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Der Todesbote

Der Todesbote

Titel: Der Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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wissen.
    »Na für mich. Die Mühen mussten sich doch ein wenig lohnen.«
    »Haben Sie dem Mädchen den Schmuck abgenommen?«
    Onoprienko lacht laut auf und sagt: »Wo denken Sie hin? Es waren so Anhänger mit Verschluss. Zum Öffnen hatte ich keine Zeit. Ich nahm sie kräftig in die Hand, und mit einem Ruck waren sie ab.«
    Wortlos nehmen die Beamten Anatolij Onoprienko nun das Holzstück aus der Hand. Niemand spricht ein Wort. Nur er will noch einmal erzählen: »Das wollte ich noch sagen … Es war sehr aufregend, als ich das Haus verließ. Als ich wieder auf der Straße war, sah ich ein Ehepaar auf das Grundstück zugehen.
    Sie drehten sich ständig um und winkten offensichtlich irgendwelchen Leuten hinterher. So konnten sie nicht sehen, aus welchem Haus ich kam.«
    Später stellte sich heraus, dass es die Eltern des Mädchens waren. Sie hatten den Großeltern, bei denen sie zu Besuch waren, zum Abschied zugewinkt.
    Als man Onoprienko aus dem Vorgarten führt, erschrickt er förmlich und sucht Schutz bei den unzähligen Beamten. Er sieht die wütende Menschenmenge, die sich hinter der Straßensperre der Miliz versammelt hat.
    Nun haben die Beamten es eilig, Onoprienko so schnell wie möglich zum Auto zu bringen. Als er wieder im Wagen sitzt und sich sicher fühlen kann, grüßt er die Menge mit einem Lächeln und einem zynischen, verhöhnenden Handzeichen.
    Was dem Mädchen wirklich an diesem Tag widerfahren ist, weiß der Gerichtsmediziner, der das Opfer obduzierte: »Die Untersuchung, die wir vornahmen, spricht eine andere Sprache als die des Täters. Der Täter muss wie in einem wahren Blutrausch auf das Mädchen eingestochen haben. Sie wehrte sich offensichtlich sehr. Anders ist die Vielzahl der Wunden, besonders an den Händen und Armen, nicht zu erklären. Es gab fast keine Stelle am Körper des Mädchens, die keine Stichwunden aufwies. Der Täter stach sein Opfer selbst mehrfach in den Kopf. Auch die Beine des Mädchens waren von unzähligen Einstichen übersät. Weiterhin wies das Opfer Würgemale am Hals auf. Der Kehlkopf war gebrochen. Das Mädchen hat sicher noch lange nach dem ersten Einstich gelebt. Erst die Stiche ins Herz führten letztendlich zum Tode des Opfers. Es ist unvorstellbar, welche Qualen und unsagbaren Schmerzen dieses Kind zu erdulden hatte.«

Ein ganzes Dorf nimmt Abschied
    von einem Mädchen

    Ein alter Mann schlurft mit seinen ausgetretenen Hausschuhen durch die schmalen Straßen des Dorfes wie an jedem Tag. Er wartet Tag für Tag auf eine Ansprache, die er doch nicht erhält.
    Auch er hat die Schreckensmeldungen im Radio gehört, doch er will sie nicht verstehen. Er will nicht glauben, dass ein Mensch in dem Lande, in dem er lebt, zu solchen Taten fähig ist. Seine tägliche Reise endet an einer Bank am Dorfplatz, auf der er seinen alten Knochen etwas Ruhe gönnt. Er blickt zum kleinen Brunnen und erinnert sich an die Zeit, als die Frauen noch täglich Wasser für ihren Haushalt holten. Damals kam das Wasser noch frisch aus den gusseisernen Hähnen. Doch schon längst sprudelt aus dem Dorfbrunnen kein frisches Wasser mehr in den steinernen Trog. Schon als kleines Kind hat ihn dieser kleine, nun fast versiegte Wasserspender fasziniert.
    In Gedanken versunken erinnert er sich gerne an die mächtigen Brunnen der Landeshauptstadt. Über vierzig Jahre fuhr er in diese Stadt zur Arbeit. Diese alten Brunnen haben ihn ein Leben lang beschäftigt. Immer wieder verglich er sie mit der Seele des alten und großen Russlands. Doch auch die monströs erbauten Wasserspiele der Stadt bleiben längst stumm, auch wenn es der alte Mann nicht wahrhaben will.
    Die Nachbarn eines Hauses erinnern sich noch genau an den Tag, als das ganze Dorf von dem kleinen Mädchen Abschied für immer nahm. Ein nicht enden wollender Trauerzug zieht von der Kirche bis zum außerhalb des Dorfes liegenden Friedhof. Fassungslose Menschen, die mit den Eltern dieses Kindes mitfühlen. Sie können erahnen, was es heißt, das eigene Kind zu Grabe tragen zu müssen.
    Schritt für Schritt zieht der Trauerzug dem kleinen Stückchen Erde näher, in dem der Leichnam des Mädchens begraben wird. Der Priester trägt ein Kreuz und betet leise vor sich hin. Die Eltern können den ergreifenden Worten des Geistlichen kaum folgen. Der Schleier, der die Gedanken umnebelt, macht sie taub.
    Die Mutter zittert am ganzen Körper. Ihr Gesicht ist wie versteinert auf dem für sie längsten Weg ihres Lebens. Sie findet keinen Trost. Verzehrende

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