Der Todesflug der Cargo 03
verlegen den graumelierten Bart und sah zu Boden. Seine Frau Myrna – das wußte er aus bitterer Erfahrung – gehörte zu jenen Personen, gegen die jeder Widerstand zwecklos war. Obwohl von kleiner Statur und eher magerem Körperbau, besaß sie mehr Willen und Entschlußkraft als irgendein anderer Mensch, den er kannte. Sie war eine ebenso harte wie tüchtige Frau. Fawkes kannte sie seit Jahren praktisch nur in Khakihemd und Jeans, die Hosenbeine in halbhohen Stiefeln. Sie konnte fast alles, was er konnte: Bei der Geburt eines Kalbes tatkräftig mithelfen, die einheimischen Landarbeiter beaufsichtigen, Reparaturen an Autos und Werkzeug durchführen, Kranke und Verletzte pflegen und gut kochen. Wenn er ehrlich war, mußte er sogar zugeben, dass Myrna es mit einem mittleren französischen Feinschmeckerkoch aufnehmen konnte. Seltsamerweise hatte sie nie Auto fahren oder reiten gelernt, sie machte keinen Hehl daraus, dass sie beides in keiner Weise interessierte. Ihren asketischen Körper hielt sie in Form, indem sie täglich mehrere Kilometer spazierenging.
»Mach dir um uns auf der Farm keine Sorgen«, fuhr Myrna Fawkes fort. »Wir haben fünf bewaffnete Leibwächter. Deine Tochter Jenny und dein Sohn Patrick können einer Mamba auf fünfzig Meter Entfernung den Kopf wegschießen. Wenn es trotz allem hier irgendwelche Schwierigkeiten geben sollte, kann ich die nahe Polizeistation per Funk verständigen. Vergiß nicht den elektrisch geladenen Zaun. Und selbst, wenn die Rebellen den elektrischen Zaun überwinden sollten, gibt es immer noch meine gute alte Schrotflinte, mit der sie dann fertig werden müßten.« Sie deutete auf eine Schrotflinte des Typs Holland & Holland, die unweit von ihr am Türrahmen lehnte.
Bevor Fawkes in der Lage war, weiteren Widerspruch anzubringen, fuhren sein Sohn und seine Tochter in dem Wagen vor, von dem Myrna Fawkes gesprochen hatte. Sie hielten vor der Verandatreppe und sprangen heraus. »Der Wagen ist getankt und fahrbereit, Käptn«, rief der junge Patrick. Er war zwanzig Jahre alt und hatte die Gesichtszüge und Schlankheit seiner Mutter sowie die Körpergröße seines Vaters geerbt, den er noch um eine Handbreite überragte. Seine Schwester war ein Jahr jünger. Sie hatte kräftige Gliedmaßen und einen großen, festen Busen. Ein spitzbübisches Lächeln spielte über ihr sommersprossiges Gesicht. »Mein Badeöl geht zu Ende, Papi«, sagte Jenny. »Denkst du bitte daran, mir neues zu kaufen, wenn du in Pembroke bist?«
»Badeöl!« fauchte Fawkes. »Endlich habe ich einen dringenden Grund, nach Pembroke zu fahren: Badeöl! Meine ganze Familie hat sich gegen mich verschworen. Ihr glaubt, ihr könnt auch ohne mich auskommen? Bitte schön! Ich werdet selbst sehen, was ihr davon habt. Ich fahre!«
Nach außen hin noch widerspenstig, innerlich jedoch von der Entschlossenheit seiner Frau Myrna und durch die charmante Beredsamkeit seiner Kinder überzeugt, kletterte Fawkes ans Steuer des bereitstehenden Geländewagens. Er startete den Wagen und fuhr bis zum Zaun. Während er darauf wartete, dass der Wachmann das Tor öffnete, sah er zum Herrenhaus auf dem Hügel zurück. Es war ein schöner Anblick. Myrna und die Kinder standen auf den Stufen der Veranda, die von einem Meer blauer Blüten umrankt war. Die drei winkten ihm zu, und auch Fawkes bewegte die Hand zu einem Abschiedsgruß. Dann war das Tor offen. Er legte den Gang ein und begann seine Fahrt auf der staubbedeckten Landstraße.
Somala hatte die Abfahrt von Fawkes von seinem Versteck in dem hohlen Baum beobachtet. Wobei er ganz besonders auf die Gesten des Wachmanns achtete, der den Strom für den elektrischen Zaun abstellte, als er das Tor öffnete und den Zaun wieder unter Spannung setzte, nachdem das Tor wieder geschlossen war. Die Bewegungen des Mannes wirkten uninteressiert, nahezu mechanisch. Ein gutes Zeichen, dachte Somala. Dieser Mann langweilte sich, er war unaufmerksam. Um so leichter würde er zu überwältigen ein, wenn irgendwann einmal die Zeit für einen Überfall gekommen war.
Mehr zufällig richtete Somala sein Fernglas auf das mannshohe dichte Elefantengras, das die Fawkes-Farm umgab. Was er sah, machte ihn erstaunen. Er hätte den Mann nicht bemerkt, wenn nicht eine Gürtelschnalle von der Uniform des anderen die Sonne reflektiert hätte. Somalas erste Reaktion auf die seltsame Beobachtung, die er soeben gemacht hatte, bestand darin, sich ungläubig die Augen zu reiben. Dann sah er aufs neue durchs
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