Der tolle Nick
abgestiegen, einem widerlichen Loch, aber das hat uns nicht gekümmert! Dort wäre es uns beinahe an den Kragen gegangen, aber wir haben es doch geschafft. Auf einmal haben wir ein Pferd gehört – es ist in rasendem Galopp gekommen. Mein Herr hat wachsam aufgeblickt und den Degen ein wenig gezogen. Ich griff nach meinem Dolch. Eingehüllt in eine Staubwolke ritt ein Mann an unserer Herberge vorbei. Als der Staub weg war, war auch er weg. Aber ich weiß, wie ein Soldat aussieht. Wie der Teufel ist er geritten! Wie hätte er uns sonst auch überholen können! Wir sind ja nicht gerade im Schritt unterwegs gewesen, das könnt ihr mir glauben. Aber er war nicht auf unserer Spur, nein, nein! Wenn ich mich nicht täusche, war er auf dem Weg zur Grenze. Wir hätten uns ihm in den Weg stellen können, er hätte uns keine Beachtung geschenkt. Sein Auftrag war es nur, den Grenzübergang zu sperren. Ich glaube, wir hätten auf dem ganzen Weg zugeben können, wer wir sind, und es wäre uns noch besser gegangen. Für das gemeine Volk ist mein Herr ein furchtbares Schreckgespenst, sie fürchteten ihn wie die Pest. Die Granden verhalten sich übrigens nicht viel anders, soweit ich das gesehen habe! Wir haben den Weg in sieben Tagen geschafft und hätten noch schneller sein können, wenn nicht dieser Aufenthalt südlich von Burgos gewesen wäre. Irgendwie war ich froh, als wir die Poststraße nach Burgos hinter uns hatten und uns nach Nordwesten, nach Vasconosa, wandten. So konnten wir die Bluthunde abschütteln. Ihr versteht mich doch, sie ritten ja wahrscheinlich zur Grenze nach Santander, und das lag östlich von uns. Ein wilder, ein verrückter Ritt! Und ein Wunder, daß wir durchgekommen sind, das könnt ihr mir glauben!«
Gleich, ob es ein Wunder war oder nicht, sie trafen wirklich in der Abenddämmerung des siebenten Tages in Vasconosa ein. Es gab so etwas wie einen Gasthof dort, aber ansonsten nur einige elende Hütten und das Herrenhaus.
Joshua leistete gute Arbeit, während sich sein Herr des Reisestaubes entledigte und sich umkleidete. Er war gerade dabei, seinen Bart zu stutzen, als Joshua ins Zimmer trat. Der Diener stolzierte regelrecht herein und trug eine wissende Miene zur Schau.
»Ich habe einiges herausgefunden, Herr. Das Herrenhaus haben wir schon gesehen, und ich höre, daß die Familie gestern abend angekommen sein soll. Bisher hat man noch nichts von ihnen gehört. An das Haus können wir leicht herankommen, es gibt Dutzende Wege durch den Garten. In den Wachhäuschen stehen keine Wachen, und auch bei den Ställen nicht. Sie haben nichts zu befürchten, glauben sie. Anscheinend glaubt man, nichts zu befürchten zu müssen. Außer El Beauvallet!«
»Was ist mit unserer Straße?« unterbrach ihn Sir Nicholas, der sich soeben den Bart kämmte. »Hast du den Weg herausgefunden?«
»Seid unbesorgt, Herr. Über die Hügel werden wir ein Stück querfeldein reiten müssen, aber soweit ich erfahren habe, gibt es bis Villanova einen recht anständigen Weg. Wollt Ihr wissen, wie ich das in Erfahrung gebracht habe, ohne dem Schankwirt unsere Pläne zu verraten? Das war ganz einfach. Ich habe mich sehr darüber beschwert, daß es in diesem Teil der Welt keine ordentlichen Straßen gibt. Im Süden, hab’ ich gesagt, ist es viel besser. Der Dummkopf fühlte sich natürlich auf die Probe gestellt! Ha, hat er gesagt! Ich kann Euch sagen, es gibt eine Straße, die etwa zehn Meilen östlich vom Herrenhaus in die Poststraße einmündet, und eine zweite, die an einem Jagdhaus vorbei durch den Wald nach Villanova führt.«
»Villanova haben wir auf der Landkarte gefunden«, sagte Sir Nicholas. »Was ist das für ein Jagdhaus?«
»Das habe ich natürlich auch herausgefunden. Das können wir vergessen. Es ist nur ein Sommerhaus, das dieser Lackaffe Diego benützt, wenn er sich aufs Land zurückzieht – benützt für alle möglichen Dinge, wie man mir angedeutet hat. Es ist ungefähr fünf Meilen von hier entfernt, und der Pfad beginnt etwa hundert Meter von diesem Gasthof. Ich habe ihn schon ausfindig gemacht. Wenn Ihr jetzt Eure junge Dame entführen wollt, wird es wohl am besten sein, wenn ich die Pferde im Dickicht in der Nähe des Herrenhauses verberge, damit wir so rasch wie möglich auf diesen Pfad gelangen.« Er sah, wie sich Sir Nicholas eine saubere Halskrause umlegte, und meinte: »Wenn Ihr gestattet, Herr, werde ich die Falten in der Halskrause glätten. Soll ich ein drittes Pferd mit einem Damensattel
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