Der Todeskanal
brüllte der andere und lief ihm nach. Es geschah blitzschnell. Aristides sprang durch die Tür und rannte in kopfloser Panik den Korridor entlang. Ein kurzes Aufglühen, dann verstummten die Schreie. Windham, der in der Tür stand, wandte entsetzt den Blick von den schwarzverkohlten Überresten Aristides’. Mit vereinten Kräften schleppten die Männer den Bruder des Toten in die Kabine zurück.
Der Lärm der Schlacht ließ nach.
»Sie werden zwei Mann an Bord schicken und uns auf einen ihrer Heimatplaneten bringen«, sagte Stuart. »Wir sind Kriegsgefangene.«
»Nur zwei Kloros werden an Bord bleiben?« fragte Windham erstaunt.
»Das ist bei ihnen so üblich. Warum fragen Sie, Colonel? Wollen Sie einen tapferen Stoßtrupp aufstellen, der das Schiff wieder zurückerobern soll?«
Windham lief rot an.
»Es war nur eine Frage.« Aber seiner Stimme fehlte die Würde und Autorität, um die er sich bemüht hatte. Das wußte er. Er war nur ein alter Mann mit einem lahmen Bein.
Und Stuart hatte wahrscheinlich recht. Er hatte bei den Kloros gelebt und kannte ihre Methoden.
John Stuart hatte behauptet, die Kloros seien Gentlemen. Vierundzwanzig Stunden der Gefangenschaft waren bereits verstrichen, und jetzt wiederholte er seine Feststellung. Er krümmte die Finger und betrachtete die Falten, die in sanften Wellen über die Plastikhaut seiner Hände liefen. Die mißmutige Reaktion der anderen bereitete ihm Vergnügen. Die Menschen waren seiner Meinung nach dazu erschaffen worden, um gequält zu werden.
Da war zum Beispiel Anthony Windham. Colonel Windham nannte er sich, und Stuart war sogar gewillt, das zu glauben. Ein pensionierter Colonel, der vielleicht vor vierzig Jahren eine Heimwehrtruppe auf irgendeiner Dorfwiese gedrillt hatte. Er war so unbedeutend, daß man seine Dienste nicht einmal im äußersten Notfall des ersten interstellaren Krieges in Anspruch genommen hatte.
»Ich kann die Art nicht leiden, wie Sie über einen Feind sprechen, Stuart.« Windhams gestutzter Schnurrbart bebte entrüstet. Sein Kopf war nach letzter militärischer Mode glattrasiert, aber es zeigten sich bereits graue Stoppeln auf der Glatze. Die schlaff herabhängenden Wangen und die feinen roten Linien auf der dicken Nase gaben ihm irgendwie etwas Verlorenes, so als hätte man ihn zu unsanft und zu früh am Morgen geweckt.
»Unsinn«, sagte Stuart. »Denken Sie doch nur an unsere gegenwärtige Situation. Angenommen, ein Kriegsschiff der Erde hätte ein Linienschiff der Kloros gekapert. Was, glauben Sie, wäre mit den Zivilisten an Bord passiert?«
»Ich bin sicher, daß die Erde alle Regeln der interstellaren Kriegführung einhalten würde«, sagte Windham steif.
»Leider gibt es keine solchen Regeln. Wenn wir eine Mannschaft auf einem ihrer Schiffe postieren würden, glauben Sie im Ernst, sie würde sich die Mühe machen, eine Chloratmosphäre zu schaffen, um den Kloros das Leben zu retten? Ihnen erlauben, ihr Eigentum zu behalten? Ihnen den bequemsten Aufenthaltsraum zur Verfügung stellen, et cetera, et cetera?«
»Halten Sie um Gottes willen den Mund«, sagte Ben Porter. »Wenn Sie noch einmal et cetera sagen, werde ich wahnsinnig.«
»Es tut mir leid«, sagte Stuart, was allerdings nicht stimmte.
Porter schien langsam den Verstand zu verlieren. Sein mageres Gesicht und seine Hakennase glänzten vor Schweiß, und er biß so lange auf der Innenseite seiner Wange herum, bis er plötzlich aufwimmerte. Er legte seine Zungenspitze an die Wunde, was ihm ein noch groteskeres Aussehen verlieh.
Stuart wurde es allmählich zu langweilig, seinen ätzenden Spott an diese Leute zu verschwenden. Windham war eine zu uninteressante Zielscheibe, und Porter konnte nichts anderes als sich winden. Der Rest der Versammlung schwieg. Demetrios Polyorketes vergrub sich in seine Trauer. Er schien die ganze letzte Nacht kein Auge zugetan zu haben. Wann immer Stuart sich auf die andere Seite gewälzt hatte, hatte er das dumpfe Gemurmel auf der Couch neben sich gehört. Demetrios hatte viel gesagt, und immer wieder waren die klagenden Worte ertönt: »Oh, mein Bruder!«
Jetzt saß er benommen auf seiner Couch, die roten Augen in dem dunklen Gesicht rollten von einem Gefangenen zum anderen. Stuart sah, wie das Gesicht des Griechen in die schwieligen Hände sank, so daß nur das krause schwarze Haar zu sehen war. Sein Körper zuckte, aber jetzt, da alle wach waren, gab er keinen Laut von sich.
Claude Leblanc versuchte mit mäßigem Erfolg, einen
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