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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Abnahme und die Lossprechung, Padre? Wie kann das angehen? Ich habe noch nie gehört, dass ein Priester sich zur Beichtstunde weigern kann, seine Pflicht zu tun und einem die Beichte abzunehmen – sofern nicht gravierende Gründe dagegensprechen«, erwiderte sie störrisch. »Ich glaube, in Eurer geistlichen Sprache nennt man delicta graviora, was in solch einem Fall vorliegen müsste. Oder bin ich da falsch unterrichtet? Man sagt uns Frauen ja nach, wir hätten eigentlich nichts Rechtes im Kopf.«
    Pater Angelico zerbiss einen Fluch auf den Lippen. Lucrezia wusste genau, dass er sich ihr nicht verweigern konnte, wenn sie darauf bestand, bei ihm zu beichten. Und sie dachte nicht im Traum daran, ihn davon zu entbinden.
    »Also gut, dann beichte, meine Tochter«, gab er sich geschlagen und hoffte, dass die Ansprache ›Tochter‹ sie daran erinnerte, dass er hier nicht als Angelico Crivelli saß, sondern als Mittler zwischen einem sündigen Menschen und Gott.
    »Padre, ich kann mich nicht damit abfinden, dass ich in ein Kloster abgeschoben werden soll, nur um das Leben meines Vaters mit meiner garstigen Stiefmutter und meinen eingebildeten Halbschwestern leichter zu machen«, begann sie.
    Er seufzte leise. »Es mag Euch nicht gefallen, aber Ihr seid Eurem Vater Gehorsam schuldig und werdet Euch in Euer Schicksal finden müssen, sosehr es Euch auch widerstrebt«, sagte er und fühlte sich gar nicht wohl dabei. Denn bei all dem geschuldeten Gehorsam war es doch ein skandalöses Unrecht, überzählige Töchter zum Ordensleben zu zwingen und hinter Klostermauern zu verbannen. »Mit der Zeit werdet Ihr dort schon Euren Seelenfrieden finden.« Und für diesen Satz schämte er sich beinahe.
    »Niemals! Gefangenschaft kann nie Seelenfrieden bringen, und genau die ist mir zugedacht!«
    »Bitte kehrt zu Euren Sünden zurück, meine Tochter!«, ermahnte er sie. »Dies ist nicht der Ort, um Dinge zu besprechen, die nach Sitte und Gesetz allein in der Entscheidungsgewalt Eures Vaters liegen!«
    »Über mein Herz hatte er aber keine Gewalt! Und ich bekenne Euch, dass ich es an einen Mann verloren habe, den ich über alles liebe, Padre«, flüsterte sie.
    Er versteifte sich, und sein Mund fühlte sich mit einem Mal ganz trocken an. »Zu lieben ist keine Sünde, meine Tochter. Es ist das Menschlichste und das höchste Gut, das uns gegeben ist, besonders dann, wenn diese Liebe sich auf unseren Gott und Erlöser richtet«, sagte er in dem Versuch, das glatte Eis, auf das Lucrezia ihn geführt hatte, so schnell wie möglich zu verlassen. »Und nun kommt endlich zu Euren Sünden. Ihr wisst, wie viele Gläubige da draußen noch warten.«
    »Ich liebe einen Mann, der das Ordenskleid trägt, Padre«, fuhr sie unbeirrt fort, und ihr sehnsuchtsvoller Ton schnitt ihm ins Herz. »Ich weiß nicht, was die Kirche dazu sagt. Vermutlich, dass es Sünde ist. Aber wie kann es Sünde sein, jemanden zu lieben? Helft mir, Padre! Sagt mir endlich ein erlösendes Wort!«
    Das Blut rauschte in seinen Ohren, die Kehle wurde ihm eng, und ihm wurde heiß unter seinem Habit. »Donzella Lucrezia, redet nicht weiter!«
    »Aber das muss ich, wenn es denn Sünde ist«, beharrte sie. »Sagt mir, ist es das? Kann Liebe etwas Verwerfliches sein? Vor allem, wenn dieser Mann, dessen Namen ich Euch nicht sagen möchte, obwohl er für mich wahren Engelsklang besitzt, meine Liebe erwidert?«
    Diese letzten Worte waren ein Schock. Also stimmte, was er insgeheim befürchtet hatte, nämlich dass er ihr seine Gefühle für sie längst offenbart hatte. Spätestens am Morgen des Vortages im Palazzo auf der Treppe, als sie ihn so federleicht berührt und dabei doch seine tiefsten Seelengründe aufgewühlt hatte. Was, in Gottes heiligem Namen, sollte er nun darauf bloß antworten? Er durfte nicht lügen, schon gar nicht, wenn er die Stola trug. Abgesehen davon würde sie ihm ohnehin kein Wort glauben und ihn dafür verachten, dass er zur Lüge Zuflucht nahm und abstritt, was doch, wie sie beide wussten, die Wahrheit war. Obwohl das ein Ausweg … Nein, ausgeschlossen! Feigheit hatte er im Angesicht von Gefahr für Leib und Seele noch nie gezeigt, und damit würde er auch jetzt nicht beginnen.
    Mühsam gewann er die Fassung zurück und suchte nach einer Möglichkeit, den Spieß ihrer unverblümten Liebeserklärung abzubiegen. »Einen Mann im Gewand Gottes zu lieben ist in sich gewiss keine Sünde, solange man sich bewusst macht, dass dies nur eine platonische Liebe sein kann, die

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