Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod wirft lange Schatten

Der Tod wirft lange Schatten

Titel: Der Tod wirft lange Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
Vom Netzwerk:
Wacholderschnaps. Sie machten Scherze und hielten Händchen. Ein Tag auf dem Meer entrückt die Realität. Nur einmal schreckte Mia auf, als ihr Handy klingelte. Laurenti, schon wieder. Er müsse noch einmal mit ihr reden. Wegen Calisto und wegen Angelo. Mia sagte, sie hätte außerhalb zu tun und käme vermutlich erst spät zurück. Und dann lud er sie zum Abendessen in sein Haus an der Küste ein. In heiterer Gesellschaft würde sie sich vielleicht etwas zerstreuen.
    »Wer war es?« fragte Calisto.
    »Die Polizei natürlich«, sagte Mia lachend und schmiegte sich eng an ihn.
    *
    »Die Neofaschisten haben also versucht, die Gepäckaufbewahrung zu überfallen und sind erwischt worden.« Viktor Drakič knallte die Istrien-Ausgabe der Triestiner Tageszeitung auf den Tisch und hackte mit dem Finger auf den Artikel ein. »Das heißt, unser Mann ist nicht der einzige. Und er taugt nichts. Die Bullen sind gewarnt. Das ist deine Chance, Branka. Nutze sie gut. Bestich den Kerl am Schalter, vögle mit ihm oder erpresse ihn. Egal, wie du es machst, ich will das Geld.«
    »Was meinst du eigentlich, wie viele Gepäckstücke dort lagern? Ich kenne noch nicht einmal die Nummer«, sagte Branka, verstummte aber sofort, als sie den wütenden Blick des Bosses sah.
    »Und dann findest du diese junge Frau. Der Dicke hat sie besser beschrieben als du. Eine Taubstumme, die die Kneipen abklappert.«
    »Das wird nicht schwer sein. Die meisten von denen gehören zu einer russischen Organisation. Eine Taubstummenmafia, die sich gegenseitig erpreßt und ausbeutet.« Branka lächelte. »Es reicht, einen von ihnen zu kriegen, dann hat man den Rest. Triest ist nicht groß genug, als daß es lange dauern würde.«
    »Wer weiß, ob sie echt ist. Schnapp sie und setze sie fest. Sobald du weißt, wo sie wohnt, bekommst du neue Anweisungen. Kapiert?«
    Branka nickte. Es wäre besser gewesen, schneller und effizienter, wenn der Boß sie gleich wieder losgeschickt hätte, nachdem sie die Sache in Bagnoli vermasselt hatte. Doch Drakič regierte mit der Peitsche. Wer versagte, mußte bestraft werden. Da half alle Vernunft nicht. Dennoch war Branka froh, daß der Boß sie gerufen hatte. Diesmal würde sie ihren Patzer wiedergutmachen und Drakič dann an sein Versprechen erinnern, ihr einen besseren Job als bisher zu geben. »Ich brauche eine Automatik und Tränengas«, sagte sie.
    »So gefällst du mir besser, Mädchen.« Viktor Drakič gab seinem Bodyguard einen Wink. »Gib ihr, was sie braucht.«
    Nach Branka war ein Mann von knapp dreißig Jahren an der Reihe, der vor Drakičs Schreibtisch militärisch strammstand und die Hände auf dem Rücken verschränkte. Drakič betrachtete ihn schweigend. »Ich bin Jonny.«
    Drakič nickte. »Wie machst du es nur, daß dich keiner umlegt? Dein Gesicht kennt jeder.«
    »Das soll nicht dein Problem sein. Petrovac hat mich geschickt.« Der Mann machte Eindruck. Obgleich er stillstand wie ein Heldendenkmal, drückten sich die Muskeln im Hemd ab. Drakičs Gorilla sah daneben wie ein Anfänger aus.
    »Setz dich«, sagte Drakič.
    »Ich bevorzuge es, zu stehen.«
    »Du kennst die Grenze nach Bosnien?«
    »Ja.«
    »Und du kennst das Land?«
    »Wie meine Westentasche.«
    Drakič hatte nicht den geringsten Zweifel. Jonny hatte sein Handwerk bei Arkans paramilitärischer Schlächtertruppe »Tiger« gelernt und sich im Kosovo und in Bosnien einen guten Ruf erworben – in seinen Kreisen. Auch er stand auf den internationalen Fahndungslisten. Von seinem martialischen Auftreten her hätte er sich ohne weiteres für eine Rolle in Hollywood oder als kalifornischer Gouverneur bewerben können.
    »Du weißt, um was es geht?« fragte Drakič.
    »In groben Zügen.« Jonny war kein Freund von vielen Worten.
    »Das reicht vorerst. Weitere Informationen erhältst du, wenn es soweit ist. Wie willst du vorgehen?«
    »Die Waffen sind mir egal. Aber wieviel Sprengstoff ist dabei und welcher Typ?«
    »Fünfhundert Kilo Goma-2, hundert Semtex. Keine Zünder. Der Transport ist ungefährlich.«
    »Arbeitest du für die Araber?«
    »Was kümmert’s dich.«
    »Ich mag sie nicht. Wie wird die Ware transportiert?«
    »In einem Sattelschlepper. Übermorgen erreicht uns die letzte Lieferung. Dann wird verladen und ihr fahrt sofort los.«
    »Wie schwer ist die Ladung?«
    »Etwa elf Tonnen. Mit dem Zoll sind wir klar. Du bist nur für die Sicherheit zuständig. Das Fahrzeug wird auf dem Hin- und Rückweg begleitet. Mein Mann fährt bei dir mit.«

Weitere Kostenlose Bücher