Der Todesstern
Unheimliches, Gefräßiges muß die Männer geholt haben«, nickte Robbin. »Sie hatten keine Chance.«
Fronja dachte an ihre eigenen Empfindungen. War es möglich, daß dieses Fremde auch nach ihr gegriffen hatte? »… es muß sich um einen Vorboten des Todessterns gehandelt haben.«
Herausfordernd schlug Tertish mit der flachen Hand auf ihre Klinge.
»Dann können wir wenigstens ermessen, was uns am Ziel dieser Fahrt erwartet.«
*
»Mythor«, raunten die Lebenskristalle der Brücke, in denen Caerylls Körper seit vielen Menschenaltern eingeschlossen war. »Du begibst dich in große Gefahr, Kometensohn.«
Fronja wirbelte herum, Überraschung zeichnete sich auf ihrem Antlitz ab. Auch Tertish und Lankohr reagierten erstaunt, lediglich Robbin wickelte in aller Seelenruhe eine seiner Bandagen auf.
Fronja tastete über die Kristallwand, in der der ehemalige Alptraumritter Caeryll als steinalt aber rüstig und gerüstet erschien. Sein eisgrauer, brustlanger Vollbart und seine nicht minder dichte Haarmähne verliehen ihm den Ausdruck einer elementaren Erscheinung. Caeryll bewegte sich leicht, sein Mund öffnete sich zu stummer Rede.
»Er spricht mit jemandem«, bemerkte Lankohr.
Die Wand fühlte sich jetzt warm an, als pulsiere in ihr vielfaches Leben. Fronja suchte den Blick des Alptraumritters, ohne daß es ihr jedoch gelang, seine in endlose Ferne gerichteten Augen auf sich zu ziehen.
»Mit Mythor«, stimmte sie dem Aasen zu. »Möglicherweise befindet er sich in Gefahr.«
»Caeryll«, rief Tertish dazwischen. »Wenn wir kämpfen müssen, laß es uns wissen.«
Carlumen trieb ruhig in der Mitte des Goldenen Stromes dahin. An den Ufern sah man einige Hundertschaften Krieger ziehen. Zum Teil waren die Helden beritten und vermochten deshalb mühelos mit der Fliegenden Stadt mitzuhalten.
»Mythor versucht über die DRAGOMAE-Kristalle erneut gedanklichen Kontakt aufzunehmen«, vermutete Robbin.
Fronja starrte den Alptraumritter noch immer an. Seine Augen, tiefgründig wie ein kristallklarer Bergsee, zogen sie in ihren Bann. Sie wehrte sich nicht dagegen, fühlte sie doch, daß da nichts Böses war. Die Stimmen ihrer Gefährten wurden leiser, bis sie nur noch als unverständliches Raunen an ihr Ohr drangen.
Sie verlor jegliches Zeitgefühl. Ob wenige Augenblicke vergingen oder lange Stunden, sie hätte es nicht zu sagen vermocht. Sie spürte die geistige Nähe Mythors, dann wurde sie von einem Wirbel erfaßt, der sie durch die Zeit schleuderte, hinab in die Tiefen längst vergessener Geschehnisse einer düsteren Vergangenheit. Schwer wie Blei glitten ihre Hände über die Wand aus Lebenskristallen.
Fronja stöhnte verhalten. Nur ein gelegentliches Zucken ihrer Lider verriet, daß Leben in ihr war.
»Laßt sie!« rief Lankohr aus, als Tertish und Robbin sich ihr näherten. »Ich glaube, sie führt wie Caeryll eine stumme Zwiesprache.«
*
Zu seiner Zeit war Caeryll ebenfalls dem Todesstern begegnet, doch lag das Wissen darüber längst in seiner Erinnerung verschüttet. Erst Mythors geistiger Kontakt zu ihm, durch die DRAGOMAE-Kristalle ermöglicht, ließ die Vergangenheit wiederauferstehen. Und Fronjas Fähigkeit zu träumen, verband sie miteinander.
… die Fliegende Stadt Carlumen, von vielen tapferen und in unzähligen Schlachten erfahrenen Kriegern bemannt, kreuzte hoch oben auf dem. Dach der Schattenzone, wo es eisig kalt war und Rauhreif nicht nur die Segel, sondern auch die Schwimmscholle mit einer dünnen weißen Decke überzog. Nie zuvor hatte man sich in diese gefährlichen Höhen gewagt. Träge dahintreibende Giftschwaden forderten manches Opfer, dann wieder wurde die Luft so dünn, daß man kaum atmen konnte.
Himmelssteine in unüberschaubarer Zahl zogen ihre feurigen Spuren über das dunstverhangene Firmament. Manchmal schienen selbst die Wolken zu brennen, deren schwefliges Gelb drückend auf allem lastete.
Carlumen kreuzte in gefährlichen »Gewässern«, und die geringste Unachtsamkeit konnte tödliche Folgen zeigen. Zumal auch die Dämonen das Dach der Schattenzone unsicher machten.
Ohne daß Caeryll dies hätte verhindern können, wurde die Fliegende Stadt von einer riesigen Giftwolke eingehüllt, und nur eine sich schnell verbrauchende Luftblase bewahrte die Carlumer vor dem raschen Tod.
In diesen Augenblicken der Hoffnungslosigkeit kreuzte der Todesstern ihren Weg – ein wahrhaft riesiges, bedrohliches Gebilde, dessen Anblick die Krieger frösteln ließ, das aber auch die Schwaden
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