorstandsvorsitzender der BioSwiss, nickte. Er erinnerte sich an die Anfangszeit ihrer Zusammenarbeit, als der Deutsch-Indische Staatskonzern seines Gegenüber durch den Emotikon-Lizenzvertrag die bis dahin zweitrangige Schweizer Steuerelementefirma zu dem Top-Player gemacht hatte, den sie seither in Europa darstellte.
    Jetzt lockte ein noch größeres Geschäft. Neben dem neuen Steuerchip, dem die Entwickler scherzhaft den Codenamen ›Orwell 3000‹ gegeben hatten, würde der Emotikon stehen wie das Spielzeug eines Pubertierenden. Die Vorstellung allein machte Dünki schwindlig. Auf dieser winzigen Nano-Zelle, die oral eingenommen wurde und in Folge im

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