Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
Vergleich zu der Kriegserklärung, die Bin Laden zwei Jahre zuvor abgegeben hatte, war diese Botschaft in einer gemessenen und klaren Sprache gehalten. Sawahiri führte drei Klagen gegen die Amerikaner. Da war erstens die anhaltende Präsenz amerikanischer Truppen in Saudi-Arabien, obwohl der Golfkrieg vor sieben Jahre zu Ende gegangen war. „Wurde die Besatzung früher von einigen Leuten bestritten, so hat mittlerweile auf der Halbinsel niemand mehr Zweifel daran“, erklärte er. Zweitens warf er den Amerikanern den Versuch vor, den Irak zu zerstören, was durch den Tod von (wie er behauptete) einer Million Zivilisten bewiesen werde. Der dritte Vorwurf betraf das amerikanische Bemühen, die arabischen Staaten zu lähmen, um Israel zu erhalten. Die Schwäche und Uneinigkeit der arabischen Nation bezeichnete er als einzige Überlebensgarantie Israels.
All dies stelle einen „Krieg gegen Gott, seinen Propheten und die Muslime“dar. Daher gaben die Mitglieder der Koalition nun eine Fatwa aus: „Jeder Muslim, der dazu in der Lage ist, hat in jedem Land, in dem das möglich ist, die individuelle Pflicht, die Amerikaner und ihre Verbündeten - Zivilisten wie Militärangehörige - zu töten.“
Am 23. Februar 1998 veröffentlichte Al-Quds al-Arabi in London die Fatwa der neuen Koalition, die sich als „Internationale Islamische Front für den Dschihad gegen die Juden und Kreuzfahrer“bezeichnete. Die Unterzeichner waren Bin Laden als Person, Sawahiri als Führer von al-Dschihad, Rifai Taha als Mitglied des Rates der Gamaa Islamija, die Pakistanis Scheich Mir Hamsah, Sekretär von Jamiatul-Ulema, und Fadl al-Rahman, der Kopf von Harakat al-Ansar, sowie Scheich Abdul Salam Mohammed Khan, Führer der Dschihad-Bewegung in Bangladesch. Der Name al-Qaida wurde nicht verwendet. Deren Existenz war noch ein streng gehütetes Geheimnis.
Außerhalb von Afghanistan nahmen Mitglieder der Gamaa Islamija die Erklärung mit Unglauben zur Kenntnis. Sie waren geschockt, als sie erfuhren, dass sie nach der Katastrophe von Luxor nun einer Koalition angehörten, in der man ihnen nie eine Mitgliedschaft angeboten hatte. Taha wurde gezwungen, seine Zustimmung zu der Fatwa zu widerrufen. Seine wenig überzeugende Rechtfertigung gegenüber Gamaa Islamija lautete, er sei lediglich telefonisch aufgefordert worden, sich einer Unterstützungserklärung für das irakische Volk anzuschließen. 44
Bei al-Dschihad herrschte ebenfalls beträchtliche Aufregung. Sawahiri berief eine Versammlung seiner Anhänger in Afghanistan ein, um ihnen die neue globale Organisation zu erklären. Die anderen Mitglieder warfen ihm vor, sich vom vorrangigen Ziel der Machtübernahme in Ägypten zu lösen, und sie wehrten sich dagegen, dass al-Dschihad in Bin Ladens grandiosen Krieg mit den Vereinigten Staaten hineingezogen wurde. Einige von ihnen erhoben Einwände gegen die Person Bin Ladens: Er habe eine „dunkle Vergangenheit“und verdiene kein Vertrauen als Führer der neuen Koalition. 45 Sawahiri beantwortete die Angriffe auf Bin Laden per E-Mail: „Wenn der Unternehmer [Bin Laden] in der Vergangenheit Versprechen nicht hielt, so hat sich dieser Mann mittlerweile geändert... Selbst zu dieser Zeit kommt fast alles, was wir in Anspruch nehmen, zuerst von Gott und dann von ihm.“ 46 Mittlerweile hatte er sein Schicksal fest mit dem Bin Ladens verknüpft. Ohne Bin Ladens Geld, so knapp es mittlerweile auch sein mochte, würde al-Dschihad nicht überleben.
Sawahiri kündigte schließlich seinen Rücktritt an, sollten die Mitglieder seine Vorgehensweise nicht unterstützen. 47 Die Organisation war durch Verhaftungen und Austritte derart dezimiert und dem Bankrott so nahe, dass die einzige Wahl der verbliebenen Mitglieder darin bestand, Sawahiri entweder zu folgen oder al-Dschihad zu verlassen. Viele Mitglieder wählten die zweite Option, darunter Sawahiris Bruder Mohammed, der auch der militärische Befehlshaber der Organisation war. 48 Die Brüder waren seit den Tagen im Untergrund Weggefährten gewesen. Es war zwar gelegentlich zu Konflikten zwischen ihnen gekommen - bei einer Gelegenheit hatte Ajman seinem Bruder vor der versammelten Führungsriege von al-Dschihad vorgeworfen, die ohnehin erbärmlichen finanziellen Mittel der Gruppe schlecht zu verwalten. Aber Mohammed war beliebt, und als stellvertretender Emir hatte er die Organisation immer dann geführt, wenn Ajman zu einer seiner langen Reisen aufgebrochen war oder Gefängnisstrafen verbüßen musste.
Weitere Kostenlose Bücher