Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
können, denn im FBI gab es nur sehr wenige Spezialisten für die Sprachen des Nahen Ostens, und noch schlechter sah es bei den örtlichen Polizeidienststellen aus. Selbst wenn seine Drohungen gehört und verstanden worden wären, hätten die meisten Amerikaner ihre Tragweite nicht begriffen, da ihre Wahrnehmung getrübt war durch ihr allgemeines Desinteresse für die Probleme der Welt und sie sich in dem Glauben wiegten, dass niemand, der in Amerika lebte, sich gegen das Land auflehnen würde.
Doch am 26. Februar 1993 fuhr ein gemieteter Van der Marke Ford Econoline in die Tiefgarage unter dem World Trade Center. 7 In dem Wagen saß Ramsi Jussef. Es ist unklar, ob Bin Laden ihn geschickt hatte, doch er kam aus einem al-Qaida-Lager in Afghanistan, wo er sein Bombenlegerhandwerk gelernt hatte. Er war nach Amerika gekommen, um den Bau des, wie das FBI später feststellte, größten improvisierten Sprengsatzes zu überwachen, mit dem es die Bundespolizei jemals zu tun bekam. Jussef zündete vier sechs Meter lange Zündschnüre an und zog sich dann zu einem Beobachtungspunkt nördlich der Canal Street zurück, von wo aus er den Einsturz der Gebäude verfolgen wollte.
Jussef war ein schlanker Mann mit dunklem Teint, er schielte auf einem Auge und trug Brandmale im Gesicht und an den Händen - eine Folge versehentlicher Explosionen. Sein wirklicher Name lautete Abdul Basit Mahmoud Abdul Karim. Der Sohn einer palästinensischen Mutter und eines pakistanischen Vaters war in Kuwait City aufgewachsen und hatte anschließend in Wales Elektrotechnik studiert. Er hatte eine schwangere Frau und ein Kind in Quetta, der Hauptstadt der pakistanischen Provinz Belutschistan. Er war kein besonders frommer Muslim - ihn trieb in erster Linie der Kampf für die Sache der Palästinenser und der Hass auf die Juden -, aber er war der erste islamistische Terrorist, der im amerikanischen Kernland einen Anschlag verübte. Zudem bildeten seine düsteren, verwegenen Träume gewissermaßen den Kokon, innerhalb dessen sich die islamistische Bewegung verwandelte. Vor Jussefs Ankunft in Amerika hatte die Zelle in Brooklyn mit Rohrbomben experimentiert. Erst durch Jussefs Ehrgeiz und Geschick änderte sich das Wesen des Terrors grundlegend.
Indem er die Bombe in der südlichen Ecke der Garage hochgehen ließ, hoffte Jussef, dass ein Turm auf den anderen fallen und dadurch der gesamte Komplex einstürzen würde, wodurch bis zu 250 000 Menschen getötet werden würden - ein Blutzoll, den er für angemessen hielt in Anbetracht der Leiden, die den Palästinensern aufgrund der amerikanischen Unterstützung für Israel zugefügt worden waren. Er hatte beabsichtigt, die Zahl der Opfer noch zu steigern, indem er dem Sprengsatz, der aus Ammoniumnitrat und Heizöl bestand, Natriumcyanid zusetzte 8 , oder durch den Bau einer so genannten schmutzigen Bombe 9 mit radioaktivem Material, das aus der früheren Sowjetunion herausgeschmuggelt worden war; sie hätte einen Großteil von Lower Manhattan verseucht.
Die Explosion erschütterte sechs Stockwerke der Stahl- und Zementkonstruktion und zog auch den PATH-Bahnhof unterhalb der Garage und den darüber liegenden Ballsaal des Marriot-Hotels in Mitleidenschaft. Die Detonation war so heftig, dass noch auf Ellis Island, in einer Entfernung von eineinhalb Kilometern, zu spüren war, dass sich der Boden bewegte. 10 Sechs Menschen wurden getötet und 1042 verletzt, es war die größte Zahl von Opfern, die in den USA seit dem Bürgerkrieg jemals bei einem Ereignis registriert wurde. 11 Die Türme erzitterten und wankten, doch die mächtigen Gebäude stürzten nicht ein. Als Lewis Schiliro, der Leiter des New Yorker FBI-Büros, den 60 Meter breiten Krater im unterirdischen Herz des Bauwerks untersuchte, bemerkte er gegenüber einem Bauingenieur: „Dieses Gebäude wird ewig stehen.“
Jussef flog nach Pakistan zurück und zog kurze Zeit später nach Manila um. Dort entwickelte er ausgefeilte Pläne, die darauf zielten, gleichzeitig ein Dutzend amerikanischer Zivilflugzeuge zum Absturz zu bringen, Papst Johannes Paul II. und US-Präsident Clinton zu ermorden und ein Privatflugzeug über dem CIA-Hauptquartier abstürzen zu lassen. Es ist schon bemerkenswert, wie früh einige Islamisten daran gedacht haben, aufwändige, mit hohem Symbolgehalt befrachtete Anschläge durchzuführen, die alles in den Schatten stellten, was Terroristengruppen bisher zustande gebracht hatten. Der Showeffekt ist ein allgemeines Merkmal des
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