Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
begriff, dass es vielleicht nicht der perfekte Satz gewesen sein mochte, doch es war der einzig mögliche Satz. Sie hatte ihre erste Liebe geheiratet, die Liebe ihrer Jugend. Sie hatte ihn geliebt, durch Freude und Zorn hindurch, mit küssen und Schreien. Liebe war, wo es angefangen hatte, und Liebe war, wo es enden würde.
Sie rechnete damit, dass der Fremde etwas sagen würde, dass er sich lustig machen würde über ihre letzten Worte, doch das tat er nicht. Er stand da und wartete schweigend. Beinahe respektvoll.
»Ich danke Ihnen, dass Sie sich an die Vorgabe gehalten haben«, sagte er schließlich. »Ich möchte Sarah wirklich nicht foltern.« Eine kurze Pause. »So. Nun werden wir mit dem Erwürgen anfangen. Es ist nicht so einfach, wie Sie vielleicht glauben, also hören Sie bitte genau zu, was ich Ihnen sage.«
Linda und Sam hörten dem Fremden zu, doch sie blickten sich dabei unverwandt in die Augen. Sie unterhielten sich ohne Worte. Der Fremde redete und redete und gab Linda eine kurze Anleitung, wie sie ihren Mann zu töten hatte.
»Es muss nicht schmerzhaft sein oder eine bestimmte Zeit dauern. Wenn er rasch stirbt, ist es mir auch recht. Er muss nur sterben. Sie werden sich auf diese und diese Stellen konzentrieren …« Er deutete auf Bereiche hoch an Sams Hals, in der Nähe des Kiefers. »Hier verlaufen die Halsschlagadern. Wenn Sie den Blutfluss unterbrechen, wird er bewusstlos, bevor der Mangel an Luft ihn tötet. Gleichzeitig müssen Sie Druck mit beiden Händen ausüben, um die Luftzufuhr abzuschneiden.« Der Fremde demonstrierte es, ohne Sam zu berühren. »Sie drücken so lange zu, bis er zu atmen aufhört. Ganz einfach. Ich werde ihm die Hände wieder auf dem Rücken fesseln, damit er nicht versuchen kann, sich aus Ihrem Griff zu befreien.« Der Fremde zuckte die Schultern. »So was passiert, sogar bei Selbstmördern. Ein Mann hatte sich eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und um den Hals herum mit Klebeband verschlossen, dann hat er sich die Hände mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Ich nehme an, er hat seine Meinung geändert, als das Atmen schwierig wurde. Er hat sich fast die Daumen abgerissen, so verzweifelt hat er versucht, seine Hände aus den Handschellen zu befreien. So was wollen wir hier nicht.«
Sam war sicher, dass der Fremde recht hatte. Er spürte seine Angst, weit abseits, doch allzeit präsent. Sie klopfte an seine Tür.
Kleines Schweinchen, kleines Schweinchen, lass mich rein …
Nein. Er wollte nicht sterben, das war die Wahrheit. Doch er würde sterben. Dies führt zu jenem, jenes führt zu … Und das Ergebnis ist stets das Gleiche. Rette Sarah. Du kannst nicht immer kriegen, was du möchtest. Das Leben ist ungerecht …
… und dann wirst du sterben.
Sam seufzte. Er blickte sich ein letztes Mal um. Das Wohnzimmer, die Küche, die im Halbdunkel liegende Eingangshalle davor. Sein Heim, wo er seine Frau geliebt und seine Tochter aufgezogen und seinen gerechten Kampf gekämpft hatte. Dann blickte er Sarah an, das lebende, atmende Resultat derLiebe zwischen ihm und Linda. Zuletzt schaute er Linda in die Augen. Es war ein tiefer, anhaltender Blick, und er versuchte ihr mit diesem Blick viele Dinge zu sagen und hoffte, dass sie sie verstand, oder wenigstens einen Teil davon. Dann schloss er die Augen.
Oh, Sam, nein … Linda begriff, was er tat, was er soeben getan hatte. Er hatte sich verabschiedet. Er hatte die Augen geschlossen, und sie wusste, dass er nicht vorhatte, sie wieder zu öffnen. Logik machte einen großen Teil von Sams Charakter aus. Das war eines der Dinge, die sie an ihm liebte, und es war zugleich eine der Eigenschaften, die sie immer wieder ärgerten. Er hatte diese Fähigkeit, drei Schritte in die Zukunft zu sehen und Dinge zu begreifen, während sie noch lange darüber rätselte.
Sam hatte wahrscheinlich längst gewusst, dass sie sterben würden, noch bevor der Fremde es ihnen zum ersten Mal gesagt hatte. Er hatte die Situation analysiert, hatte die möglichen Motive des Fremden abgewogen und war zu dem unausweichlichen Schluss gekommen. Seit diesem Moment hatte er nur gewartet.
»Fick dich selbst!«
Die Worte sprudelten aus Linda hervor, bevor sie sich daran hindern konnte, getrieben von Emotion, nicht von Logik. Der Fremde stockte, starrte sie an, legte den Kopf zur Seite.
»Verzeihung … was haben Sie gesagt, Linda?«
»Fick dich selbst!«, rief sie. »Ich werde es nicht tun!«
Sie sah zu Sam. Warum hatte er die Augen nicht
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