Der Todesflieger
der
Minerva Lines.
Und noch ein Beispiel: Im Sommer 1954 verschwand in der Nähe von Neapel eine ganze Schulklasse sechzehn- bis achtzehnjähriger Mädchen, die mit einem Omnibus eine Ausflugsfahrt unternommen hatten.
Man hat nie wieder etwas von ihnen gehört. Doch vier Jahre später griff eine italienische Botschaftsangestellte in Casablanca eines dieser Mädchen auf, als es ziellos in den Slums der Stadt umherstrolchte.« Zac legte eine lange Pause ein, dann sagte er sehr leise: »Sie war vollkommen übergeschnappt. Ich habe Photographien ihres Körpers gesehen. Es hätte einem schlecht werden können.«
»Und was hat sie erzählt?« drängte Pitt.
»Sie erinnerte sich dunkel, daß man sie auf ein Schiff verschleppt! hatte, das durch ein großes ›M‹ am Schornstein gekennzeichnet war. Das war alles, was man aus ihr herausbrachte. Alles übrige waren wirre Faseleien.«
Pitt wartete darauf, daß Zac seinen Bericht fortsetzte, doch der verfiel in Schweigen und steckte seine erloschene Pfeife von neuem in Brand. Ein süßlicharomatischer Duft erfüllte den Raum.
»Menschenhandel ist ein mieses Geschäft«, bemerkte Pitt knapp.
Zac nickte. »Das sind nur drei von hundert ähnlichen Fällen, die alle irgendwie mit der Person Bruno von Tills verknüpft sind. Wollte ich Ihnen vorlesen, was in den Akten der INTERPOL darüber alles zusammengetragen ist, wir säßen in einem Monat noch hier.
»Meinen Sie, daß von Till selbst hinter diesen Unternehmungen steckt?«
»Nein. Der alte Fuchs ist viel zu gerissen, um sich selbst die Finger schmutzig zu machen. Er organisiert bloß den Transport.
Er hat sich ganz auf den Schmuggel spezialisiert, auf Schmuggel in ungewöhnlich großem Umfang allerdings.«
»Aber warum zum Teufel hat man diesem Schwein denn noch nicht das Handwerk gelegt?« fragte Pitt bestürzt und erbost zugleich.
»Ich traue mich fast nicht, Ihnen darauf eine Antwort zu geben.« Zac schüttelte traurig den Kopf. »Die Polizei der halben Welt hat bereits versucht, von Till auf frischer Tat zu ertappen er ist uns noch nie ins Netz gegangen. Seine Schiffe sind wohl schon an die tausend Mal gefilzt worden, nie wurde etwas gefunden. Und jeder Agent, den wir in die
Minerva Lines
eingeschleust haben, war nach kurzer Zeit ein toter Mann.«
Pitt sah gedankenverloren den Rauchkringeln nach, die von Zacs Pfeife aufstiegen. »So klug ist keiner. Jeder Mensch macht irgendwann einen Fehler.«
»Wir haben es weiß Gott oft genug versucht. Jeder Quadratzentimeter seiner Schiffe ist untersucht worden. Wir haben sie Tag und Nacht auf See beschattet, an den Docks überwacht und selbst die Schotts auf Hohlräume hin abgeklopft.
Ich kann Ihnen wenigstens zwanzig Zollfahnder aufzählen – Spitzenleute, die ihr Handwerk von Grund auf verstehen –, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, von Till hochzunehmen.«
Pitt steckte sich eine neue Zigarette an und sah Zac fest in die Augen. »Warum erzählen Sie mir das alles?«
»Weil Sie uns vielleicht helfen können.«
Pitt saß einen Moment schweigend da. Die Wunde auf seine r Brust begann abermals zu jucken. »Und wie?« fragte er schließlich.
Für einen kurze n Augenblick flackerte es in Zacs Augen tückisch auf. »Soweit ich gesehen habe, haben Sie ein recht gutes Verhältnis zu von Tills Nichte.«
»Ich habe mit ihr geschlafen, wenn Sie das meinen.«
»Wie lange kennen Sie sie bereits?«
»Wir sind uns gestern am Strand zum erstenmal begegnet.«
Zac sah ihn überrascht an, dann zog ein verständnisvolles Lächeln über sein Gesicht. »Entweder sind Sie ein echter Casanova, oder Sie sind ein passionierter Lügner.«
»Betrachten Sie es, wie Sie wollen«, erwiderte Pitt mit Gleichmut. Er stand auf und reckte sich. »Ich weiß, was Sie vorhaben. Sie können es vergessen.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Es liegt doch auf der Hand.« Pitt lächelte verschmitzt. »Sie wollen, daß ich meine Freundschaft mit Teri vertiefe, damit ich als eine Art Hausfreund in von Tills Familie aufgenommen werde. Dann hätte ich freien Zugang zu seiner Villa und könnte beobachten, was der alte Kerl treibt.«
Zac kniff die Augen zusammen. »Sie begreifen außergewöhnlich schnell, mein lieber Pitt. Also, sind Sie mit von der Partie?«
»Es geht nicht.«
»Darf ich fragen, weshalb?«
»Ich war gestern abend bereits bei von Till zum Essen zu Gast, und wir haben uns nicht im besten Einvernehmen getrennt.
Er hat sogar seinen Hund auf mich gehetzt.«
Das war natürlich
Weitere Kostenlose Bücher