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Der Tod wirft lange Schatten

Der Tod wirft lange Schatten

Titel: Der Tod wirft lange Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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laut, daß sich die Leute an den anderen Tischen nach ihm umdrehten. »Kenner behaupten, daß der Orgasmus am schönsten ist, wenn du quasi am Ersticken bist«, brüllte er und übersah großzügig Laurentis Handzeichen, als sich einige Gäste neugierig nach ihnen umsahen. »Bißchen gefährlich zwar, aber äußerst lustvoll. Sag doch mal deiner Frau, daß sie dich ein bißchen würgen soll. Wenn dir die Augen leicht aus dem Kopf treten, kommst du wie eine Rakete. Das ist echter Sex! Da blüht die Leidenschaft rasch wieder auf, mein Lieber.«
    Laurenti versuchte, Galvano zu bremsen. Gott sei Dank saß kein Bekannter in der Nähe. »Machen Sie sich darum keine Sorgen! Mich interessiert vielmehr, welche Vermutungen Sie selbst hatten.«
    »Keine, Laurenti. Der Mann soll zwar ein bißchen, wie soll ich sagen, in seiner eigenen Welt gelebt und, wie die Presse damals schrieb, mit ›besonderen Bekanntschaften‹ Umgang gepflegt haben, aber außer daß er kurz vor seinem Tod das Testament geändert hatte, gab es keine Außergewöhnlichkeiten. Aber es stimmt schon, daß Druck gemacht wurde, den Fall so schnell wie möglich abzuschließen. Auch in der Presse stand damals so gut wie nichts. Wo sie doch sonst die banalsten Geschichten aus dem Polizeibericht plattwalzen und sich wiederholen, bis man sie auswendig kann. Nur über die Erbangelegenheit wurde wieder berichtet. Aber das war zehn Jahre später.«
    »Und wer machte Druck?«
    »Das weiß ich doch nicht.«
    »Staatsanwaltschaft, Politik, Angehörige? Wer wollte den Vorgang schließen?« Laurenti hatte den Eindruck, daß es Galvano unangenehm war, über die Sache zu reden.
    »Quäl mich nicht!« Galvano verzog das Gesicht und gab dem Hund wieder ein Stück Brot. Dann räusperte er sich und neigte sich zu Laurenti hinüber. »Sagt dir der Malteserorden etwas?«
    »Natürlich. Erste Hilfe, Rettungsfahrzeuge, Krankenhäuser und so weiter.«
    Galvano zögerte einen Augenblick. »Und was noch?«
    Laurenti hob fragend die Schulter. »Sie haben eine ganze Menge Einfluß.«
    »Der Professor hat ihnen seinen gesamten Reichtum vermacht. Vierunddreißig Tage vor seinem Tod. Und es war verdammt viel. Hast du mal Dashiell Hammet gelesen? Der Malteser Falke? Ein amerikanischer Kriminalroman von 1930.«
    »Nein, kenne ich nicht. Lächerlich, diese Männerbünde: Freimaurer, Logen, Orden.« Laurenti verdrehte die Augen. »Ein paar Wichtigtuer versuchen, die Geschicke der Gesellschaft hinter dem Rücken des Volks zu steuern. Gladio, P2. Jeder weiß, was die im Schilde führten.«
    »Mag schon sein. Aber ich erzähl dir eine Sequenz aus dem Buch, damit du verstehst. Es wurde übrigens mit Humphrey Bogart verfilmt. Weiß der Teufel, wie oft ich den Streifen gesehen habe. Da fragt also so ein unglaublich dicker Mann den Detektiv: ›Was wissen Sie über den Orden des Hospitals zu St. Johannes in Jerusalem, später Ritter von Rhodos oder Rhodiserorden genannt, auch als Johanniter- oder Malteserorden bekannt?‹ Und der andere antwortet: ›Kreuzritter oder so was Ähnliches.‹ Und später sagt der Fettwanst den entscheidenden Satz: ›Sie wälzten sich förmlich in ihren Schätzen, mein Lieber. Sie haben ja keine Vorstellung davon! Niemand kann sich das vorstellen. Jahrelang hatten sie Beutezüge gegen die Sarazenen geführt und wer weiß wieviel an Gemmen, Edelmetallen, Seidenstoffen, Elfenbein zusammengerafft – das Kostbarste der Kostbarkeiten des Orients. Das ist geschichtlich belegt. Wir alle wissen doch, daß es ihnen wie auch den Templern bei den Kreuzzügen in der Hauptsache ums Beutemachen ging.‹ Hast du jetzt verstanden?«
    Laurenti schüttelte den Kopf. »Heute würde man sie als Kriegsverbrecher vor den Internationalen Gerichtshof stellen.«
    Galvano kicherte. »Die stellt man nicht so einfach vor Gericht, du Träumer. Da wäre es sogar einfacher, Berlusconi eine Haartransplantation auszureden. Aber weißt du eigentlich, weshalb ich dir das alles erzähle?«
    »Sie werden es schon noch sagen.«
    »Also, nach einem langen Prozeß durch alle Instanzen, den die Angehörigen dieses Professors führten, hat schließlich alles der Malteserorden bekommen. Mich wundert, daß niemand die Verwandten davor gewarnt hatte, ihr schönes Geld in aussichtslosen Prozessen zu verpulvern. Sie konnten nur verlieren. Die Herren Ritter sind mächtig. Willst du etwa jemandem aus diesem erlauchten Kreis Böses unterstellen? Laß das mal lieber bleiben, das bringt nichts Gutes. Tu deine Pflicht, aber

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