Der Todesbote
schwer bewaffnete Sondereinheiten der Miliz und der Nationalgarde zusammengezogen, um die Spurensuche zu beschleunigen.
Unzählige Zeugen werden vernommen, vor allem aus der Nachbarschaft der Tatorte. Schließlich stößt man auf eine Frau, die den flüchtenden Täter genau gesehen hatte und ihm fast direkt gegenüberstand. Ihr Glück: Der Täter sah sie nicht. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, das Haus des Nachbarn in Brand zu stecken, als auf sie zu achten.
Aufgrund der Aussage dieser Frau wird ein Phantombild erstellt, mit Vorder- und Seitenansicht des Täters. Jede Polizeistation des Landes erhält dieses neue Fahndungsfoto, doch niemand aus der Bevölkerung erkennt den abgebildeten Mann.
Ständig vergrößert sich der Druck der Bevölkerung auf die Polizei. Die Miliz muss sich immer stärkere Demütigungen durch die Presse gefallen lassen. Sogar die Glaubwürdigkeit der Beamten schwindet rapide. Ununterbrochen bombardiert das Fernsehen die ermittelnde Behörde mit dem Vorwurf des Versagens. Die Bewohner der Ukraine haben nun endgültig genug. Auf Drängen der Bevölkerung beschließt Jewaschenko, ein 100 km2 großes Gebiet mit über 2.000 Mann durchkämmen zu lassen. Allen in der Nähe stationierten Kräften befiehlt er, sich unverzüglich in Marsch zu setzen auf der Suche nach dem Täter. Voll ausgerüstet mit modernen Schnellfeuergewehren und Panzern will man diese Bestie einfangen. Der Kommandant zeigt auf eine Landkarte des Landes und gibt seinen Leuten die Einsatzstandorte bekannt. Immer wieder deutet er auf die zahlreichen roten Kreuze, die sich auf der Karte befinden: »Hier die roten Kreise – das sind die Tatorte.
Dort fand man die Leichen.«
Eine noch niemals zuvor da gewesene Suchaktion in der Geschichte der Ukraine nimmt damit ihren Lauf. Jeder der Beteiligten weiß, ein Fehlschlag wäre eine Katastrophe. Die Ratlosigkeit der Polizei bei der Suche nach einem einzigen Mann würde von der Bevölkerung als fatale Niederlage registriert. Ein weiteres Misslingen können sie sich nicht mehr leisten, zu aufgewühlt ist des Volkes Seele.
Die leitenden Männer der Nationalgarde tagen in den kommenden Tagen nahezu ununterbrochen. Alle Möglichkeiten, die zu einem Erfolg führen können, werden durchgespielt.
Jewaschenko, der Kommandant der Truppe, gibt vor der Presse eine Erklärung ab: »Wir werden den Kampf aufnehmen gegen den schlimmsten Serienmörder der Geschichte unseres Landes. Wir werden dieses Ungeheuer gezielt unter Druck setzen. Wir werden ihn aus seinem Versteck herauszerren, diesen räudigen Hund. Doch es ist schwierig, es ist wie die bekannte Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.«
In dieser misslichen Lage steht der Kommandant der Nationalgarde unter ungeheurem Druck. Den präzisen Instruktionen des Kommandanten folgend beginnt die kampfkräftige Einheit ihre Schlacht. Der Krieg wird einem einzigen Feind erklärt. Einödhöfe, sogar ganze Dörfer werden Haus für Haus durchwühlt. Die Jagd nach dem Serienkiller, der das Land in Angst und Schrecken versetzt, nimmt ungewöhnliche Ausmaße an.
Doch sie sind ohnmächtig und ratlos, die Spürhunde der Miliz. Sie kämpfen den Kampf gegen das Ungewisse und fürchten diesen zu verlieren. Immer wieder werden den Beamten die Bilder des Grauens gezeigt. Die Erfolglosigkeit ihrer Mission macht sie hart, vielleicht zu hart.
Allerorts brüskiert sich nun die betroffene Bevölkerung über das Vorgehen der Miliz. Der sich schon lange aufgestaute Unmut gegen den Serienkiller wendet sich nun auch gegen die Nationalgarde. Zunehmend empfinden die Menschen die Aktionen zur Ergreifung des Täters als persönliche Diskriminierung. Negativ registriert werden vor allem die nächtlichen Überprüfungen in den Privathäusern. Den Kampf gegen den Serientäter bedingungslos zu unterstützen, davon war plötzlich nicht mehr viel zu spüren.
Zwischenzeitlich wird eine Liste der Gegenstände, die den Opfern geraubt wurden, angefertigt und an die Beamten verteilt. Die Liste ist endlos. Auch die sichergestellten Fußabdrücke sollen den Beamten weiterhelfen.
Jedem der angetroffenen Personen werden die Fahndungsfotos gezeigt. Doch immer wieder nur Kopfschütteln.
Man errichtet unzählige Straßensperren. Jedes Fahrzeug wird durchsucht. Außer ein paar kleinen Dieben findet die Polizei jedoch nichts. Resigniert bricht der Kommandant nach wochenlangem Suchen den Sondereinsatz ab. Die Presse reagiert mit einer Flut von Häme.
Doch die Menschen werden
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