Der Todesstern
verspürte einen stechenden Schmerz in seiner linken Schulter und handelte rein instinktiv, indem er die Arme nach vorne warf. Schon prallte er auf, stieß mit den Beinen ins Leere, während nadelspitze Felssplitter sich in seine Unterarme bohrten. Mit aller Kraft zog er sich vorwärts.
Baran sprang, als der Aborgino endlich festen Boden unter den Füßen hatte. Geschickt kam er auf und schnellte sich vom Abgrund weg. »Es tut mir leid«, sagte er. »Als das Geröll unter mir ausbrach, wäre ich selbst beinahe abgestürzt.«
Boozam nickte stumm, doch in seinen Augen glomm ein größer gewordenes Mißtrauen.
Nacheinander kamen die anderen. Selbst Gerrek schaffte den Sprung, ohne daß sein Schwanz ihm dabei hinderlich gewesen wäre. Allerdings mußte sein Zetern und Schimpfen weithin zu hören sein.
Boozam suchte nach dem Zweizack und fand ihn schließlich am Rand der Schlucht liegend. Der Untergrund war hier von Feuchtigkeit durchzogen. Sogar kostbares Wasser sammelte sich in kleinen Pfützen und füllte rasch die Fußspuren aus, die man im Lehm hinterließ.
Weiter ging es nach Süden, wo allmählich eine vollkommene Schwärze am Horizont heraufzog.
*
Der Boden wurde zusehends morastiger, zugleich nahm der bislang spärliche Pflanzenwuchs zu. Kleine, höchstens eine Handspanne messende Tiere, die in ihrem Aussehen zweiköpfigen Eidechsen glichen, flohen vor den Kriegern.
»Das ist die erste Lebensform, die nicht sofort angreift«, stellte Gerrek verwundert fest. »Man sollte es kaum für möglich halten.«
Steinmann Sadagar setzte ein recht anzügliches Grinsen auf. »Immerhin weisen sie eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Beuteldrachen auf. Möglich, daß sie in dir ihren großen Vetter erkennen.«
»Du meinst«, ergänzte Gerrek lauernd, »dann hätten sie Grund, vor uns zu fliehen.«
»Sehr scharfsinnig beobachtet«, nickte Sadagar. »Ich…« Er kam nicht weiter, weil der Beuteldrache mit geballten Fäusten auf ihn losging und er ausweichen mußte. Gerrek, den eigenen Schwung unterschätzend, stolperte. Bevor er sich herumwerfen konnte, brach der Boden unter ihm ein. Im Nu stand er bis zur Hälfte in brackigem, stinkendem Wasser, und Dutzende der kleinen Eidechsen stürzten sich von allen Seiten auf ihn. Angewidert schlug er um sich, erreichte damit aber nur, daß das faulige Naß aufspritzend über ihm zusammenschlug, während die Tiere auf seine Schultern sprangen.
»Helft mir!« schrie Gerrek. »Da ist etwas an meinen Füßen.«
»Du hast sie in ihrer Ruhe gestört.« Sadagar zuckte mit den Schultern. »Sieh zu, wie du mit ihnen fertig wirst.«
Aber dann tauchte Gerrek jäh unter und kam prustend und spuckend erst Augenblicke später wieder an die Oberfläche.
»Warte. Ich bin schon bei dir.« Sadagar warf sich der Länge nach hin und streckte dem Beuteldrachen seinen Arm entgegen. Doch Gerrek erreichte die Hand nicht. Erneut ging er unter. Inzwischen wimmelte es von Eidechsen, die auch den Steinmann angriffen, sich in seiner Kleidung und in seinen Haaren verbissen.
Boozams Zweizack klatschte neben dem Nykerier in den Morast. Er war geistesgegenwärtig genug, Gerrek den langen Schaft weiterzuschieben. Erkennen konnte er nicht mehr viel, spürte nur einen plötzlichen Widerstand und einen heftigen Ruck, der ihm fast den Arm auskugelte.
»Zieh schon!« kreischte Gerrek. »Lange kann ich mich nicht festhalten.« Eine blitzende, singende Klinge schmetterte neben dem Steinmann in den Morast. Immer und immer wieder fuhr sie zwischen die schuppigen Leiber, die schrill pfeifend von ihm abließen. Die brackige Brühe verwandelte sich in ein brodelndes Durcheinander sich windender Tiere.
Mit aller Kraft stemmte Sadagar sich gegen den trügerischen Boden. Gerreks Schultern hoben sich aus dem Moor, das ihn dann unvermittelt und mit schmatzendem Geräusch wieder freigab. Dünne, tentakelähnliche Gebilde wanden sich wie Aale um seine Beine. Aber ihre Zuckungen erlahmten sehr schnell. Nacheinander fielen sie von ihm ab; zurück blieben geschwollene, blutunterlaufene Flecken.
Zitternd stand Gerrek da und blickte an sich hinab.
»Wie sehe ich aus«, jammerte er. »Zum Fürchten.«
»Endlich weißt du es.« Sadagar hatte kaum zu Ende gesprochen, da war er auch schon gezwungen, sich vor einer mannslangen Stichflamme in Sicherheit zu bringen.
Ein Wald aus den seltsamsten Gewächsen erwartete die Krieger. Von Ferne hatte man glauben können, er sei einem Feuer zum Opfer gefallen, das nur verkohlte Stämme und
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