Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman
unnötig kompliziert.
Im Gefängnis kursieren mehr Drogen als auf der Straße, das weiß jeder. Und mal ehrlich, die Behörden ziehen durch Drogen ruhiggestellte Insassen einem Aufstand immer vor, also schauen sie weg. In den zwölf Jahren im Kittchen habe ich ein paar Kröten verdient. Und in den Jahren im Ausland auch. Alles ganz easy, wie in der Werbung.«
Und wieder öffnete er die Arme auf eine Art, die zeigte, wie sehr er diese elementaren Wahrheiten verinnerlicht hatte. Im Gegensatz zu dem jungen Anwalt, der nichts verstand, nicht einmal das Elementarste. Escolanos Abscheu vor diesem Mann hinderte ihn daran, den Mund aufzumachen. Er schämte sich nicht dafür, denn seinem Vater war es wahrscheinlich genauso gegangen.
Hinter der geschlossenen Tür hörte man das Trippeln der Absätze des Mädchens.
Und Escolanos Gedanke schien die Luft förmlich zu durchstoßen. Rück die Kohle raus, du Mistkerl.
Erasmus fuhr seelenruhig fort:
»Kurz gesagt, Anwalt: Erstens, ich habe Geld, und Sie werden Ihren Schnitt machen. Zweitens, Sie sind vielleicht nicht der beste Anwalt der Welt, aber Sie sind der einzige, an den ich mich wenden kann. Warum? Weil ich ohne die alten Archive oder das Adressbuch Ihres Vaters keine Möglichkeit habe herauszufinden, wo der Vater des toten Kindes wohnt. Mit Sicherheit war er es, der Omedes abgeknallt hat, um sich zu rächen. Denn der Junge hatte einen Vater, verstehen Sie? Oder verstehen Sie nicht einmal das?«
Er schnalzte mit der Zunge, als hätte er gerade einen guten Wein gekostet – oder die Erlesenheit seiner Gedanken – und sagte:
»Natürlich könnte ich auch die Polizei fragen, aber das Erste, was der Polizist tun würde, wäre, mir einen zu husten und mich dann ganz oben auf die Liste zu setzen, falls dem Kerl etwas zustößt. Natürlich habe ich Geld fließen lassen, damit man bei Gericht die alten Akten ausgräbt, aber der Kerl ist wahrscheinlich in all den Jahren Dutzende Male umgezogen. Und wenn er Omedes aufgespürt hat, dann kann er auch mich aufspüren, also habe ich ein Interesse daran, ihn zu finden. Dämmert’s jetzt?«
Die Stimme war kalt und verhieß nichts Gutes, sodass Escolano sich gezwungen fühlte, zu antworten:
»Dafür heuern Sie am besten einen Detektiv an. Da kommen Sie billiger weg.«
»Was? Einen Detektiv? Wer sagt mir, dass er nicht ein Polizeispitzel ist, wie fast alle? Sie hingegen unterliegen der Schweigepflicht, wie Ihr Vater, und außerdem sollen Sie sich ja nicht an einer Straftat beteiligen. Sie sollen mir nur helfen, einen Kerl zu finden, den ich gern unter Kontrolle hätte, weil er mir gefährlich werden könnte – und ich bleibe dabei im Hintergrund. Zudem habe ich gerade Geschäfte in Barcelona laufen und kann nicht abhauen. Was? Reden wir über Geld? Schließlich muss ich auch mit dem Mädchen über Geld reden, oder? Obwohl sie Ihnen gegenüber den Vorteil hat, dass sie beim Betreten des Zimmers schon weiß, was sie will.«
13
»Wissen Zie, Zeñor Méndez, ich arbeite jetzt für ein Magazin von so einem Zensationssender«, sagte Amores mit zittriger Stimme, »nicht fest angestellt, einen Vertrag gibt’s am Zanktnimmerleinstag, die behandeln einen, als wäre man gerade dem Flüchtlingsboot entstiegen. So weit ist es gekommen, Zeñor Méndez, und das bei meinem Einblick in die Zzene, bin doch immer auf dem Laufenden über alles Wichtige in dieser Stadt. Aber meine Zeitung hat dichtgemacht, zu wenig Werbeanzeigen, heißt es. Zeitungen wie diese gibt es jetzt nicht mehr, Zeñor Méndez, nicht mal als Kirchenblättchen. Beim Wirtschaftszirkel habe ich schon gefragt, was Zache ist, ob es irgendwann wieder besser wird. Die sagen, es läge an der Konzentration des Kapitals, also der Fusion von Finanzen und geistigen Ressourcen, und da könne man sich an einer Hand abzählen, dass es immer weniger Zeitungen und immer mehr Journalisten geben wird. Und so arbeite ich jetzt stundenweise für das Radio, Zeñor Méndez, zum Glück wollen zie mich da, zumindest bis zur nächsten Fusion.«
Méndez zischte:
»Verdammt, Amores, du sprichst immer noch wie ein Schwanzlutscher.«
»Wenn ich das wenigstens wäre, dann könnte ich einer Flamencosängerin, die Lust drauf hat, was auch immer blasen. Aber ich fürchte, Zeñor Méndez, die Zeiten sind vorbei, der Lack ist ab, auch wenn das Oberstübchen noch einwandfrei funktioniert. Also ich bin zu Ihnen gekommen, weil ich meine nächste Kolumne mit irgendetwas füllen muss. Und jetzt ist die
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