Der Todeskanal
Ralson wirklich getötet hat.«
Der Brief war an Blaustein gerichtet und lautete:
Der Projektor funktioniert. Ich wußte es. Der Handel ist beendet. Sie haben erreicht, was Sie wollten, und Sie brauchen mich jetzt nicht mehr. Also werde ich gehen. Sie müssen sich keine Sorgen mehr um die Menschheit machen, Doktor. Sie haben recht. Sie haben zu lange mit uns experimentiert, sie haben uns zu viele Chancen gelassen. Jetzt haben wir das Penizillin durchbrochen, sie können uns nicht mehr stoppen. Ich weiß es. Das ist alles, was ich sagen kann. Ich weiß es.
Dann folgte Ralsons rasch hingeworfener Namenszug, und darunter befand sich noch eine dick unterstrichene Zeile.
Vorausgesetzt, daß genug Menschen dem Penizillin Widerstand leisten können.
Grant wollte schon das Papier zerknüllen, aber Darrity streckte rasch die Hand aus.
»Für die Akten, Doktor.«
Grant gab ihm den Brief.
»Der arme Ralson! Er starb im Glauben an diesen ganzen Unsinn.«
Blaustein nickte.
»Ja. Ralson wird ein großes Begräbnis haben, nehme ich an, und die Öffentlichkeit wird nichts von seinem Wahnsinn und seinem Selbstmord erfahren. Aber die Regierung wird sich für seine verrückten Theorien interessieren. Vielleicht sind sie gar nicht so verrückt, nicht wahr, Mr. Darrity?«
»Das ist doch lächerlich, Doktor«, sagte Grant. »Kein einziger Wissenschaftler hier hat jemals Selbstmordgedanken gehabt.«
»Erzählen Sie es ihm, Mr. Darrity«, sagte Blaustein.
»Es hat noch einen Selbstmord gegeben«, sagte der Inspektor. »Nein, nein, es war kein Wissenschaftler. Jedenfalls kein graduierter. Es passierte diesen Morgen, und wir nahmen an, daß der Selbstmord mit dem heutigen Test zusammenhing. Vorerst schien nichts darauf hinzuweisen, und wir schwiegen, bis der Test vorüber war. Aber jetzt sind die Zusammenhänge wohl klar. Der Tote war ein Mann mit Frau und drei Kindern. Er hatte keinen Grund, Selbstmord zu begehen. Er war nicht geisteskrank. Er hat sich unter ein Auto geworfen. Es wurde von mehreren Zeugen bestätigt, daß er es mit Absicht getan haben muß. Er starb nicht sofort, und man holte einen Arzt. Er war schrecklich zugerichtet, und seine letzten Worte lauteten: ›Jetzt fühle ich mich viel besser.‹ Und dann starb er.«
»Wer war es?« schrie Grant.
»Hal Ross. Der Mechaniker, der den Projektor gebaut hat. Der Mann, in dessen Büro wir hier stehen.«
Blaustein ging zum Fenster. Am dunklen Abendhimmel zeigten sich die ersten Sterne.
»Der Mann wußte nichts von Ralsons Gedanken. Er hat nie mit Ralson gesprochen. Vielleicht sind die Wissenschaftler widerstandsfähiger als andere Menschen. Sie müssen es sein, sonst wären sie gezwungen, ihren Beruf aufzugeben. Ralson war eine Ausnahme. Er war zu sensibel, um sich gegen das Penizillin wehren zu können. Sie wissen, was mit ihm geschehen ist. Aber was ist mit den anderen? Mit den Sensiblen, die nur überlebt haben, weil sie bisher nicht konsequent und konstant vernichtet wurden? Wieviele Menschen werden dem Penizillin Widerstand leisten können?«
»Sie glauben an Ralsons verrückte Theorien?« fragte Grant mit schreckgeweiteten Augen.
»Ich weiß es nicht genau.«
Blaustein blickte zu den Sternen auf.
Wo waren sie, die Experimentatoren?
Der Todeskanal
1950 brach der Korea-Krieg aus. Es war eine schreckliche Zeit, fast so schrecklich wie die heutige. Ich will Ihnen nicht verheimlichen, daß Othellos Worte von ›Glanz, Pracht, Pomp und Rüstung des glorreichen Kriegs‹ mich nicht begeistern kann.
Der Zweite Weltkrieg bildet eine Ausnahme. Damals konnte man sich noch an Ideale klammern. Wir kämpften gegen das Böse an sich, und das erhob diesen Krieg über jede Nieder-mit-dem-Feind-Routine. Und außerdem bewegte uns die begründete Hoffnung, daß nach dem Krieg eine Weltorganisation ins Leben gerufen werden könnte, die jeden weiteren Krieg verhindern würde.
Die Euphorie jener Tage, als der Krieg zu Ende und die Vereinten Nationen gegründet waren, hielt nicht lange an. Der Korea-Krieg machte alle großen Hoffnungen zunichte.
Vielleicht glauben Sie, daß wir Science-Fiction-Autoren besser dran sind als andere Menschen. Wir können in andere Welten entfliehen, in den Raum vordringen und alle erdgebundenen Probleme hinter uns lassen. Aber ganz so einfach ist es nicht. Es ist schwieriger, als Sie glauben, sich von der Wirklichkeit zu lösen, und als ich damals, in den Tagen des Korea-Krieges, in meinem Raumschiff zu den Sternen floh, was fand ich
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