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Der Todesbote

Der Todesbote

Titel: Der Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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Stille zeichnet ihr Gesicht, als man den kleinen Sarg mit ihrem Kind der Tiefe der Erde übergibt.
    Mütter können unglaublich tapfer sein. Dieser stille Mut läuft in ihren Herzen, im Verborgenen ab. Sie sind in ihren Gedanken der Trauer nur bei dem verlorenen Kind. Sie versuchen den Schmerz zu ertragen, gehen dabei durch die Hölle.
    Denn sie müssen erst lernen zu begreifen: Mein Kind ist tot.
    Grenzenloser Hass entwickelt sich gegen den Menschen, der ihnen das Liebste nahm. Denn die geballten Fäuste der Männer des Ortes sind kein Trost, nur Ausdruck der Verbundenheit der Familien. Ihre Worte sind hart gegen den Menschen, der ihnen dies alles angetan hat. Doch sie kennen ihn nicht, den Schlächter der Ukraine.
    In der Abenddämmerung sitzen die Männer des Dorfes zusammen in der kleinen Kneipe in einer wodkageschwängerten Atmosphäre. Wut und Entsetzen hat ihre von Wind und Wetter durchfurchten Gesichter gezeichnet. Sie alle suchen nach einer Erklärung.
    »Was ist aus dieser Ukraine geworden?«, fragen sich die Männer. Die Geschichte des Landes ist alt und zugleich reich an Mythen und Sagen. Melancholische Träumereien und lebensvoller Realismus, zuweilen auch nationales Pathos, haben es einst gekennzeichnet. Doch in dem Maße, wie das ukrainische Volkstum seine Eigenständigkeit verlor, sind auch seine Musik und seine Lyrik ein Teil der sie umfassenden russischen Lebensart geworden. Die Ukrainer verfolgen zwar eine eigenständige Politik gegenüber Russland, ausgelöst durch den jahrelangen Streit um die Aufteilung der Schwarzmeerflotte und die staatliche Zugehörigkeit der Krim, der erst 1997
    durch einen Grundlagenvertrag zwischen beiden Staaten geregelt wurde, doch aus der erstrebten nationalen Wiedergeburt ist nicht viel geworden.
    Denn in diesem Land, das nach vorne zu blicken versucht, herrscht Korruption wie nie zuvor. Das berichtet die Presse.
    »Vielleicht ist das die Erklärung dafür, warum es solche Auswüchse in unserer Gesellschaft gibt. Die Strafen, die die Gerichte aussprechen, sind viel zu gering. Man darf sehr darauf gespannt sein, welche Strafe man für Anatolij Onoprienko parat hat. Wir hoffen alle, dass es die Todesstrafe ist. Was soll es auch sonst für eine Strafe für solch einen Menschen geben«, meint ein ehemaliger hoher Offizier des Heeres.
    »Man sollte ihn in einen Fleischwolf stecken und den Schweinen zum Fraß vorwerfen«, ereifert sich ein älterer Dorfbewohner, und die anderen Männer nicken und geben ihm offensichtlich Recht.
    »Man bedenke, wie lange unsere Polizei brauchte, um diesen Täter zu fassen. Das sagt doch wohl alles«, wendet der Lehrer der nahe liegenden Stadt ein, und auch er erhält Zustimmung.
    Doch die Bevölkerung macht es sich mit ihren Anschuldigungen gegen die ermittelnde Polizei zu leicht. Sie wissen nicht, wie schwierig es ist, einen Täter zu ergreifen, der sein Unwesen im ganzen Lande treibt. Verständlicherweise sucht zunächst die örtliche Polizei nach dem Täter. Unzählige Vernehmungen werden notwendig. Jede Person ist vorab zu überprüfen, die mit dem Opfer Kontakt hatte. Sie führen unendlich lange Ermittlungen durch, um den Täter schnellstmöglich zu ergreifen. Doch der schlägt längst in einem anderen Ort zu. Auch an diesem, vielleicht hunderte Kilometer entfernten Tatort ermitteln die zuständigen Beamten des Ortes.
    Wie die Geschichte der Ermittlungen von Serientätern gezeigt hat, werden dabei viele Unschuldige festgenommen. Man ist sich sicher, den Täter gefunden zu haben. Dabei pirscht der Jäger des Todes weiter in seinem unbestimmbaren Revier.
    Serienkiller haben den Vorteil der Anonymität. Niemand kann sie dem Opfer zuordnen. Sie töten ohne Logik –
    willkürlich. Sie planen ihre Morde in der Regel nicht, und sie kennen ihr persönliches Risiko. Deshalb sind sie besonders vorsichtig und leben ihre Fantasien wie ein scheues, Menschen reißendes Tier aus.
    Sie suchen nicht den Kampf. Sie sehnen sich nach körperlichen Angriffen, auf wen sie auch immer treffen. Sie sind nicht vergleichbar mit den Mördern, die aus Eifersucht und Habgier töten. Diese meist nur einmal tötenden Menschen werden oft sehr schnell hinter Schloss und Riegel gebracht.
    Doch der Killer ohne Motive, der nur um des Tötenwollens durch die Lande zieht, ist in jedem Kontinent dieser Erde sehr schwer zu fassen.
    Die Verwirrungen seines Geistes spielen dabei eine große Rolle. Wer will sie ergründen? Der Schlüssel zum Verbrechen fehlt. Und ohne dieses

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