Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman
Tischchen lag ein Koffer aus Krokodilleder, mit dem man Fischerboote für hundert Afrikaner hätte bezahlen könnte. Sie zeigte darauf.
»Sie sollen hauptsächlich das da schützen.«
»Besser als Sie?«
»Das eine geht mit dem anderen einher, denn ich werde mich von dem Koffer nicht trennen.«
»Was enthält er?«
»Juwelen. Es wird ein schnelles Geschäft.«
»Wann?«
»Irgendwann zwischen heute und morgen. In zehn Stunden ist Ihre Arbeit beendet, wenn der Verkauf abgewickelt ist und ich das Geld eingezahlt habe. Natürlich werde ich mich nicht von hier wegbewegen. Ich bin nicht so dumm, mit dem da in der Weltgeschichte herumzuspazieren. Und noch etwas: Es gibt hier ein Schlafzimmer, das werde ich benutzen. Sie bleiben hier im Wohnzimmer und halten Wache.«
»Das Übliche, aber, mit Verlaub, Sie haben einen Ort gewählt, der schwer zu schützen ist.«
»Das Gebäude ja, aber das Appartement nicht. Es ist klein, übersichtlich und hat gepanzerte Fenster. Auch die Tür ist gepanzert. Und da Sie es schon angesprochen haben, sage ich Ihnen, dass es einen großen Vorteil für mich hat. Der Käufer möchte unerkannt bleiben, und die Orte, an denen viele Leute verkehren, sind die diskretesten.«
»Ich bin einverstanden, Denise. Von jetzt ab brauchen Sie mir nichts weiter zu erklären. Sie müssen mir allerdings noch erlauben, die Zimmer zu inspizieren.«
»Es gibt nur dieses Wohnzimmer, eine Abstellkammer, das Schlafzimmer und ein Bad. Ich habe doch gesagt, es ist überschaubar. Folgen Sie mir.«
Miralles sah das Schlafzimmer.
Oder er sah es nicht. Er betrachtete alle Orte nur unter dem Blickwinkel der Sicherheit. Er hatte keine Augen für das breite Bett, in dem zwei Paare Platz fanden. Auch nicht für die Spiegelwand, die alles in diesem Zimmer widerspiegelte. Und auch nicht für den Spiegel an der Decke. Er sah nur das Fenster, von dem aus man die andere Straßenseite sehen konnte, aber von der anderen Straßenseite aus konnte niemand sehen, was in dem Zimmer vor sich ging.
Ein sicherer Ort, fand er.
»Ich gehe davon aus, dass nur der Käufer kommt«, sagte er.
»Ja.«
»Wird er von jemandem begleitet?«
»Möglicherweise bringt er einen Sicherheitsmann mit. Dann werden Sie mich zur Bank begleiten, wo ich das Geld einzahle. Und das war’s.«
»Erscheint mir logisch. Lassen Sie uns die Speisekammer anschauen.«
Sie führte ihn hin. Ihr Rock war schon vom Feinsten, aber ihre Beine waren der Entwurf eines Onanisten der letzten Generation. Aber Miralles bemerkte, dass sie sich nicht natürlich, sondern mit turnerischer Disziplin bewegte, wie eine Balletttänzerin, die man in eine SS -Uniform gesteckt hatte.
»Die Speisekammer.«
Nichts. Nur ein Lüftungsloch, durch das kein Mensch hindurchpasste. Ein paar Regale. Ein paar Kissen, falls man im Bett noch mehr davon brauchte. Das Gefühl von Leere. An der Wand ein Spiegel mit dem Bild von Denise, groß, gebieterisch und einsam.
»Fehlt nur noch das Bad. Für mich der sicherste Ort der Wohnung.«
»Gut.«
»Ich werde es Ihnen zeigen. Sie können es natürlich benutzen, wann immer Sie wollen, aber bitte nur so oft wie nötig, damit ich nicht unbewacht bin.«
»Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin daran gewöhnt.«
»Dann schauen Sie es sich an.«
Die Frau reißt die Tür auf, springt zur Seite und lässt Miralles ungedeckt stehen.
Drinnen ein Kerl.
Und ein Revolver.
Augen, die durch den Raum zu schweben scheinen.
Der Schuss. Und das Mündungsfeuer.
Zwei, drei Mündungsfeuer. Zwei oder drei Schüsse, die in der Luft widerhallen und die keiner zählen kann, weil sie sich wie ein einziger anhören. Zivilisierte Luft, die sich mit Pulvergeruch füllt. Und Miralles’ Körper, der gegen die Wand prallt, als ihn die erste Kugel trifft.
Nur diese eine.
Als er den Einschlag an der linken Schulter bemerkte – nur ein Stoß gefolgt von einem roten Schwall –, hat sich Miralles weggerollt und an der Wand hinter sich Schutz gesucht. Eine weitere Kugel lässt ein Bild zu Boden sausen, vor dem eine Sekunde früher noch Miralles gestanden hatte. Er streckt den rechten Arm aus.
Aus seinem Ärmel löst sich ein Schuss.
Dort sollte keine Waffe sein.
War sie aber.
Das kleine Spielzeug – Perlmuttgriff, silbern verzierter Lauf – kam mit der Armbewegung aus seinem Versteck.
Im goldenen Kalifornien einer anderen Zeit hatten auf Tischen, die es nicht mehr gibt, Profis, die es ebenfalls nicht mehr gibt, diesen Trick angewendet. Die kleinkalibrige Kugel,
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