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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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des Königs!« flüsterte Joshua.
    Er nickte kurz. »Schnell, zerreiße deinen Mantel. Rasch!« Seine Hand ließ Doña Beatrices Schulter los und zog ein Taschentuch aus dem Ärmel. Ohne zu zögern, stopfte er es in ihren Mund. Sie fürchtete sich nicht, blickte immer noch zynisch drein und beobachtete in seltsam unbefangener Weise, wie er ruhig ans Werk ging. Der Gedanke durchfuhr sie, daß er nichts mehr mit dem Mann gemeinsam hatte, der sich in Madrid so fröhlich und elegant gegeben hatte. Jetzt sah er grausam aus. Wer heute nacht seinen Weg kreuzte, ging in den sicheren Tod.
    Joshua warf den zerschnittenen Mantel durchs Fenster. Das laute Klopfen am Vordereingang machte ihn erschaudern. »Um Gottes willen, Herr –«
    Sir Nicholas antwortete nicht. Mit raschen, entschlossenen Bewegungen band er einen Stoffstreifen um Doña Beatrices Mund. Mit einem weiteren Streifen band er ihr die Arme an den Körper. Sie leistete keinen Widerstand Und blickte ihn immer noch spöttisch an. Wenn die Männer des Königs vor der Tür standen, war es um El Beauvallet geschehen. Vom Gang her waren eilige Schritte zu vernehmen. Der Diener lief zur Vordertür, während sich Sir Nicholas niederbückte und einen Stoffstreifen fest um die weiten Röcke band.
    »Im Namen des Königs!« Von draußen war eine Stimme zu hören. Die Vordertür war also geöffnet worden.
    Sir Nicholas lachte böse. »Nun, Señora«, sagte er und hob sie auf. Sie war nicht gerade leicht, aber er trug sie ohne Schwierigkeiten zum Fenster. Der spöttische Blick war aus ihren Augen gewichen, sie blickte nun erschrocken, denn jetzt befand sie sich wahrhaftig in einer unerwarteten Situation.
    »Nimm die Dame«, sagte Sir Nicholas und hob sie aus dem Fenster.
    »Der Teufel hole Eure Tollkühnheit!« flüsterte Joshua und schwankte unter der Last. »Seid Ihr wirklich toll! Laßt uns gehen. Um Himmels willen, so kommt doch!«
    »Ich komme«, sagte Sir Nicholas und schwang sich über das Fensterbrett. Er sprang auf den Boden und nahm Joshua die schwere Last aus den Armen. Er warf Doña Beatrice über die Schulter, und dann hastete er mit Joshua eilig durch den Garten auf die Mauer und das Dickicht zu.
    »Wir sind verloren, wir sind verloren«, jammerte Joshua. »Und Ihr schleppt auch noch die Dame mit. Was soll jetzt geschehen? Wohin?«
    »Zum Jagdhaus«, zischte ihm Sir Nicholas zu. »Wir werden die falsche Dame hier im Dickicht verbergen. Ich glaube nicht, daß man sie dort so bald suchen wird.«
    Er legte Doña Beatrice auf die Mauer, kletterte hinüber und hob seine Last wieder auf.
    Er trug sie ins Gehölz, wo die Pferde standen, und setzte sie dort ab. Sir Nicholas band sein Pferd los und nahm die Zügel in die Hand. Dann blickte er noch einmal auf Doña Beatrice, die ihn wütend anstarrte. »Señora, ich bedauere Eure unangenehme Lage gar nicht. Wärt Ihr ein Mann, so hätte ich Euch getötet.«

23
    Der Pfad durch den Wald war rasch gefunden, und Beauvallet gab seinem Pferd die Sporen. Joshua hielt sich dicht hinter ihm und blickte nun gespannt in das bitter lächelnde Gesicht seines Herrn. »Herr, was ist los?« fragte er ängstlich.
    »Don Diego hält Mylady seit gestern in einem Jagdhaus gefangen«, erwiderte Sir Nicholas kurz.
    Joshua blieb der Mund offen. Nun verstand er den düsteren Ausdruck auf dem Gesicht seines Herrn. Das war wahrlich eine schlechte Nachricht! Schlimmeres hätte wohl kaum passieren können. Seine Erstarrung wich allmählich aufrichtigem Zorn. »Dieser Schurke! Dieser Gauner! Die Gurgel werden wir ihm durchschneiden!«
    Sie galoppierten den Pfad entlang. Geisterhaft ragten die Bäume gegen den Himmel. Die Pferde stürmten über den schmalen, grasbewachsenen Weg.
    »Nun, wir waren ja bisher auch nicht gerade zimperlich in der Wahl unserer Mittel«, sagte Joshua.
    Beauvallet fing ein kurzes Stolpern seines Pferdes ab und wandte sich um. »Wir stecken ganz schön in der Klemme, mein lieber Joshua!« sagte er bedeutungsvoll.
    »Wenn Ihr meine Meinung hören wollt, Herr, so tun wir das schon seit längerer Zeit!« erwiderte Joshua philosophisch.
    »Was glaubst du, wie viele Männer wir vorfinden?«
    »Genug, daß wir sie erledigen«, antwortete Joshua trocken. »Aber da wir die dicke Lady nun im Unterholz ausgesetzt haben – ich muß zugeben, daß dies ein kluger Schachzug war! – und ihr außerdem den Mund stopften, könnten wir es schaffen.«
    »Ich bin nicht so sicher«, sagte Sir Nicholas ruhig. »Sie werden mit der Suche nach ihr

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