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Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Todeskünstler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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geht es mir durch den Kopf. Ich kann gut verstehen, dass du dich erschießen willst, wenn du auf diese Sauerei blickst.
    Jetzt, da sie steht, schätze ich Sarah auf knapp eins sechzig. Trotz des Schocks bewegt sie sich anmutig. Sie gleitet.
    Sie sieht seltsam klein aus in der Nähe der Toten. Ihre nackten Füße sind voller Blut. Entweder bemerkt sie es nicht, oder es ist ihr egal.
    Ich gehe weiter rückwärts, um sie durch die Tür zu lassen. Sie schwebt an mir vorbei, den Blick auf meine Hände gerichtet. Ein wachsamer kleiner Zombie.
    »Ich werde jetzt die Tür hinter uns schließen, okay, Sarah?«
    Sie nickt. Ist mir egal , sagt dieses Nicken. Genauso egal wie der Tod oder das Leben oder sonst was.
    Ich schließe die Tür und erlaube mir einen Moment der Erleichterung. Mit zitternder Hand wische ich mir den Schweiß von der Stirn, atme tief durch und wende ich mich wieder Sarah zu.
    Jetzt sieh zu, dass du sie dazu bringst, dir die Waffe zu geben.
    »Ich setze mich jetzt hin, in Ordnung, Sarah?«
    Ich setze mich so hin, dass die Schlafzimmertür in meinem Rücken ist, ohne den Blickkontakt zu dem Mädchen zuunterbrechen. Ich bin hier, siehst du? Du hast meine ungeteilte Aufmerksamkeit , sagen meine Bewegungen.
    »Es ist anstrengend zu reden, wenn ich hier unten sitze und du da oben stehst, Sarah«, sage ich und blinzle zu ihr hinauf. Ich deute auf den freien Platz vor mir. »Setz dich.« Ich schaue ihr ins Gesicht. »Du siehst müde aus.«
    Sie legt den Kopf auf die Seite. Wieder diese unheimliche Bewegung. Ich beuge mich vor, tätschle mit der flachen Hand den Teppichboden.
    »Komm, Sarah. Nur wir beide, sonst ist niemand da. Niemand wird hereinkommen, bevor ich es nicht sage. Niemand wird dir etwas tun, solange ich hier bin. Du wolltest mich sehen.« Ich tätschle erneut den Teppich, schaue ihr in die Augen. »Setz dich zu mir. Entspann dich. Ich halte den Mund, und wir warten hier, bis du mir sagen kannst, was du mir sagen wolltest.«
    Sie bewegt sich ohne Vorwarnung, macht einen Schritt rückwärts und setzt sich auf den Boden, mit der gleichen fließenden Eleganz wie vorhin, als sie vom Fenstersims geglitten ist. Sie ist geschmeidig wie eine Tänzerin oder Kunstturnerin.
    Ich lächle ihr beruhigend zu. »Gut, Sarah«, sage ich. »Sehr gut.«
    Ihre Augen blicken unverwandt in die meinen. Die Mündung der Browning ist unverwandt an ihrer Schläfe.
    Während ich über meinen nächsten Schritt nachdenke, fällt mir eine der Schlüssellektionen ein, die ich auf meinem Vermittler-Lehrgang gelernt habe. »Sprechen Sie, wenn Sie wollen, schweigen Sie, wenn Sie wollen. Es geht einzig und allein um Kontrolle«, hatte mein Ausbilder gesagt. »Wenn Sie es mit jemandem zu tun haben, der nicht reden will, und wenn Sie nicht wissen, welche Knöpfe Sie drücken sollen, weil Sie nicht viel über diesen Jemand wissen, müssen Sie den Mund halten. Ihr Instinkt wird Ihnen zwar sagen, dass Sie die Stille ausfüllen müssen, aber das dürfen Sie nicht. Es ist wie bei einem Telefon, das klingelt. Es macht einen verrückt, aber früher oder späterhört es auf. Das Gleiche gilt in dieser Situation. Warten Sie einfach. Früher oder später redet Ihr Gegenüber und füllt das Schweigen für Sie aus.«
    Ich schaue Sarah in die Augen, mit ruhiger, gelassener Miene, und schweige.
    Sarahs Gesicht ist ein Superlativ der Reglosigkeit, des Fehlens jeder Bewegung, geformt aus Wachs. Ihre Mundwinkel zucken nicht. Ich fühle mich wie in einem Wettstreit mit einer Schaufensterpuppe, wer von uns beiden länger starren kann.
    Ihre blauen Augen sind das Lebendigste an ihr, und selbst diese Augen erscheinen glasig, unwirklich.
    Ich betrachte das Blut an ihr, während ich warte.
    Die Spritzer auf ihrer rechten Gesichtshälfte sind länglich, als hätte ein Sturm ihr die Tropfen ins Gesicht geweht.
    Vielleicht hat jemand sie mit Blut bespritzt? Mit in Blut getauchten Fingerspitzen?
    Ihr Nachthemd sieht grässlich aus. Die gesamte Vorderseite ist blutgetränkt. Ich entdecke Flecken an den Knien.
    Als hätte sie gekniet. Vielleicht hat sie versucht, jemanden wiederzubeleben?
    Mein Gedankenzug entgleist plötzlich, als sie blinzelt, seufzt und dann wegsieht.
    »Sind Sie wirklich Smoky Barrett?«, fragt sie mit müder Stimme, voller Zweifel und Resignation.
    Sarah reden zu hören ist erhebend und unwirklich zugleich. Ihre Stimme klingt dunkel und gedämpft, älter als sie ist, und lässt die Frau erahnen, die sie einmal werden wird. Vielleicht.
    »Ja, ich

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