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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Heraus damit«, sagte der Commissario und runzelte die Stirn.
    Der Novize druckste ein wenig herum und wandte sich dann an den Commissario: »Nun ja, vielleicht ist es Eurer Beachtung nicht wert, aber ich wollte es doch erwähnt haben für den Fall, dass …«
    »Lass diesen Eiertanz, Bartolo!«, fiel Pater Angelico ihm ins Wort. »Komm zur Sache! Was ist dir denn aufgefallen?«
    »Erst einmal der tiefe Stiefelabdruck in der Wachslache dort, Commissario«, rückte der Novize endlich mit der Sprache heraus und deutete zur Verblüffung der beiden Männer auf den Boden neben dem Tisch. »Falls nicht Ihr in das Wachs getreten seid oder einer Eurer Schergen, könnte das doch der Stiefel des Mörders gewesen sein.«
    »Teufel auch!«, rief Tiberio Scalvetti und starrte auf die deutliche Ausformung einer spitz zulaufenden, mit Kreuzstich genähten Stiefelsohle im Wachs. Der Absatz musste auf der linken Außenseite abgetreten sein, denn an der Stelle war der Abdruck sichtlich weniger tief. »Das ist mir doch völlig entgangen! Dieser Abdruck muss in der Tat vom Mörder stammen. Von mir oder einem meiner Männer ist er ganz sicher nicht. Und auch nicht vom Fallimagno oder seinem Gesellen. Die sind ihrer Aussage nach schon in der Tür zurückgeschreckt und haben sich erst gar nicht in die Werkstatt getraut.«
    »Ausgezeichnet beobachtet«, mischte Pater Angelico sich ein. »Aber du hast deinen Satz eben mit ›erst einmal‹ begonnen. Was darauf schließen lässt, dass es noch etwas gibt, das keinem von uns aufgefallen ist, dir aber schon. Also?«
    Bruder Bartolo gönnte sich ein vorsichtiges Lächeln, das jedoch sofort wieder verschwand. Denn Eitelkeit war auch eine der sieben Todsünden. »Es gibt noch einen zweiten Abdruck, viel unscheinbarer allerdings, noch viel leichter zu übersehen als der von dem Stiefel. Zumal, wenn man nicht wie ich so lange auf dem Schemel gesessen und ihn genau auf Augenhöhe gehabt hat.«
    Tiberio Scalvetti verzog das Gesicht. »Deine Rücksichtnahme ehrt dich, Bruder Bartolo«, sagte er mit spöttischer Miene. »Aber du brauchst mir nicht gleich die passende Entschuldigung für mein Versäumnis auf dem silbernen Tablett zu servieren, nur damit ich nicht wie ein Trottel dastehe. Also, spuck die saure Frucht aus!«
    »Hier, das ist es!« Der Novize begab sich an die Tischkante, wo Wachs über die Platte und dann hinunter auf den Boden geflossen war, und deutete auf einen Abdruck, der etwa die Größe einer picciolo -Münze hatte. »Hier ist der Mörder mit seinem Ring an das Wachs gekommen, wenn meine Augen mich nicht sehr trügen.«
    Pater Angelico und Tiberio Scalvetti beugten sich zur Tischkante hinunter.
    »Bei meiner Seele! Deine Augen trügen dich ganz und gar nicht, sondern sind offenbar so scharf, wie meine trübe geworden zu sein scheinen«, stieß der Commissario hervor. »Das ist in der Tat der Abdruck eines Ringes!«
    »Leider ist nur ein Teil des Rings mit dem Wachs in Berührung gekommen«, warf Pater Angelico bedauernd ein. »Andernfalls hätte man den Mörder anhand dieses Abdrucks identifizieren beziehungsweise den Kreis der Verdächtigen auf eine Familie reduzieren können. Denn das sieht mir ganz nach einem Familienwappen aus.«
    Tiberio Scalvetti nickte. »Richtig, die halbe florentinische Lilie ist deutlich zu erkennen, doch was der kantige Ansatz im zweiten Wappenfeld sein soll, dafür gibt es dummerweise einige Dutzend Möglichkeiten. Dennoch hast du das prächtig gemacht, Bruder Bartolo!«
    Auch Pater Angelico schenkte seinem Novizen einen anerkennenden Blick, der verriet, wie stolz er auf ihn war.
    Der Commissario seufzte. »Auf die Spur der Bestie bringen uns die beiden Abdrücke wohl leider noch nicht.«
    »Aber vielleicht sollten wir diese … nun ja, Beweisstücke trotz allem sichern?«, schlug der Novize mutig vor.
    Der Commissario stutzte. »Sichern? Wie stellst du dir das vor? Die Wachsschicht ist viel zu dünn, als dass man sie abschaben und länger aufbewahren könnte.«
    »Man könnte sie aber mit Gips ausgießen, also eine negative Form herstellen und von dieser dann Abdrücke herstellen«, sagte Bruder Bartolo wie aus der Pistole geschossen, hatte er sich über diese Frage doch schon Gedanken gemacht. »Und was die Tischkante betrifft, so könnte man das Stück mit dem Ringabdruck heraussägen. Wer weiß, wann diese Beweisstücke noch von Nutzen sein werden.«
    Einen Augenblick lang war Tiberio Scalvetti sprachlos. »Beim Strick des Henkers, das ist eine

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