Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman
Sie Interesse an einem Job?«
Escolano, eigentlich eher wortkarg, hatte das Ganze, fast ohne Luft zu holen, ausgestoßen, als könne er nicht schnell genug zum Ausdruck bringen, dass er das Vertrauen in sein Land verloren hatte. Und erstaunlicherweise hatten seine Worte Erasmus tatsächlich ein wenig von seinem hohen Ross heruntergeholt.
»Ich komme vorbei und hole die Unterlagen ab«, sagte er.
Escolano fühlte sich ein wenig unwohl.
Die alten Möbel.
Das leere Wartezimmer.
Die nur stundenweise arbeitende Sekretärin war gerade nicht anwesend.
Es musste schließlich nicht jeder wissen, dass es nichts gab, worauf man sich etwas einbilden konnte.
»Es macht mir nichts aus, bei Ihnen im Hotel vorbeizukommen«, murmelte er. »Ich bin sowieso unterwegs.«
»Schön, aber ich wohne jetzt woanders. Ich wechsele mindestens zweimal in der Woche mein Quartier. Also, notieren Sie.«
Wieder dieser herrische Ton. Wie bei der Nummer mit Ramírez und Escolano. Zum Glück würde Ramírez nicht wieder auferstehen.
»Schießen Sie los.«
Dieses Hotel war auf eine andere Weise luxuriös als das erste. Dieses war älter, vornehmer. Die Suite – Erasmus logierte nach wie vor in einer Suite – ging auf die Gran Vía hinaus, mit all ihren Bürogebäuden und Staus, ihrer hektischen Betriebsamkeit und der Statue eines Patriziers, von dem Erasmus nicht wusste, wie er hieß. Es interessierte ihn aber auch nicht sonderlich. Dabei schien der Patrizier der Einzige zu sein, der auf seinem Podest Ruhe und Frieden gefunden hatte. Die Möbel in der Suite waren honigfarben. Es gab einen Salon, ein kleines Arbeitszimmer, ein Bad, in dem mindestens drei Paare Platz gehabt hätten, und ein Schlafzimmer.
Es fehlte nur das Mädchen.
Erasmus schien seine Gedanken zu erraten.
»Sie kommt später«, sagte er. Ich habe die Agentur gebeten, das Treffen zu verschieben, als ich hörte, dass Sie kommen würden. Dem Mädchen ist Diskretion wichtig, sie ist eine Hostess, die sich an die Etikette hält, und wer weiß, vielleicht reicht sie sogar dem Minister das Glas, während er über die nächste Steuererhöhung spricht.«
»Wie schön, dass wir allein sind«, sagte Escolano, ohne seine Gereiztheit zu verbergen, hinter der vielleicht auch ein wenig Neid steckte.
Erasmus wirkte aus irgendeinem Grund noch übellauniger als er. In seinen Augen lag ein rotes Funkeln, das Escolano zuvor noch nicht wahrgenommen hatte. Aber wenigstens war er diesmal angezogen.
»Setzen Sie sich.«
Wieder dieser Befehlston.
»Ich sitze bereits. Also, was wollen Sie?«
»Ich will mir die Sache genauer anschauen. Ich will nicht nur wissen, wo dieser Miralles wohnt, sondern ob er allein oder in Begleitung ist. Als Leibwächter hat er natürlich eine Waffe. Dass er damit umgehen kann, hat er ja schon bewiesen. Also, geben Sie mir die Adresse und alles, was Sie sonst noch haben.«
Es war nicht viel, aber die Informationen stammten aus verlässlicher Quelle. Escolano war nicht nur zu einem Polizisten gegangen, den er kannte, sondern hatte auch die Gerichtsarchive und die Daten des Einwohnermeldeamts und der Sozialversicherung gecheckt. Erasmus hätte als ehemaliger Häftling nicht so leicht Zugang zu diesen Informationen bekommen.
Erasmus’ Augen zogen sich zusammen.
»Schön«, sagte er, »ich muss einen Plan von der Wohnung erstellen, in der er lebt, und ihn eine Weile im Auge behalten. Eines möchte ich dabei aber festhalten, Escolano. Ich versuche nur, mich zu schützen.«
»Davon gehe ich aus.«
»Also seien Sie ein guter Anwalt. Sagen Sie mir, dass Sie die Nachforschungen nicht übernommen hätten, wenn dem nicht so wäre.«
»Wenn dem nicht so gewesen wäre, hätte ich die Nachforschungen nicht übernommen«, sagte Escolano leise.
»Machen Sie sich keine Gedanken. Ich wiederhole es noch einmal: Ich versuche nur, mich zu schützen. Verstehen Sie? Ein Mann wie ich kann nicht zur Polizei gehen und über seine Ängste sprechen, allein schon, weil ich nicht einmal bedroht worden bin. Die Dinge sind, wie sie sind, und ich muss sie auf meine Art lösen.«
»Natürlich.«
»Jetzt stellen Sie sich doch mal für einen Moment lang vor, diesem Kerl, diesem Miralles, würde etwas zustoßen. Nur mal angenommen. Sie würden mit niemandem darüber sprechen, das fällt unter die Schweigepflicht.«
Escolano biss sich leicht auf die Unterlippe.
»Die Schweigepflicht gibt es, in der Tat«, murmelte er.
»Ich bin überzeugt, Sie sind in dieser Angelegenheit so ehrenhaft wie
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