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Der Todesbote

Der Todesbote

Titel: Der Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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wurde. Kommt er denn bald wieder frei?«, fragt sie schüchtern.
    »Ihren netten Verlobten werden Sie wohl nicht mehr sehen.
    Vielleicht im Gefängnis, wenn man ihn nicht gleich erschießt«, ist die ganze Antwort, die Anna von den Beamten erhält.
    Zunächst wird das Jagdgewehr mit dem abgesägten Lauf überprüft. Es stellt sich heraus, dass es vorschriftsmäßig angemeldet worden ist, der Eigentümer jedoch nie überprüft wurde. Die Ballistiker finden heraus, dass alle Opfer mit dieser Waffe erschossen wurden. Zweifelsfrei wurden die an den Tatorten vorgefundenen Patronenhülsen aus dieser Waffe abgefeuert.
    An den gefundenen Messern und einem großen Hammer werden noch Blutspuren sichergestellt, wiederum zweifelsfrei von dem Blut der Opfer. Selbst die beschlagnahmten Stiefel können einem Opfer zugeordnet werden.
    Die goldenen und silbernen Ringe, die Onoprienko seiner Verlobten schenkte, waren allesamt Eheringe der weiblichen Opfer. Er hatte sie den Opfern zum Teil von den Fingern geschnitten, da er sie sonst nicht hätte abnehmen können.
    Onoprienko wird zwischenzeitlich von Jaworiw nach Lemberg in das Hauptquartier der Polizei gebracht. Erleichtert meldet der Fahndungschef in einer Pressekonferenz: »Es ist uns gelungen, den wahrscheinlich größten Serienmörder der Ukraine zu fassen. Er sitzt in Untersuchungshaft und hat bisher 52 Morde gestanden … Er ging bei allen Morden immer gleich vor. Frühmorgens brach er in die Häuser ein, tötete kaltblütig alle Bewohner, auch die Kinder. Dann suchte er in aller Ruhe nach Geld und Schmuck und legte Feuer.«
    Nun wird der Gefangene in das berüchtigte Staatsgefängnis nach Zhitomir verlegt. Mitten in der Nacht überstellt man ihn.
    Man hat Angst, dass ihn die Bevölkerung lynchen würde, würde sie seiner habhaft. Die Volksseele kocht in der Ukraine.
    Derweil lässt Anatolij Onoprienko alles lautlos über sich ergehen. Selbst eine Kahlrasur seiner Haare. Wenn er spricht, dann nur von seinen Taten.
    Er hat viel Zeit, und das macht es ihm möglich, zu philosophieren und sich ständig neue Versionen seiner Massaker auszudenken. Immer neue Erkenntnisse offenbart er den ermittelnden Beamten. Einmal waren es »innere Stimmen«, ein anderes Mal erhielt er »Befehle von Gott«, dann sprachen »Außerirdische im Weltraum« zu ihm, dann berichtete er von »hypnotischen Kräften«, die ihn zu seinen Taten anspornten oder ihn dazu gezwungen hätten. Weiter gibt er an, ein Prophet zu sein, der zu Lebzeiten keine Anerkennung finden würde. Onoprienko versucht offensichtlich, das Motiv für seine Taten herunterzuspielen und zu beschönigen. Die verschreckte Bevölkerung zweifelt inzwischen an seinem Geisteszustand. Aber vielleicht ist es das, was Onoprienko versucht, mit seinen unterschiedlichen, fast wirren Aussagen zu erreichen.

Der Serienkiller gibt ein Interview
    Das Gefängnis von Zhitomir nahe der Hauptstadt der Ukraine ist in den Kreisen der Kriminellen gefürchtet. Tausende von Häftlingen hat es in seiner langen Geschichte aufgenommen, selbst in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Viele von ihnen wurden niemals mehr entlassen.
    Diebe, Mörder und Totschläger beherbergt es heute. In den kargen Zellen versuchen sie die Zeit totzuschlagen, die ihnen das Gericht »aufgebrummt« hat, wie sie sich ausdrücken, und viele von ihnen »brummen« ihr ganzes Leben lang. Ein Großteil von ihnen kann jedoch sicher sein, eines Tages die lang ersehnte Freiheit wiederzuerlangen. So träumen sie von dem Tag, an dem sich die riesigen Eisentore der Strafanstalt öffnen und sie die schwere Zeit des Gefängnisalltages hinter sich lassen dürfen. Dann kehren sie heim zu ihren Familien und Freunden und versuchen ein neues Leben zu beginnen. Vielen von ihnen gelingt dies.
    Währenddessen geht der Alltag weiter für die Bediensteten des berüchtigten Gefängnisses in Zhitomir, in ihren schmucken grauen Uniformen mit den goldglänzenden Sternen auf den Schulterklappen. Die Schirmmütze, die sie tragen, schmückt ein rotes Band mit Goldkordeln. In ihrer oft nicht leichten Aufgabe werden sie von Soldaten in Tarnanzügen und Fellmützen unterstützt.
    Die weit über 100 Jahre alte Haftanstalt, die einer alten Festung gleicht, verwahrt jedoch auch Untersuchungshäftlinge, die auf ihren Prozess warten. Der berüchtigtste Gefangene unter ihnen ist Anatolij Onoprienko. Wer ihn in seiner Zelle besucht, was mit Ausnahme von Psychiatern, Staatsanwälten und den ermittelnden Beamten fast niemandem

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