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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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Wert von ungefähr sieben Millionen Dollar. 31 Obwohl er damit eigentlich hatte rechnen müssen, wurde Bin Laden von diesen Maßnahmen überrascht. Er war abhängig von den monatlichen Zahlungen des Unternehmens, sie waren seine einzige Einkommensquelle. 32
    Als Geschäftsmann war Bin Laden gescheitert. Als er im Sudan angekommen war, hatte er mit Geld um sich geworfen und beispielsweise der Regierung harte Devisen geliehen, um Weizen zu kaufen, als sich wegen akuten Getreidemangels Warteschlangen vor den Brotläden gebildet hatten; er hatte den Aufbau von Radio- und Fernsehsendern unterstützt; und er bezahlte gelegentlich die Ölimporte des Landes, wenn der Regierung das nötige Geld fehlte. 33 In einem derart verarmten Land begründete Bin Ladens bescheidenes Vermögen fast eine Parallelwirtschaft. Aber er kümmerte sich immer weniger um seine eigenen Firmen und behielt seine Investitionen nicht mehr im Blick. Er verfügte zwar über ein Büro mit Faxgerät und Computer, verbrachte dort aber nur sehr wenig Zeit und beschäftigte sich tagsüber lieber mit seinen landwirtschaftlichen Projekten und empfing abends Würdenträger und Mudschahidin in seinen Salons.
    Bin Laden hatte einen großen Teil seines Geldes in Unternehmen gesteckt, von denen er nur wenig verstand. Zu seinen Aktivitäten gehörten nun auch der Bau von Maschinen zur Gesteinszerkleinerung 34 , die Herstellung von Insektiziden und Seifen sowie eine Gerberei - Dutzende von Firmen, die nichts miteinander zu tun hatten. Er richtete Konten bei Banken in Khartoum, London, Malaysia, Hongkong und Dubai ein, alle unter den Namen verschiedener al-Qaida-Mitglieder, was es den Geheimdiensten erschwerte, sie aufzuspüren, aber auch ihre Verwaltung fast unmöglich machte. Immer wieder fing er neue Projekte an, ohne lange darüber nachzudenken. Als einer seiner Gehilfen es einmal für eine gute Idee hielt, Fahrräder aus Aserbeidschan in den Sudan zu importieren, wo praktisch niemand Rad fährt, brauchten nur drei al-Qaida-Manager ein Formular auszufüllen, und schon war Bin Laden im Fahrradgeschäft.
    Diese höchst unterschiedlichen Firmen wurden willkürlich in mehreren Dachgesellschaften zusammengefasst. Den Männern, die Bin Ladens geschäftliche Aktivitäten leiteten, war von Anfang an klar, dass sie früher oder später in Schwierigkeiten geraten würden. Bei einem Treffen mit Bin Laden 1992 fragten ihn Dschamal al-Fadl und Abu Rida al-Suri, ob es wirklich notwendig sei, dass seine Firmen Gewinne abwarfen. „Der Wirtschaft geht es sehr schlecht im Sudan“, warnten sie ihn. 35 Die Inflationsrate lag bei mehr als 150 Prozent, und die sudanesische Währung verlor kontinuierlich an Wert gegenüber dem US-Dollar, was Bin Ladens Firmenfinanzen aushöhlte. „Uns geht es um mehr als lediglich ums Geschäft“, erwiderte Bin Laden leichthin - eine Aussage, die jeder verantwortlichen Unternehmensführung das Genick brach. Als die Zahlungen aus Saudi-Arabien plötzlich ausblieben, sah sich Bin Laden mit wachsenden Defiziten konfrontiert, denen keine kalkulierbaren Einnahmen mehr gegenüberstanden. „Es gab fünf verschiedene Unternehmenszweige, aber keiner arbeitete profitabel“, erzählte Abu Rida, Bin Ladens wichtigster Wirtschaftsberater. „Alle Unternehmen machten Verluste. Man kann eine Firma nicht per Fernsteuerung führen.“
    Der Zusammenbruch erfolgte Ende 1994. Bin Laden eröffnete den Mitgliedern von al-Qaida, dass er ihren Sold kürzen müsse, „weil ich mein ganzes Geld verloren habe“. 36 Als L’Houssaine Kherchtou, einer der Piloten Bin Ladens, anmerkte, er müsse nach Kenia reisen, um seine Pilotenlizenz zu verlängern, die er nach einer dreijährigen Ausbildung auf Kosten von al-Qaida erworben hatte, erklärte ihm Bin Laden, das könne er vergessen. Einige Monate später bat Kherchtou den Zahlmeister von al-Qaida um 500 Dollar, damit bei seiner schwangeren Frau ein Kaiserschnitt vorgenommen werden könne. „Es ist kein Geld da“, beschied ihm der Mann. „Wir können dir nichts geben.“
    Auf einmal fühlte sich Kherchtou überflüssig. Die Kameradschaft und der Zusammenhalt der al-Qaida-Mitglieder beruhte auf der finanziellen Sicherheit, die Bin Laden ihnen bot. Sie hatten ihn stets als einen Milliardär gesehen, als eine unerschöpfliche Quelle des Wohlstands, und Bin Laden hatte auch nicht viel getan, um diesem Eindruck entgegenzuwirken. 37 Jetzt veranlasste der Gegensatz zwischen den überzogenen Vorstellungen von Bin Ladens

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