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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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zeigt, dass die Glückstreffer des Menschen selten und zufällig sind, seine Fehlgriffe dagegen häufig und methodisch!«
    Caporale Gualberti lachte leise, während Bruder Bartolo ein ganz und gar nicht belustigtes Gesicht zog.
    Aufmunternd klopfte sein Meister ihm auf die Schulter. »So, und jetzt lass es uns angehen, was immer wir dort drinnen auch vorfinden.«
    Tiberio Scalvetti erwartete sie im Laden. »Das Opfer ist Bartolomea, die Frau des Fallimagno Gherardo Calvano«, verkündete er, ohne sich zunächst dafür zu entschuldigen, dass er Pater Angelico aus dem Kloster hatte holen lassen und ihn damit um kostbare Stunden Schlafes brachte. »Sie liegt hinten in der Werkstatt, das heißt, genau genommen hängt sie da. Ich dachte, das solltet Ihr sehen. Zudem könnte ich auf Eure Hilfe angewiesen sein.«
    Pater Angelico wunderte sich insgeheim, dass Scalvetti so viel daran gelegen war, ihn und nicht etwa einen seiner Amtsbrüder am Tatort zu haben. Man hätte meinen können, der Commissario habe einen Narren an ihm gefressen, ja, sehe in ihm so etwas wie einen Freund, wenn auch auf seine ganz eigene trockene, reservierte Art. Dabei stand der Mann wahrlich nicht in dem Ruf, viel Umgang mit Leuten zu pflegen, die nicht zum Umfeld der Otto di Guardia gehörten. Und selbst denen gegenüber, die dazugehörten, wahrte er, soweit man hörte, Distanz. Wenn es wirklich so war, wie er vermutete, würde Pater Angelico sich irgendwann einmal darüber klarwerden müssen, ob das eine Freundschaft war, die auch er sich wünschte. Aber damit hatte es keine Eile.
    »Wer hat die Leiche überhaupt gefunden, Commissario?«, fragte er, um den Augenblick, da er sich dem Grauen stellen musste, noch etwas hinauszuzögern.
    »Gismondo, der Geselle des alten Gherardo Calvano. Er sah im Laden und in der Werkstatt noch Licht brennen«, sagte Scalvetti und berichtete in knappen Sätzen, weshalb die beiden an diesem Abend länger aushäusig gewesen waren. »Der Fallimagno liegt oben in seiner Kammer im Bett. Ich habe einen Medicus kommen lassen, der ihm einen betäubenden Schlaftrunk verabreichen soll. Und der frischgebackene Geselle, der der Toten vermutlich keine Träne nachweint, sitzt drüben in der Schenke und ertränkt seinen Schock in Branntwein. Ich denke, den Abend hat er sich anders vorgestellt. Keiner hat den Täter kommen oder gehen sehen, was auch nicht verwunderlich ist. Die Hintertür der Werkstatt führt auf einen großen Hof. Von dort aus kann man sich durch zwei Torwege und eine Brandgasse bequem aus dem Staub machen.«
    »Und Ihr seid sicher, dass es wieder der Tarotkartenmörder war, Commissario?«
    »Da ist jeder Zweifel ausgeschlossen. Die Bestie hat weder Mühe gescheut noch mit satanischen Einfällen gespart – der Mord kann keinem anderen zugeschrieben werden. Aber das werdet Ihr gleich selbst sehen!«
    Pater Angelico hörte seinen Novizen mehrmals hart schlucken, doch dann folgte Bruder Bartolo ihm und Scalvetti tapfer nach hinten in die Werkstatt.
    Die beiden Dominikaner meinten vielleicht, nach dem Morgen in der Brandruine vorbereitet zu sein auf das Bild, das sich ihnen bieten würde, und doch traf der Anblick der Toten sie wie ein Hammerschlag in die Gedärme.
    Bartolomea Calvano hing splitternackt und blutüberströmt an einem der massiven Stützbalken links vom mittleren Werktisch, zu dessen Füßen sich eine große Lache aus getrocknetem Wachs gebildet hatte. Der Mörder hatte ihr drei dicke, lange Nägel, wie Zimmerleute sie zur Errichtung von Dachstühlen verwendeten, durch den Hals getrieben und sie so an den Balken genagelt, dass ihre Füße gerade noch den Boden berührten. Einer der Nägel war allerdings krumm geschlagen, was darauf schließen ließ, dass der Täter im Umgang mit einem Hammer nicht die Erfahrung eines Zimmermanns besaß.
    Der blutige Mund der Toten stand weit offen, so als stoße sie einen endlosen stummen Schrei aus. Zwei daumenlange Kienspäne, die der Mörder ihr zwischen Ober- und Unterkiefer geklemmt hatte, verhinderten, dass der Mund zufiel. Die Zunge fehlte. Die hatte die Bestie herausgeschnitten und zusammen mit einer Tarotkarte über dem Kopf der Toten an den Balken genagelt.
    Der fette Leib der Frau war unterhalb der schlaffen Brüste ähnlich markiert wie der Leichnam von Pater Nicodemo. Da die Tote aber nicht am Boden lag, sondern aufrecht an dem Balken hing, waren die Einritzungen wegen des vielen herabgeflossenen Blutes noch schwerer zu erkennen.
    »Der Teufel muss ihm die

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