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Der Todeskanal

Der Todeskanal

Titel: Der Todeskanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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wichtiger nehmen sie die gesellschaftliche Rangordnung. Denken Sie daran, daß ihre Ahnen mit unseren Insekten viel gemeinsam hatten. Sie glauben, daß jede Gruppe von Erdenmenschen, die ihnen begegnet, eine gesellschaftliche Einheit bildet.
    Das ist das Allerwichtigste in ihren Augen. Ich kann nicht genau verstehen, was dieses Phänomen eigentlich bedeutet. Kein Erdenmensch kann das verstehen. Aber es ist Tatsache, daß sie eine Gruppe niemals auseinanderreißen, so wie wir niemals eine Mutter von ihrem Kind trennen würden, wenn wir es vermeiden können. Und einer der Gründe, warum sie uns soeben mit Samthandschuhen angefaßt haben, ist darin zu suchen, daß sie glauben, der Tod unseres Gruppenmitglieds hätte uns völlig niedergeschmettert. Sie fühlen sich schuldig.
    Und daran müssen Sie stets denken. Man wird uns zusammen internieren, und wir haben eine lange gemeinsame Zeit vor uns. Freiwillig hätte ich mir keinen von Ihnen als Wohngenossen ausgesucht, und Sie hätten mich wahrscheinlich auch nicht als Gefährten erwählt. Aber es ist nun einmal nicht zu ändern. Die Kloros würden nie verstehen, daß wir nur aus purem Zufall auf demselben Schiff sind.
    Das bedeutet, daß wir eben irgendwie miteinander zurechtkommen müssen. Was glauben Sie denn, wäre passiert, wenn der Kloro etwas früher gekommen wäre und gesehen hätte, wie Polyorketes und ich einander zu töten versuchten?
    Er hätte dasselbe gedacht wie Sie, wenn Sie miterlebt hätten, daß eine Mutter ihre Kinder zu töten versucht.
    Sie hätten uns alle getötet, denn sie hätten uns für perverse Monstren gehalten. Haben Sie das jetzt verstanden? Und wie ist es mit Ihnen, Polyorketes? Haben auch Sie es verstanden? Wir können uns nach Herzenslust beschimpfen, aber in Zukunft darf keiner mehr den anderen anrühren. Und jetzt werde ich, wenn Sie nichts dagegen haben, meine Hände wieder in die richtige Form massieren, meine synthetischen Hände, die ich von den Kloros erhalten habe und die einer meiner eigenen Artgenossen wieder zu zerquetschen versuchte.«
     
    Für Claude Leblanc war das Schlimmste vorbei. Er hatte sich elend gefühlt. Warum hatte er nur die Erde verlassen müssen? Es war natürlich eine großartige Sache gewesen, auf einem fremden Planeten das College zu besuchen. Es war ein Abenteuer, und er war endlich von seiner Mutter losgekommen.
    In den Sommerferien war er nicht mehr Claude, der schüchterne Schüler, sondern Leblanc, der Raumfahrer. Er hatte es richtig genossen, von Sternen, Sitten und Lebensformen fremder Welten zu reden. Endlich hatte er den Mut gehabt, Margaret einen Antrag zu machen. Sie hatte sich in ihn verliebt, in den Helden, der so viele Gefahren bestanden hatte …
    Natürlich war das jetzt die erste wirklich gefährliche Lage, in der er sich je befunden hatte, und bis jetzt hatte er das Abenteuer nicht sonderlich gut bestanden. Er wußte das. Er schämte sich und wünschte, er wäre Stuart.
    Beim Essen trat er an ihn heran.
    »Mr. Stuart.«
    Stuart blickte auf und fragte kurz: »Wie fühlen Sie sich?«
    Leblanc spürte, daß er errötete. Er errötete sehr leicht, und wenn er sich bemühte, nicht zu erröten, wurde es nur noch schlimmer. Er sagte: »Viel besser, danke. Hier, ich bringe Ihnen Ihr Essen.«
    Stuart ergriff die dargebotene Dose, die die Standard-Weltraumnahrung enthielt. Synthetisch, konzentriert, nahrhaft und irgendwie unbefriedigend. Das Essen erhitzte sich automatisch, wenn man die Dose öffnete, konnte aber auch kalt gegessen werden. An der Dose hing ein kombiniertes Gabel-Löffel-Untensil, aber es war fast praktischer, mit den Fingern zu essen. Man machte sich dabei nicht einmal besonders schmutzig.
    »Haben Sie meine kleine Ansprache gehört?« fragte Stuart.
    »Ja, Sir. Sie können auf mich zählen.«
    »Gut. Und jetzt gehen Sie essen.«
    »Dürfte ich mich zu Ihnen setzen?«
    »Bitte.«
    Ein paar Minuten lang aßen sie schweigend, und dann platzte Leblanc heraus: »Sie sind so selbstsicher, Mr. Stuart. Es muß wunderbar sein, wenn man so ist.«
    »Selbstsicher? Danke. Aber da ist jemand, der ist noch viel selbstsicherer.
    Verwundert blickte Leblanc in die Richtung, in die Stuart mit einem leichten Kopfnicken gewiesen hatte.
    »Mr. Mullen? Dieser kleine Mann? Oh, nein!«
    »Sie glauben nicht, daß er selbstsicher ist?«
    Leblanc schüttelte den Kopf. Er musterte Stuart zweifelnd. Hatte er es vielleicht ironisch gemeint?
    »Mr. Mullen ist eiskalt. Er hat überhaupt keine Gefühle. Er ist wie

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