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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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Unterdrücker, Verbrecher, Diebe und Räuber zu terrorisieren... Der von uns praktizierte Terrorismus ist lobenswert.“
    Nach Abschluss des offiziellen Interviews nahm Rahimullah Jussufsai, der Berichterstatter der News in Islamabad, Bin Laden beiseite und fragte ihn, ob er bereit sei, etwas über sein Leben zu erzählen. Beispielsweise darüber, wie viele Frauen und Kinder er habe.
    „Ich habe den Überblick verloren“, erklärte Bin Laden lachend.
    Jussufsai ließ nicht locker: „Vielleicht kennen Sie zumindest die Zahl ihrer Frauen.“
    „Ich glaube, ich habe drei Frauen, aber bei meinen Kindern habe ich den Überblick verloren“, antwortete Bin Laden.
    Jussufsai fragte, wie viel Geld Bin Laden besitze. Dieser legte die Hand auf sein Herz und sagte: „Hier bin ich reich.“Er wich den persönlichen Fragen konsequent aus.
    Kaum war Jussufsai zurück in Peschawar, da erhielt er einen Anruf des erbosten Mullah Omar. „Bin Laden ruft in einer Pressekonferenz den heiligen Krieg aus und sagt mir nicht einmal etwas davon?!“, rief er aufgebracht. „Es kann in Afghanistan nur einen Herrscher geben. Entweder bin ich es, oder es ist Bin Laden.“
     
    BEI JEDEM INTERVIEW litt Bin Ladens Stimme, obwohl er große Mengen Tee und Wasser trank. Am Tag nach einem Interview sprach er überhaupt nicht, 5 sondern machte sich nur mit Gesten verständlich, da sich seine Stimmbänder jedes Mal entzündeten. Sein Leibwächter behauptete, dies sei die Nachwirkung eines sowjetischen Angriffs mit Chemiewaffen, aber einige Reporter gelangten zu dem Schluss, dass er ein Nierenleiden haben müsse - diese Vermutung war der Ursprung einer hartnäckigen und unbegründeten Legende. 6
    Zwei Tage nach dem Gespräch mit der pakistanischen Presse empfing Bin Laden den Reporter John Miller und eine Nachrichtencrew von ABC. Zuvor hatte der unerschrockene amerikanische Korrespondent mit Sawahiri auf dem Boden einer Lehmhütte gesessen und ihm seine Wünsche erklärt. „Doc, wir brauchen Bilder von Bin Laden bei einem Rundgang durch das Lager, im Gespräch mit den Männern“, sagte Miller. „Wir müssen ihn dabei filmen, wie er ihnen beim Training zusieht oder was auch immer, damit wir ein wenig Material haben, um seine Geschichte erzählen zu können.“Sawahiri nickte wissend und antwortete mit einem Verweis auf den technischen Begriff für solche Aufnahmen. „Ach so, Sie brauchen eine ¸B-Rolle‘“, sagte er und kicherte. „Mr. Miller, Sie müssen verstehen, dass das hier nicht wie bei Ihrem Sam Donaldson ist, der mit dem Präsidenten durch den Rosengarten des Weißen Hauses schlendert. Mr. Bin Laden ist ein sehr wichtiger Mann. “
    Zu jenem Zeitpunkt kam Miller auf den Gedanken, dass Sawahiri möglicherweise die eigentliche Macht hinter al-Qaida sei. Dann traf Bin Laden persönlich ein, begleitet von demselben spektakulären, Ehrfurcht gebietenden Feuerzauber, der auch für die Pakistanis inszeniert worden war. Von draußen drang das Zirpen von Grillen in die Lehmhütte, als Miller Bin Laden fragte, ob seine Fatwa nur auf die amerikanischen Streitkräfte oder auf sämtliche amerikanischen Bürger ziele. „Amerika ist nicht bekannt dafür, zwischen Soldaten und Zivilisten zu unterscheiden, oder zwischen Männern und Frauen oder Erwachsenen und Kindern“, antwortete Bin Laden ruhig. Er warf dem Amerikaner scheue, treuherzige Blicke zu, so als fürchte er sich davor, ihn zu beleidigen. „Wir sehen eine dunkle Zukunft für Amerika. Statt der Vereinigten Staaten sollen getrennte Staaten übrig bleiben“- er stellte sich vor, die USA würden ähnlich wie die Sowjetunion zerfallen. Bin Laden trug einen weißen Turban und eine grüne Militärjacke. Hinter seinem Kopf hing eine große Karte Afrikas an der Wand, ein Hinweis, der zu jenem Zeitpunkt niemandem auffiel.
    „Sie sind eine Art Teddy Roosevelt des Mittleren Ostens“, meinte Miller.
    Im Lauf des Gesprächs drängten immer mehr Anhänger Bin Ladens in die Hütte. Zwei Saudis, Mohammed al-Owhali und „Dschihad Ali“Assam, bereiteten gerade al-Qaidas erste große Operation im folgenden Monat vor. 7 Nachdem Millers Crew die Aufnahme im Kasten hatte hatte, löschten Bin Ladens Techniker die Gesichter der Saudis von dem Videoband, bevor es den Amerikanern ausgehändigt wurde. 8
     
    IM INTERVIEW fragte Miller nach Wali Khan Amin Schah, der in Manila verhaftet worden war. „Die amerikanischen Behörden glauben, dass er für Sie arbeitete, von Ihnen finanziert wurde und auf den

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