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Der Todesbote

Der Todesbote

Titel: Der Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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Verurteilung.
    Onoprienko jedoch hat nichts abzuleugnen. Er will sich die Aufmerksamkeit der Staatsanwaltschaft mit den Berichten über die Taten förmlich erkaufen. Onoprienko, der Jäger der Finsternis, will seine Taten bereitwillig demonstrieren. Es ist der Geist des Bösen, der ihn lächelnd in die Kamera blicken lässt.
    So verwundert es nicht, mit welcher makaberen Selbstsicherheit er diesen Tag genießt. Noch bevor man ihn befragt, stellt er sich vor eine laufende Kamera und beginnt zu erzählen: »Ja, genau da war es … ach ja, die Geschichte mit dem Kind.« Lapidar stellt er fest, dass sich nicht viel an dem Haus verändert hat. Er betrachtet den Garten und freut sich über die Blumenpracht.
    Noch ist ihm nicht bekannt, dass man das Haus Stunden vorher hatte räumen lassen. Er fühlt sich in Sicherheit durch das mächtige Aufgebot der Miliz. Die Eltern eines Kindes, das Opfer des Serientäters wurde, hatte man vorab der Obhut des Dorfpfarrers übergeben. Und das war gut so. Eventuellen Tumulten der Dorfbewohner hatte man durch vorherige Aufklärungsgespräche vorgebeugt. So wurden die Bewohner des kleinen Ortes darauf hingewiesen, dass jegliche Aggression gegen den Täter mit aller gebotenen Härte geahndet werden würde. Für die meist bäuerlichen Bewohner des Dorfes war das zwar unverständlich, doch die Drohungen der Miliz hatten offensichtlich Wirkung gezeigt. In dem vorgegebenen Abstand beobachten sie die Szenerie. Still unterdrücken sie die Qualen der Erinnerungen.
    Anatolij Onoprienko hat nur einen kurzen Blick übrig für seine Zuschauer. Zielstrebig schreitet er auf das kleine Haus mit dem gepflegten Vorgarten zu. Noch bevor die begleitenden Beamten die Gartentür öffnen können, gibt Onoprienko dem kleinen Tor mit dem Fuß einen gezielten Stoß, worauf es sich krachend öffnet. Die Beamten staunen nicht schlecht, als sie das Bedürfnis und die aggressive Zielstrebigkeit des Täters erkennen, dieses Haus erneut zu betreten. Man spürt es förmlich, er kennt sich hier aus. Wie ein Reiseführer des Todes deutet er mit gestrecktem Zeigefinger auf die Eingangstür des Hauses.
    »Hier war es. Da bin ich mir ganz sicher.«
    »Haben Sie dieses Haus vorher schon einmal betreten?«, fragt der Staatsanwalt routinemäßig nach.
    »Natürlich, ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass es das Haus ist, in dem ich meine Mission erfüllte, ja, erfüllen musste«, antwortet Onoprienko fast trotzig.
    »Sind Sie sich sicher?«, bohrt der Staatsanwalt nach.
    »Natürlich«, antwortet Onoprienko und stützt seine Hände selbstsicher in die Hüften, als wolle er fragen: »Glaubt ihr mir etwa nicht?«
    Der Beamte, an dessen linker Hand die Handschellen von Onoprienko gekettet sind, hat Probleme, ihn in Griff zu halten.

    Der Killer der Ukraine ist erregt. Er fühlt, man glaubt ihm nicht. Und das lässt ihn mächtig wütend werden. »Ich werde ihnen jedes Zimmer und jedes Möbelstück, das sich in dem Haus befindet, beschreiben – noch bevor wir es betreten.
    Vielleicht glauben Sie mir dann, dass ich dieses Haus schon betreten habe.«
    »Nun beruhigen Sie sich mal wieder, Onoprienko. Wir wollen nur sichergehen, dass Sie sich in Ihrer Feststellung nicht irren. Hier sieht doch ein Haus wie das andere aus. Da ist eine Verwechslung sehr leicht möglich«, will der Staatsanwalt Onoprienko gerade beschwichtigen.
    »Wir brauchen dringendst Verstärkung«, ruft plötzlich ein Beamter des Sicherheitsdienstes dem Staatsanwalt zu. »Es kommen immer mehr Dorfbewohner. Wir können die Leute fast nicht mehr im Zaum halten. Sie wollen den Täter lynchen.
    Bitte rufen Sie die Miliz, sonst geschieht eine Katastrophe, Herr Staatsanwalt. Bitte handeln Sie schnell!«
    Die herbeigerufene Miliz erkennt rasch, welch unbändiger Zorn sich unter den Dorfbewohnern zu entladen droht.
    Unübersehbar sind die mitgebrachten Holzprügel in den derben Händen der Bauern. Bedrohlich scheint die Situation zu eskalieren. Die alten Frauen des Dorfes, die sich zahlreich versammelt haben, schreien ihre Wut dem Täter entgegen.
    »Gebt uns dieses Schwein«, machen sie ihrem Unmut freien Lauf. »Wir werden ihn in Stücke reißen, dieses Untier. Wir werden diese Bestie vernichten, so wie er es mit unseren Angehörigen getan hat. Überlasst ihn nur uns, wir werden ihn ganz langsam töten. Er soll krepieren, dieses Schwein. Wie ein räudiger Hund soll er winseln, bis ihn der Tod erlöst.«
    Doch der aufgebrachten Menge gelingt es nicht, sich dem Serienkiller zu

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