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Der Todesstern

Der Todesstern

Titel: Der Todesstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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mußte einen Umweg bis unmittelbar an die Grenze zur Schattenzone in Kauf nehmen.
    »Da hinunter?« ächzte Gerrek. »Dabei werde ich schwindlig.«
    »Versuche es einfach mit Fliegen«, riet Sadagar.
    Der Beuteldrache reagierte überaus gereizt. »Du weißt genau, daß diese dreimal vermaledeite Hexe vergessen hat, mir Flügel mitzugeben«, schrie er den Steinmann an. »Ich soll mir wohl den Hals brechen.«
    »Ich werde als erster gehen«, bot Boozam an. Ohne eine Erwiderung abzuwarten, ließ er sich in die Hocke nieder und schob sich langsam über den Rand des Felssturzes hinaus. Schon nach wenigen Augenblicken hatte er mit den Füßen festen Halt gefunden.
    Baran folgte ihm. Das Ende der Schlucht entzog sich jedem Blick. Vermutlich führte sie geradewegs in die Schattenzone. Es war, als hätten Götter oder Dämonen eine gut drei Schritt breite Kerbe in den Fels geschlagen. Vielleicht dreißig Mannslängen unter sich gewahrte Boozam die Fortsetzung des Weges. Sobald er auf gleicher Höhe war, würde er springen müssen; aus dem Stand heraus und ohne sicheren Halt ein gewagtes Unterfangen, denn wer den gegenüberliegenden Rand verfehlte oder abrutschte, war rettungslos verloren.
    Baran und Khoy folgten dem Schleusenwärter, dann stieg Dori, für die der Abstieg naturgemäß ein leichtes war, in die Wand ein. Gerrek sträubte sich, bis Mythor ihm damit drohte, ihn zurückzulassen.
    Der Fels war brüchig. Immer wieder brachen Steine aus und polterten gefährlich nahe an den Kletternden vorbei in die Tiefe.
    »Mehr Abstand halten!« rief Boozam zu Baran hinauf, der ihm rasch näherkam. »Das wird sonst zu gefährlich.«
    Sein Blick fiel auf ein seltsames Gebilde, keine zehn Schritt seitlich. Ein schmaler Grat, auf dem man sich verhältnismäßig leicht bewegen konnte, führte hin. Boozam stellte fest, daß dort ein weniger schwieriges Teilstück anschloß.
    Das Gebilde wirkte wie ein aus dem Fels hervorgequollener, verhärteter Tropfen von Mannsgröße. Wer hier den Abstieg fortsetzen wollte, mußte sich daran vorbeizwängen.
    Möglicherweise ließ der große Block sich losbrechen und in die Tiefe wuchten. Nachdem er einen sicheren Stand gefunden hatte, stieß Boozam mit seinem Zweizack zu. Tatsächlich entstanden rasch Risse in dem Gestein.
    Dann erschrak der Aborgino.
    Der Block brach auf, gab seinen Körper frei, den er im Tod umhüllt hatte: ein Krieger in voller Rüstung. Hilfesuchend hatte er sich an den Fels gekauert. Er mußte erstickt sein. Seine toten Augen schienen Boozam förmlich zu durchbohren.
    »Stoß ihn runter und geh endlich weiter!« forderte Baran, der mittlerweile ebenfalls auf dem schmalen Felsband stand.
    Der Schleusenwächter schüttelte den Kopf. »Der Versuch könnte für uns tödlich enden.«
    »Läßt du dich von einem Leichnam einschüchtern?«
    »Ich vertraue meiner Erfahrung. Das Auenland ist tückisch. Eine solche Warnung darf niemand übersehen.«
    »Dann laß mich vorbei.«
    »Nein.«
    Fast hätte Boozam zu spät bemerkt, daß der Fels unmittelbar über ihm eine bleiche Flüssigkeit absonderte. Barans Widerspruch lenkte ihn ab, und lediglich weil dessen Blick flüchtig nach oben schweifte, wurde er darauf aufmerksam. Ohne auch nur den Bruchteil eines Herzschlags zu zögern, sprang er zurück. Den ihn behindernden Zweizack warf er von sich.
    Baran schien nicht zu begreifen, was geschah. Jedenfalls traf er keine Anstalten, den Weg freizugeben. Zähflüssiger Schleim sammelte sich auf dem Felsband und leckte gierig nach den Füßen des Aborginos.
    »Geh zurück!« fauchte Boozam, »oder ich werde dich mit mir hinabreißen.«
    Endlich wich der Schwarzhäutige. Der stärker gewordene Schwall von Flüssigkeit versiegte, kaum daß beide den Abstieg fortsetzten.
    »Der Felsen weint«, rief Dori von oben herab. »Ich habe davon gehört, daß seine Tränen tödlich sein können, aber ich habe es nie mit eigenen Augen gesehen.«
    Etwa zwei Mannslängen über der anschließenden Ebene verharrte der Schleusenwärter. Er fand kaum ausreichende Standfläche, und es fiel ihm schwer, nicht durch eine zu hastige Bewegung den Halt zu verlieren. Der gegenüberliegende Felssturz war schroff und scharfkantig. Wenn er nicht genau aufkam, würde er sich schwere Verletzungen zuziehen. Die anderen nach ihm hatten es zweifellos leichter, zumal er ihnen Hilfestellung geben konnte.
    In dem Moment, in dem Boozam sich abstieß, polterten faustgroße Steine auf ihn herab. Sein Schwung fiel dadurch zu gering aus, er

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