Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
die er jedoch 1980 aufgrund seiner politischen Betätigung für die Palästinenser verlassen musste. 29 Kurz darauf fand er eine Anstellung als Vorbeter in der Moscheeschule der König-Abdul-Asis-Universität in Dschidda.
Für zornige junge Muslime wie Osama Bin Laden verkörperte Scheich Abdullah Assam (der nicht verwandt ist mit der Familie der Mutter von Ajman al-Sawahiri) eine moderne Variante des Kriegerpriesters - eine Figur, die in der islamischen Tradition ebenso fest verwurzelt ist wie die Samurai in Japan. Assam verband Frömmigkeit und Bildung mit einer klaren, militanten Kompromisslosigkeit. Sein Motto lautete: „Allein der Dschihad und das Gewehr; keine Verhandlungen, keine Konferenzen, keine Dialoge.“ 30 Er trug das schwarz-weiße palästinensische Kopftuch, die Kuffija, eine Reminiszenz an seine Zeit als Freiheitskämpfer. Als er in Dschidda ankam, war er bereits für seinen Mut und seine Redegewandtheit bekannt. Der groß gewachsene, stattliche Mann mit einem wuchtigen dunklen Bart, der von zwei weißen Strähnen durchzogen war, und dunklen, Entschlossenheit ausstrahlenden Augen fesselte die Zuhörer mit seiner Vision eines Islams, der kraft seiner militärischen Stärke eines Tages die Welt beherrschen würde.
Obwohl ihm immer mehr Anhänger zuströmten, hielt es Assam nicht in Dschidda, er wollte den sich formierenden afghanischen Widerstand aktiv unterstützen. „Der Dschihad war für ihn dasselbe wie das Wasser für einen Fisch“, bemerkte seine Frau Umm Mohammed. 31 Nach kurzer Zeit fand er eine Anstellung als Koranlehrer an der Internationalen Islamischen Universität in Islamabad 32 und zog im November 1981 dorthin um. 33
Bald verbrachte Abdullah Assam jedes Wochenende in Peschawar, das zum Zentrum des afghanischen Widerstands gegen die sowjetische Besatzung geworden war. Er besuchte die Flüchtlingslager und sah dort entsetzliches Leid. Er traf sich mit den Führern der Mudschahidin, der „Gotteskrieger“, die in Peschawar ihre Hauptquartiere einrichteten. „Als ich in Afghanistan ankam, wollte ich meinen Augen nicht trauen“, erzählte Assam später immer wieder. „Ich fühlte mich wie neugeboren.“ 34 Nach seiner Auffassung war dies ein urzeitlicher, metaphysischer Krieg, der in einer Landschaft voller Wunder ausgefochten wurde. In seinem Denken verkörperten die Afghanen die Menschheit im Urzustand - ein rechtschaffenes, gottesfürchtiges, vorindustrielles Volk -, die sich gegen die grausame, seelenlose, mechanisierte Gewalt der Moderne zur Wehr setzte. In diesem Krieg wurden die Gläubigen durch die unsichtbaren Hände von Engeln geleitet. Assam berichtete von russischen Hubschraubern, die sich in Seilen verfingen, und behauptete, dass Vogelschwärme gewissermaßen als Frühwarnsystem dienten, indem sie aufflogen, wenn sowjetische Kampfjets am Horizont auftauchten. 35 In seinen Geschichten entdecken die Mudschahidin oft Einschusslöcher in ihrer Kleidung, während sie selbst unverletzt sind, und die Leichen der Märtyrer verwesen nicht, sondern bleiben unversehrt und behalten ihren reinen Geruch.
Der Kampf des Islams, wie Qutb ihn definiert hatte und wovon auch Assam überzeugt war, richtete sich gegen die Dschahilija - die ungläubige Welt, die vor der Entstehung des Islams existiert hatte und die nach wie vor die Gläubigen durch die Verlockungen des Materialismus, des Säkularismus und der Gleichheit der Geschlechter ins Verderben zu führen suchte. In diesem Afghanistan, geprägt von Armut, Ungebildetheit und patriarchalischen Stammesregeln, erhielt der heroische und scheinbar aussichtslose Kampf gegen den sowjetischen Koloss Züge eines epochalen historischen Ereignisses. Scheich Abdullah Assam verstand es äußerst geschickt, die Legende von den afghanischen Gotteskriegern gefällig aufzubereiten und in die ganze Welt zu verkaufen.
Assam fuhr häufig nach Dschidda und wohnte bei seinen Reisen nach Saudi-Arabien in Bin Ladens Gästewohnung. Dort führte er Rekrutierungsveranstaltungen durch, bei denen er junge Saudis durch seine ergreifenden Darstellungen des Elends der Flüchtlinge und seine packenden Schilderungen der mutigen Taten der afghanischen Glaubenskrieger fesselte. „Ihr müsst das tun!“, erklärte er ihnen. „Es ist eure Pflicht! Ihr müsst alles hinter euch lassen und dorthin gehen!“
Bin Laden bewunderte Assam, der für ihn ein persönliches Vorbild war. Assam seinerseits war sehr angetan von seinem jungen Gastgeber mit seinen guten Kontakten und
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