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Der Todeskreuzer

Der Todeskreuzer

Titel: Der Todeskreuzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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Hauptinhaftierungsebenen gab, von denen jede zwanzig bis dreißig individuelle Gefängniszellen beherbergte. Darüber befand sich der Speisesaal, gefolgt von den Verwaltungsbüros, den Quartieren der Schiffsbesatzung und der Krankenstation. Niemand redete viel über die Einzelhaft, unten im Schiffsbauch der Sühne - noch gab es sonderlich viele Spekulationen über die sprichwörtlich Hunderte von Metern schmaler Zugangswege, Unterebenen und schwach beleuchteter Gänge, die jede Ebene durchzogen wie eine Honigwabe.
    Kale und Trig verfielen in Gleichschritt und schlüpften durch das offene Tor, marschierten an den klammen Fertigbauwänden entlang und eine Treppenflucht hinunter, tiefer in die subkutanen Gedärme des Offenen Vollzugs hinab. Die Luft hier unten wurde schlagartig dicker und dramatisch schlechter atembar, während sie sich im Dunkeln ihren Weg zu einer Ansammlung instand gesetzter Luftfilter bahnte und sie schließlich wieder zurück ins Schiff gepumpt wurde, wo der Kreislauf von Neuem begann.
    »Sieh an, sieh an«, sagte eine Stimme, »die Longo-Brüder reiten wieder!«
    Trig nahm einen raschen Atemzug, in der Hoffnung, dass es nicht wie ein Keuchen klang. Kale vor ihm erstarrte und streckte instinktiv eine Hand hinter sich aus, während sie beide in die weitläufige Kammer blickten, die ihre unmittelbare Zukunft bereithielt. Trigs Sehvermögen brauchte keine zusätzliche Zeit, um sich anzupassen. Er konnte bereits die Gestalten mehrerer Insassen ausmachen, alles Mitglieder der Delphanianer-Visagen-Gang, und vor ihnen: Aur Myss.
    Ob Myss' nahezu vertikaler Mund ein Genunfall oder die Folge eines seiner legendären Messerkämpfe war, war ein Thema, über das sich die anderen Gefangenen fortwährend den Kopf zerbrachen. Unter der abgeflachten, wildlederartigen Ziehharmonika von einer Nase baumelte von der schlaffen Unterlippe eine Reihe unterschiedlichster Stammespiercings, die er als Trophäen von all den anderen Häftlingsanführern erbeutet hatte, als Myss und sein Boss, Sixtus Cleft, den Status der Visagen-Gang als tonangebende Gefangenengruppe an Bord der Sühne gefestigt hatten.
    »Ihr kommt genau rechtzeitig«, meinte Myss. Seine Piercings klimperten, als er sprach.
    Kale nickte. »Wir sind immer pünktlich.«
    »Ein bewundernswerter Wesenszug für eine Gefängnisratte.«
    »Deshalb hast du dich doch entschieden, mit uns Geschäfte zu machen.«
    »Aus diesem und vielen anderen Gründen« sagte Myss. »Da kannst du dir sicher sein.«
    Kale lächelte. »Hast du die Bezahlung mitgebracht?«
    »Oh, ja.« Myss stieß ein zischendes Gurgeln aus, bei dem es sich womöglich um Gelächter handelte, und streckte eine Hand mit schaufelartigen Klauen aus, um damit auf den leeren Fußboden vor sich zu deuten. »Sie ist gleich hier, direkt vor mir. Siehst du sie nicht?«
    Trig spürte - oder vielleicht bildete er sich das auch bloß ein -, wie sich sein älterer Bruder versteifte, sich für Ärger wappnete, und versuchte, Kale kraft seiner Gedanken dazu zu zwingen, ruhig zu bleiben. Es schien zu funktionieren. Zumindest fürs Erste wahrte Kale seine aufrechte Haltung und schaute nicht weg, sorgsam darauf bedacht, seine Stimme fest und gelassen zu halten. »Ist das irgendeine Art Scherz?«
    »Schon möglich.« Myss warf den delphanianischen Fußsoldaten einen Blick zu, die ihn grinsend und kichernd zu beiden Seiten flankierten. »Vielleicht teilst du bloß nicht unseren Sinn für Humor.«
    »Unsere Abmachung mit Sixtus ...«
    »Sixtus ist tot.«
    Kale starrte ihn an. »Wie bitte?«
    »Eine schreckliche Tragödie.« Myss flüsterte beinahe, und Trig wurde klar, dass es sich bei dem undeutlichen Zischen zwischen seinen Worten dieses Mal tatsächlich um Gelächter handelte, begleitet vom leisen, metallischen Klimpern seiner Piercings. »Gefängniswärter Wembly hat ihn heute Morgen mit aufgeschlitzter Kehle in seiner Zelle gefunden. Ich bin jetzt der neue Anführer.« Er brach ab, und dann war seine Stimme mit einem Mal kalt wie Eis. »Und damit haben sich die Konditionen unseres Geschäfts leider geändert.«
    »Das kannst du nicht machen!«, warf Trig ein, außerstande, sich noch länger zurückzuhalten. »Sixtus und unser Vater ...«
    »Nein, ist schon in Ordnung«, meinte Kale, noch immer, ohne seine Augen von Myss abzuwenden, und als er abermals das Wort ergriff, klang er vollkommen gelassen. »Es tut mir nur leid, dass sich die Dinge so entwickelt haben.«
    Myss wirkte tatsächlich neugierig. »Ach

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