Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
doch es gibt eine gewisse Tragik bei denen, die zu Killern gemacht wurden. Man kann es sehen, an ihrer Wut. Ihr Tun hat weniger mit Lust zu tun, mehr mit Raserei und Brüllen. Sie brüllen den Vater an, der sie missbraucht hat, die Mutter, die sie geschlagen hat, den Bruder, der sie mit Zigaretten verbrannt hat. Sie beginnen mit Hilflosigkeit und enden mit Tod. Man schnappt sieund sperrt sie ein, weil es getan werden muss, doch man spürt keine Befriedigung dabei.
»Bitte fahren Sie fort«, sagt Alan. Seine Stimme klingt jetzt sanft und freundlich.
»Er sagte mir, ihm wäre klar geworden, dass Gott einen neuen Plan für ihn hätte. Dass er gesündigt hatte, indem er sich als Heiligen betrachtet und seine Leiden mit denen Christi verglichen hatte. Seine Pflicht, das wisse er nun, bestünde nicht darin zu heilen, sondern zu rächen.« Unruhig verlagert Cabrera sein Gewicht auf dem Stuhl. »Seine Augen waren furchtbar anzuschauen, als er diese Worte sprach. Solch eine Wut, solch eine Raserei! Sie sahen nicht aus wie die Augen eines Menschen, den Gott gesegnet hat. Doch wer war ich, darüber zu urteilen?« Cabrera seufzt. »Er war seinen Wächtern ein weiteres Mal entkommen. Er erzählte mir, dass er später zurückgekehrt war, um Blut und Rache auf die Männer herabzubeschwören, die ihn gefoltert hatten. Auf diese Weise erfuhr er, dass es zwei Männer gewesen waren, ein Polizist und ein FBI-Agent, die ihn und die anderen Kinder verraten hatten. Diese Männer, sagte er, seien die Schlimmsten von allen. Sie würden Masken tragen, und sie würden sich hinter Symbolen verstecken, hinter Abzeichen.
Er hatte einen Plan, einen langfristigen Plan, und er bat mich, ihm zu helfen. Er durfte sich nicht fassen lassen, nachdem er alles getan hatte, nachdem alles erledigt war. Gott hatte ihm enthüllt, dass sein Werk über die Rache für das eigene Leid hinausging. Er brauchte mich, damit ich für das FBI und die Polizei in seine Rolle schlüpfte. Ich war einverstanden.«
»Sir«, sagt Alan. »Wissen Sie, wo wir Juan finden können?«
Cabrera nickt. »Selbstverständlich. Aber ich werde es Ihnen nicht sagen.«
»Warum nicht?«, fragt Alan. »Sie müssen doch wissen, dass er nicht Gottes Willen ausführt, Gustavo. Er hat unschuldige Menschen ermordet. Er hat das Leben eines jungen Mädchens zerstört.« Alan starrt Cabrera in die Augen. »Du sollst nicht töten ,Gustavo. Sie haben für ihn getötet. In der Eingangshalle des FBI-Dienstgebäudes starben unschuldige junge Männer. Gute Männer, die niemals ein Kind verletzt oder irgendetwas anderes als ihre Arbeit getan haben.«
Schmerz erfüllt sein Gesicht. »Ich weiß! Ich weiß es! Und ich werde zu Gott beten, dass er mir vergibt. Aber Sie müssen verstehen … ich kann ihn nicht verraten. Er hat mich gerettet! Ich kann ihn niemals verraten! Ich tue das nicht wegen dem, was er heute ist. Ich tue es für den, der er früher einmal war.«
Es klingt melodramatisch, doch Cabreras Ernsthaftigkeit macht es herzzerreißend.
Alan versucht es wieder und wieder. Er bringt Cabrera zum Schwitzen, das Zucken der Wange ist wieder zurück, doch es ist vergebens. Es ist, als würde er gegen eine Wand anrennen.
Cabrera wurde vor einem Schicksal bewahrt, das nach Meinung vieler Menschen schlimmer ist als der Tod. Juan half ihm zu entkommen, nicht nur aus seinem körperlichen Gefängnis, auch aus seiner Verzweiflung. Cabreras Leben war bis zu einem gewissen Maß zerstört durch Böses, das andere ihm angetan hatten, doch sein Glaube versprach ihm immer noch die Erlösung. Es war eine Tür, die Juan für ihn offengelassen hatte.
Was Juan betraf … das war eine Horrorgeschichte, die ich einfach nicht fassen konnte. Das absolut Schrecklichste, das Allerschlimmste daran war, dass wir, das FBI und die Polizei von Los Angeles, geholfen hatten, dieses Monster zu erschaffen. Irgendein korrupter Mistkerl hatte Juan verkauft und den sanften knaben mit dem unerschütterlichen Glauben für immer vernichtet. Juan war ein gefallener Engel – dank der Hilfe jener Menschen, denen er am meisten vertraut hatte.
Alles an dieser Geschichte handelte vom absolut Schlimmsten oder Besten im Menschen, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass Cabrera nachgeben würde.
»Es gibt da eine Sache, die Juan mir erlaubt hat«, sagt er schließlich.
»Und das wäre?«
Er neigt den Kopf nach links. »Drüben im Arbeitszimmer. Im Computer. Das Versteck, wo die Mädchen sind, Jennifer und Theresa. Sie sind am Leben.«
Weitere Kostenlose Bücher