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Der Tod wirft lange Schatten

Der Tod wirft lange Schatten

Titel: Der Tod wirft lange Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Geschäfte geführt und, dank guter Verbindungen zu den Italienern, sogar noch ausgebaut. Petrovac hatte es ihm nicht verübelt, daß Drakič währenddessen eine Scheibe für sich abgeschnitten und vorgeschlagen hatte, zusammen, aber dezentral zu agieren. Sie wären in allem flexibler. Petrovac sollte wie bisher alleiniger Betreiber der Peking-Linie bleiben und weiterhin den gesamten Bereich der illegalen Einwanderung nach Westeuropa verantworten. Viktor Drakič aber wollte das Waffengeschäft ausbauen, das meist in die geographische Gegenrichtung lief. Wo Drogen und anderes hinzukamen, wollten sie gemeinsame Sache machen, wie auch bei allen Devisenfragen und erst recht bei der Politik. Seine Schwester Tatjana saß inzwischen mit neuem Namen und neuem Gesicht sowie einem amerikanischen Diplomatenpaß in Triest und steuerte die Konten. Keiner der dortigen Ermittler hatte sie wiedererkannt, als sie nach fast einem Jahr zurückgekommen war und ihr Büro keine fünfzig Meter von der Questura entfernt eröffnet hatte. Eines der vielen Import-Export-Geschäfte, die es in jeder Grenz- und Hafenstadt gab. Weder Proteo Laurenti noch Staatsanwalt Scoglio ahnten, daß das Netzwerk wieder funktionierte.
    »Das Problem in Belgrad ist«, hatte Petrovac wie ein Staatsmann beim Mittagessen ausgeführt, »daß die Wiederaufbauhilfen der EU und der UNO nicht wie versprochen fließen. Derzeit verdienen wir mehr mit den Logistikunternehmen für die KFOR, als mit dem Baugeschäft in der Hauptstadt. Seit Djindjic weg ist, gehen die Geschäfte zwar besser, aber dafür gibt’s wieder Krach im Kosovo. Vielleicht ist es an der Zeit, Ratko Mladic ans Messer zu liefern. Das würde den Geldhahn vielleicht öffnen.«
    Drakič grinste seufzend. »Es hat uns eine Menge Geld gekostet, die Sache wieder in den Griff zu bekommen.«
    Der erste serbische Premier, der nach dem Fall Miloševićs die irrsinnige Idee hatte, das Land zu stabilisieren und sich deshalb mit den Seilschaften des ehemaligen Regimes anlegte, war einem Attentat zum Opfer gefallen. Die Drahtzieher wurden in der Ehrenwerten Gesellschaft vermutet, doch die politischen Verwicklungen waren so stark, daß es wohl nie zur Aufklärung kommen würde. Daran hatte man nicht einmal im Westen ungebrochenes Interesse. Und so groß die Kluft zwischen Kroaten und Serben auch war, so wenig behinderte sie die Zusammenarbeit der Kriminellen. Sie kannten nur ein gemeinsames Ziel: Profite. Und sie arbeiteten über alle Grenzen hinweg effizient zusammen.
    »Das Geld war gut investiert«, sagte Petrovac. »Unsere italienischen Partner sind uns dankbar. Probleme mit den Mädchen im Kosovo?«
    Drakič runzelte die Stirn. »Durchlaufware, wie immer. Manchmal gibt es in der Westpresse erbitterte Artikel darüber, daß die Blauhelm-Soldaten selbst fürs Bumsen zahlen. Aber das schadet dem Geschäft letztlich nicht. Ich mache mir mehr Gedanken über den Fall ›Telekom Serbia‹, den die italienischen Staatsanwälte eröffnet haben. Da steht viel auf dem Spiel und einige unserer besten Geschäftspartner hängen mit drin. Ich glaube aber nicht, daß etwas auffliegen wird.« Er lachte abschätzig. »Es wird verlaufen wie üblich. Viel Lärm um nichts. Am Ende Freispruch. Leider vergeht wertvolle Zeit, bis die Leute aus der zweiten Reihe etwas taugen.«
    Die Übernahme der »Telekom Serbia« durch italienische und griechische Konsortien beschäftigte aufs heftigste die Gerichte und die Medien. Es ging um 450 Millionen Schmiergeld, die angeblich an Politiker geflossen waren. Regierung und Opposition beschuldigten sich gegenseitig und nannten Namen, worauf sofort mit Verleumdungsklagen reagiert wurde. Und immer wieder tauchten wie Gespenster die Protagonisten auf, die in den letzten zwanzig Jahren im Zusammenhang mit anderen prominenten Fällen genannt worden waren. Die Verbindungen der Cosa Nostra ins Balkangeschäft waren überdeutlich, aber noch vermieden sowohl die Behörden wie die Presse, auf diese Beziehungen hinzuweisen. Das war gut für Petrovac und Drakič, doch kostete es sie einiges, dieses Schweigen zu erhalten.
    »Ich brauche logistische Unterstützung«, sagte Drakič. »Bisher hat Zakinji alles organisiert, aber seit seiner Festnahme haben wir ein Problem. Ich hatte ihm tausendmal gesagt, daß er einen Stellvertreter aufbauen sollte. Kein Unternehmen kann es sich leisten, von einer einzigen Person abhängig zu sein.«
    »Zakinji ist bald wieder raus«, sagte Petrovac mit einem bestimmten

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