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Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Todeskünstler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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– Schmerz kann einen Mann auch zum Nachdenken bringen. Er kann einen Menschen nach seinem Abbild formen. Er kann ihn zu dem machen, was er selbst ist.
    Ich kenne den Schmerz, Sam. Ich habe ihn verstanden. Er hat mich Dinge gelehrt. Zum Beispiel, dass die Menschen ihn fürchten. Zugleich können sie viel mehr Schmerz ertragen, als sie glauben. Wenn ich dir beispielsweise sage, dass ich dir eine Nadel in den Arm ramme, wirst du Angst bekommen. Wenn ich es tatsächlich tue, wird der Schmerz unerträglich sein. Aber wenn ich es wieder tue, und wieder und wieder, jede Stunde, ein ganzes Jahr lang, wirst du dich daran gewöhnen. Es wird dirniemals gefallen, doch du fürchtest dich auch nicht mehr davor. Genau darum geht es.«
    Der Fremde richtete den Blick auf Sarah.
    »Ich werde diese metaphorische Nadel in Sarah stechen«, sagte er. »Wieder und wieder und wieder, Jahre über Jahre. Ich werde den Schmerz benutzen, um sie zu formen, wie ein Künstler. Ich werde sie nach meinem eigenen Bild formen, und ich werde dieses Bild ›Ein zerstörtes Leben‹ nennen, denn das wird es sein.«
    »Bitte tun Sie meiner Mom und meinem Dad nichts«, sagte Sarah. Sie war überrascht vom Klang ihrer eigenen Stimme. Sie wirkte fremd, weit entfernt und viel zu ruhig für das, was hier geschah.
    Der Fremde war ebenfalls überrascht. Er schien ihre Bitte gutzuheißen, denn er nickte und lächelte mit seinem verformten Gesicht unter der Strumpfhose. »Sehr gut! Da haben wir sie: Liebe. Ich möchte, dass du dich an diesen Augenblick erinnerst, Sarah. Du sollst ihn nie wieder vergessen, denn es ist der letzte Augenblick in deinem Leben, an dem du ohne Schmerz gewesen sein wirst, richtigen Schmerz. Glaub mir, er wird dich in den kommenden Jahren begleiten.« Er zögerte, sah ihr in die Augen. »Und jetzt wirst du still sein und zusehen.«
    Sie gehorchte, als er sich zu ihren Eltern umwandte. Noch immer fühlte sich alles wie im Traum an, neblig und undeutlich. Angst war da, Entsetzen war da, Tränen waren da, doch alles waren nur undeutliche, verschwommene Nadelstiche. Dinge, die am Horizont lauerten. Sarah musste sich anstrengen, um sie zu sehen, und sie verspürte einen heftigen Widerwillen, einen erdrückenden Widerwillen, so schwer, dass sie das Gewicht nicht zu heben vermochte.
    Sie hatte in Busters tote Augen gesehen, sie hatte geschrien, und dann war ihr Herz weggegangen. Nicht für immer, nicht weit, doch weit genug, dass sie seine Schreie nicht ständig hören musste.
    Buster …
    Ein Schmerz wartete in diesem Wort, stark genug, um eine Seele für immer herunterzusaugen. Irgendwie wusste Sarah, dass Buster nur der Anfang war. Der Fremde war mehr als eine schwarze Woge, er war ein ganzer Ozean aus Schwärze. Ein riesiges, leeres Nichts in Menschengestalt mit einer Präsenz, die stark genug war, Lichtwellen zu krümmen und die Geräusche von Lachen und Güte zu verschlucken.
    Es ist der Instinkt jeder zivilisierten Gesellschaft, Kinder vor dem Bösen zu schützen, nur verliert sie dabei mitunter eine grundlegende Wahrheit aus den Augen: Jedes Kind ist zu jeder Zeit bereit, an die Existenz von Ungeheuern zu glauben.
    Sarah wusste, dass der Fremde ein Ungeheuer war. Sie hatte diese Tatsache in dem Augenblick akzeptiert, als er Busters abgetrennten Kopf auf ihr Bett geschleudert hatte.
    »Sam und Linda Langstrom«, sagte der Fremde in diesem Moment. »Bitte hören Sie mir genau zu. Sie müssen wissen, dass der Tod unausweichlich ist. Ich werde Sie beide töten. Für Sie gibt es keine Hoffnung auf ein Überleben. Sie müssen sich vielmehr darauf konzentrieren, was Sie noch unter Kontrolle haben: Was mit Sarah geschieht.«
    Linda Langstroms Herzschlag hatte sich beschleunigt, als der Fremde gesagt hatte, dass er sie töten würde. Sie konnte nicht anders; der Wunsch zu leben war überwältigend. Doch als er ihnen sagte, dass Sarahs Schicksal noch nicht entschieden sei, hatte sie sich wieder ein wenig beruhigt. Sie hatte Sarah angeschaut, voller Angst, und dem Fremden nur halb zugehört. Jetzt richtete sie den Blick auf ihn.
    Der Fremde lächelte. »Ja. So ist es gut. Das ist eine andere Liebe als die Liebe Gottes, die wirkliche Macht besitzt. Die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind. Mütter sind imstande zu töten, zu foltern und zu verstümmeln, wenn es darum geht, ihre Kinder zu retten. Sie lügen und stehlen und prostituieren sich, um ihre Kinder zu ernähren. Darin liegt eine gewisse göttlicheErhabenheit. Dennoch ist nichts jemals so stark

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