Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman
Und in Kneipen, die älter sind als diese, wird man Ihnen erzählen, was passiert ist. Eines schönen Tages marschierten drei Kerle mit ihren Schnellfeuerwaffen in die Bank. Da kriegst du schon vom Hinschauen weiche Knie. Miralles war allein, aber er hat nicht mit der Wimper gezuckt. Peng, Peng, Peng. Zwei von den Kerlen hat er ins Knie geschossen, bevor die dazu kamen, zu schießen, aber dem dritten, der nahe bei der Tür stand, hat er das Hirn weggeblasen. Habe ich Ihnen schon gesagt, wie die Scheiben danach aussahen? Die Putzfrauen haben eigens einen Sonderzuschlag verlangt.«
Stolz auf seine Geschichte wie ein Kriegsberichterstatter fuhr der Frührentner fort:
»Aber das Beste kommt noch.«
»Das Beste?«
»Jemand bemerkte, dass Kerle wie Miralles nicht oft zu finden sind: zehn Punkte in Gelassenheit, zehn im Schießen und null in Lebenslust. Man mag es nicht glauben, aber in Spanien gibt es eine ungeheure Nachfrage nach solchen Kerlen. Jeder hohe Beamte, jeder Banker und jede Geliebte eines Abgeordneten hat einen oder zwei Bodyguards. Und es gibt Firmen, die sie unter Vertrag nehmen.«
»Man hat Miralles also ein Angebot unterbreitet …«
»Ja. Deshalb sage ich, dass er Bodyguard ist. Und ich würde sagen, er verdient ordentlich Geld und gibt es für unglaubliche Dinge aus. Fragen Sie und man wird es Ihnen sagen: Spenden für Waisenhäuser, Schulgeld für ein Kind aus dem Viertel, neue Kleidung für bedürftige Knirpse. Sie haben es ja mit eigenen Augen gesehen, Méndez.«
»Klar. Niemand würde einen Mann verhaften, der so etwas macht. Und außerdem will ich, dass er weiter Blumen an das Grab seines Sohnes bringt.«
»Sie haben Recht, die Blumen kosten ein Vermögen. Man könnte meinen, sie gießen sie mit Tigersperma.«
Méndez nahm den letzten Schluck von dem Gebräu. Sein Gesicht färbte sich leicht grünlich, doch er blieb ungerührt.
»Es ist mir gleich, wenn hier in den Kneipen, den Stundenhotels und den Rentnertreffs herumerzählt wird, dass die Polizei Miralles unter Verdacht hat. Deshalb haben wir uns so ausführlich unterhalten.«
»Wie Sie sagten, Señor Méndez, Sie warten darauf, dass er nervös wird.«
»Vor allem hoffe ich, dass der andere nervös wird, mein Freund. Denn es gibt ja noch jemanden.«
12
Das Telefon klingelte wieder.
»Ramírez y Escolano?«
»Ja.«
»Spreche ich mit Herrn Ramírez oder Herrn Escolano?«
Der junge Anwalt verspürte so etwas wie Scham, als er die Stimme erkannte. Er wollte schon auflegen. Zumindest war das sein erster Impuls.
Aber die Bank hatte ihm gesagt, dass sie die Überweisung für das Schulgeld nicht ausgeführt hatte. Und ein Anwalt, der nicht einmal das Schulgeld bezahlen kann, ist auf jede Einnahmequelle angewiesen.
Also machte er eine Faust in der Tasche.
»Sparen Sie sich die Scherze, Señor Erasmus. Sie wissen genau, dass es nur einen Escolano gibt, und der bin ich.«
»Ich bin auch nicht zum Scherzen aufgelegt, Herr Anwalt. Ich hatte Sie in einer wichtigen Angelegenheit kontaktiert und muss Sie sofort treffen. Nun, ich gehe davon aus, dass Sie Zeit haben.«
»Einen Moment.« Escolano tat so, als ob er erst seinen Terminkalender zurate ziehen müsse.
»Ja, das geht. Geben Sie mir die Adresse.«
»Ich hatte Ihnen doch gesagt, dass ich Sie wegen eines Treffens anrufen würde. Manche Dinge kann man einfach nicht am Telefon besprechen. Also los, schreiben Sie.«
Der Ton beleidigte ihn, doch Escolano schrieb.
Es war ein Fünfsternehotel am Rande der Stadt, in einer feinen Gegend hinter der Universität, zwischen Palmen, Gärten und einem Kongresspalast, in dem man wahrscheinlich darüber beriet, ob nicht noch mehr solcher Hotels gebaut werden sollten, schließlich könnte ja der König von Siam zu Besuch kommen. In der Ferne sah man den Friedhof Las Corts, dessen Bewohner alle zwei Wochen in ihren Nischen erzitterten, wenn im nahe gelegenen Stadion von Barcelona »Tooor!« geschrien wurde. Unterhalb des Friedhofs befanden sich die Säulen eines Denkmals für die Gefallenen eines Krieges, an den sich niemand mehr erinnerte. Büroangestellte mit Bauchansatz joggten dort entlang, und wenn sie zurück ins Hotel kamen, pfiffen sie auf dem letzten Loch.
Die Hotelgäste kamen in superteuren Luxuslimousinen, zumindest aber im Taxi.
Escolano kam mit dem Bus Nummer 7, der die Studenten zur Universität brachte. An der riesigen Rezeption fragte er nach dem Zimmer von Señor Leónidas Pérez. Das war der Name, den Erasmus ihm genannt
Weitere Kostenlose Bücher