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Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman

Titel: Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francisco Gonz lez Ledesma
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nicht.
    Der Kerl sah sie aufmerksam an.
    Das Schönste, was er je gesehen hatte. Das Stillste. Das Offenherzigste, das er seit vielen Jahren zu Gesicht bekommen hatte. Denn die Weiber, mit denen er zu tun hatte, empfingen ihn nicht so. Im Gegenteil, erst müssen sie das Zara-Blüschen ausziehen, den Rock (oder, schlimmer noch, die Hose) aus dem Ausverkauf von El Corte Inglés, die BH s vom Wühltisch und die Slips vom chinesischen Bazar. Dann waschen sie sich, und um Zeit zu gewinnen, bitten sie dich, dass du dich ausziehst. Und als wäre das noch nicht genug, setzen sie sich erst mal aufs Bett und schalten das Handy aus.
    »Falls mein Mann anruft«, sagen sie dann.
    Die hier nicht, die würde nackt am Eingang einer Klosterschule auftauchen. Der Kerl sah sie an, wieder und wieder, er konnte nicht aufhören, sie anzusehen. Eine schwierige Aufgabe, hier auf den ausgeflogenen Vogel zu warten.
    Ich muss nachdenken, verdammt, ich muss nachdenken. Und er dachte viel nach.
    Das Zimmer war einfach ausgestattet, ein Frisiertisch mit Spiegel (in dem sich das Mädchen betrachtete), ein Bild mit einer Balletttänzerin (nicht so hübsch wie sie), ein Schrank und ein Sessel. Mehr würde auch nicht hineinpassen, tja, mehr würde auch nicht hineinpassen. Das Zimmer hatte eine Papiertapete, wie die Zimmer in den alten Wohnungen sie eben haben, wie er vor Jahren selbst eine hatte, als er, den Schwanz in der Hand, abspritzte. Alles hatte eine intime Note, wie in einem Zeittunnel oder bei einer Familiensünde.
    Ich muss nachdenken, nachdenken … Die Welt gehört denen, die ihren Grips benutzen, so wie ich. Und verdammt, was ihm so alles durch den Kopf ging.
    »Du weißt also nicht, wann Miralles kommt.«
    »Nein.«
    »Und ihr beide lebt hier allein.«
    »Ja.«
    Dummes Mädchen. Sie hätte genauso gut sagen können, dass jeden Moment jemand kommen würde. Aber nein. Was für ein schlechter Bodyguard musste sie sein, wenn sie so wenig nachdachte. Sie redete sich um Kopf und Kragen und merkte es nicht einmal.
    Das machte die Sache nicht einfacher.
    »Du bist nicht von hier«, sagte sie.
    Idiotin. Nicht dass sie deinen Kosovoer Akzent erkannt hätte, Mann, so schlau ist sie nicht, aber als Zeugin hat sie eine Information mehr, die dein Untergang sein kann. Du hast schon entschieden, dass sie dran ist.
    »Es kommen viele Leute hierher zum Arbeiten, es ist ein sehr schönes Land. So wie du.«
    »Was?«
    »Schau, wir müssen auf Miralles warten. Es stört dich nicht, oder? Und wir müssen irgendwie die Zeit rumbringen, ich meine … Ich werde dir sagen, was du zu tun hast.«
    Eva antwortete nicht, aber ihre Lider zuckten. Was für ein tolles Mädchen sie war, wer weiß, welche Ängste sie in ihrer Kindheit durchleben musste. Aber wenn sie glaubt, du willst sie flachlegen, ist sie noch dümmer, als sie aussieht. Auf einer Frau wärst du in der Falle, auf der einen Seite die Tür, die du nicht richtig siehst, und die Pistole an der Lampe, wie man so sagt. Wie lange ein Kerl bei Miralles wohl in so einer misslichen Lage überleben würde. Nein, nein, da gibt es viel bessere Sachen. Er zeigt auf den Sessel gegenüber der Tür.
    »Ich werde mich dorthin setzen, Eva, Evita …«
    Wieder ein Flattern der Lider, das sich jetzt bis zum Mund ausdehnt.
    »Ich mache jetzt meinen Reißverschluss auf.«
    »Wozu?«
    »Du bist wirklich blöd, Puppe. Schaust du dir nicht die Filme der Märtyrer-Frauen an, die Pornofilmchen. Du musst nachdenken, Eva, nachdenken … Los, denk mal nach. Ich sitze hier, mein Prachtexemplar ausgepackt, und du kniest vor mir. Es ist ganz einfach, doch die schönste Art, sich die Zeit zu vertreiben. Kapierst du es allmählich oder gibt dein Verstand das nicht her? Ich halte derweil die Pistole auf die Tür gerichtet, aber auch auf deinen Kopf. Also stell dich nicht an, ich bin ein feiner Kerl und will nicht deine Hirnmasse sehen, sondern nur deine Zunge. Miralles wird ganz schön überrascht sein, damit rechnet er wohl nicht.«
    Er zielte zwischen die Augen des Mädchens. Er schien die Stelle, wo er ihr den Schuss verpassen würde, in aller Ruhe auszuwählen. Er hatte keine Absicht, es zu tun, aber besser, man würde ihm erst gar keinen Anlass geben. Das Mädchen war verängstigt, und er merkte es. Klar, man muss etwas von Psychologie verstehen, man muss nachdenken. So ist’s recht.
    Und sie gehorchte natürlich.
    Du bist ziemlich dämlich, wenn du glaubst, dass ich dich am Leben lasse, Puppe. Aber du glaubst es tatsächlich, wie

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