Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
herbei. Sie hat sich sauber gemacht und sieht so makellos aus wie immer. Sie nickt in Richtung Haus, betrachtet die zerschossenen Fenster, den von Kugeln umgepflügten Rasen.
»Gefällt mir, was ihr hier veranstaltet habt.«
»Hallo, Smoky«, sagt Gene. Er wirkt müde.
»Hi, Gene.«
Ich will gerade berichten, als ein weiterer Wagen zum Haus kommt. Brady erscheint wie aus dem Nichts, während der Wagen sich nähert.
»AD Jones«, sagt er.
»Hört, hört, die ganze Bande ist versammelt«, murmelt Callie. »Übrigens – Kirby schien enttäuscht zu sein, weil sie niemanden erschießen durfte.«
»Sie hat ihre Sache gut gemacht«, sagt Brady, während er Callie nachdenklich mustert.
Ich beobachte, wie Callie den Blick erwidert, erkenne dasbeinahe lustvolle Funkeln in ihren Augen. Sie streckt Brady eine Hand entgegen.
»Ich glaube nicht, dass wir uns schon mal begegnet sind«, sagt sie.
»Brady.« Der SWAT-Commander schüttelte ihr die Hand. »Und Sie sind …?«
»Callie Thorne. Aber Sie können gern Schönheit zu mir sagen.«
»Nicht zu viel verlangt.«
Callie zwinkert mir zu. »Der Mann gefällt mir.«
Der Wagen hält bei uns, und AD Jones steigt aus. Das neckische Geplänkel verstummt. Der Assistant Director erinnert mich an Callie und Brady zugleich: unermüdlich, voller Energie, tadelloses, gepflegtes Äußeres.
»Erzählen Sie mir, was Sie haben«, sagt er ohne Umschweife.
Ich informiere ihn über den Zugriff, das nachfolgende Verhör Cabreras und die Mädchen im ehemaligen Raketensilo in North Dakota.
»Neuigkeiten über die Mädchen?«, wendet Jones sich an Alan.
»Nein, Sir. Wir rechnen aber jeden Moment damit.«
Ich erzähle Jones von Juan und sehe, wie in Jones’ Augen ein Ausdruck der Trauer erscheint. Er dreht den Kopf zur Seite. Leise sagt er: »Mein Gott, und wir sind schuld daran. Wir haben das zu verantworten.«
Ich warte, bis er sich wieder gefasst hat.
»Okay«, sagt er. »Wir wissen also, wer er war. Wissen wir auch, wer er ist? Haben wir einen Namen?«
Ich sage es ihm. Alan weiß es bereits. Es ist das erste Mal, dass Callie es hört, und ihr schockierter Gesichtsausdruck passt zur Miene von AD Jones.
»Gibbs?«, fragt Jones ungläubig. »Der Verwalter der Stiftung? Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
»Ich wünschte, es wäre so, Sir. Aber es ergibt Sinn. Wir hätten schon früher daran denken müssen. Es war mein Versäumnis, Sir. Der Kerl sitzt direkt vor unserer Nase, aber ich habe es nicht gesehen – bis ich die Liste in Cabreras Computer gefunden habe. Es war aber nicht das, was auf der Liste stand, sondern das, was nicht darauf stand.«
Er starrt mich an, runzelt die Stirn. Dann hellt seine Miene sich auf, als er begreift. »Gibbs stand nicht auf der Liste?«
»So ist es, Sir. Eine Suche in Cabreras Arbeitszimmer brachte nichts zu Tage, das mit Gibbs oder der Langstrom-Stiftung in Verbindung gestanden hätte. Doch Cabrera ist pedantisch, beinahe schon zwanghaft. Die Liste der Kontakte, die ich gefunden habe, war absolut vollständig. Er hatte Telefonnummern von allem und jedem, angefangen bei der Frau, die ihm die Haare schneidet, bis hin zur Müllabfuhr. Festnetznummern, Mobilnummern, E-Mail-Adressen, Faxnummern … aber nicht die Nummer seines Anwalts? Auf keinen Fall hat er sie versehentlich ausgelassen. Und da ist noch etwas.« Ich blinzle AD Jones an. »Juan war ziemlich hellhäutig, nicht wahr?«
»Ja. Er sah fast wie ein Weißer aus.«
»Gibbs ist weiß. Cabrera nannte Juan einen ›weißen Engel‹. Ich dachte, es wäre eine Redensart, aber zusammen mit dem fehlenden Eintrag in Cabreras elektronischem Adressbuch dämmerte mir, dass er damit die Hautfarbe gemeint hat.«
»Es ist noch nicht erwiesen«, sagt Alan, »aber es trifft sehr wahrscheinlich zu. Er versteckt sich vor unser aller Augen, für jeden zu sehen. Gerissen, aber riskant. Das passt zu ihm und seiner Vorgehensweise.«
AD Jones schüttelt den Kopf. Auf seinem Gesicht spiegeln sich Unglauben, Verbitterung und Zorn. Ich weiß genau, wie er sich fühlt. »Und was ist das Problem?«, fragt er.
»Keine Beweise«, sage ich. »Niemand außer Cabrera hat sein Gesicht gesehen. An keinem der uns bekannten Tatorte wurde irgendeine Spur gefunden, irgendetwas Beweiserhebliches. Wirhaben nichts, um ihn mit einem der Verbrechen in Verbindung zu bringen, es sei denn, er legt ein Geständnis ab.« Ich deute auf Callie und Gene. »Die beiden werden das Haus auf den Kopf stellen. Vielleicht haben wir diesmal
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