Der tolle Nick
weit entfernt.
Joshua begann sich Sorgen zu machen. Er ritt an die Seite Beauvallets und flüsterte ihm zu: »Herr, wir werden es nicht rechtzeitig schaffen.«
Dominica hörte die geflüsterten Worte. »Dann müssen wir uns eben beeilen«, sagte sie. »Sir Nicholas muß Spanien noch heute verlassen.«
Beauvallet lachte über diese Bemerkung, und selbst Joshua lächelte. Er unterdrückte das Lächeln aber sofort und erklärte: »Die Señorita hat vollkommen recht. So schön es ist, in Spanien spazierenzureiten und Liedchen zu singen, so möchte ich Euch daran erinnern, Herr, daß Ihr ein gejagter Mann seid!«
»Du Windbeutel!« antwortete Beauvallet. »Sei versichert, daß wir einen besseren Weg geritten wären, wenn ich einen gekannt hätte. Aber gebrochene Knochen wären uns ja schließlich auch nicht dienlich! Wir werden den Hafen noch heute abend erreichen!«
Sie erreichten die Küste wirklich, aber später, als sie angenommen hatten. Sie verirrten sich im Dunkel und fanden erst nach längerer Suche wieder den richtigen Weg. Dominica hielt sich nur noch mit Mühe im Sattel und wurde manchmal, wenn es nötig war, von Nicholas’ nie ermüdendem, starkem Arm festgehalten. Aber als sie Joshua, der zwischen den großen Felsen dahinritt, fluchen hörte, mußte sie doch lachen, obwohl ihr Lachen schon etwas matt klang und sie ihre Tapferkeit nur noch vortäuschte.
Sie sahen die Lichter des kleinen Hafens in der Ferne. Sir Nicholas schnupperte. »Ich rieche das Meer«, sagte er. »Nur Mut, mein Mädchen!«
Ihr Kopf sank an seine Schulter. Mit einer Handbewegung befahl er Joshua an seine andere Seite. »Wir müssen nun vorsichtig sein«, sagte er mit leiser Stimme. »Wenn sie an alle Häfen den Befehl ausgegeben haben, niemanden ausreisen zu lassen, dann werden sie in Santander sehr wohl wissen, wo wir zu suchen sind.«
Joshua erschrak. »Mein Gott, daran hatte ich nicht gedacht. Natürlich wird man daran denken, daß Ihr dort gelandet seid.«
Von Beauvallets Schulter her erklang eine schläfrige Stimme. »Das wird man nie vergessen. Wir sind beim Gouverneur von Santander abgestiegen, als Ihr uns an Land gesetzt hattet, und er hat Böses über Euch gesagt!«
Sir Nicholas sah Joshua bedeutungsvoll an. Dieser stieß einen Seufzer aus und zuckte mit den Schultern. »Eine Abteilung von Soldaten wird uns erwarten, das kann ich beschwören. Ich habe wirklich vergessen, daß wir noch immer in der Falle sitzen.« Er blickte gegen den wolkenverhangenen Himmel. »Wie spät kann es sein? Was weiß ich. Jetzt fehlt nur noch, daß das Schiff nicht wartet. Sie würden doch wohl nicht die ganze Nacht warten. Das ist nicht anzunehmen. In der Dämmerung wird sie losfahren!«
»Dämmerung, Tollkopf?« sagte Sir Nicholas. »Wenn es viel später als elf Uhr ist, bin ich ein Dummkopf.«
»Ich bin doch nicht lebensmüde«, sagte Joshua würdevoll. Sie machten einen großen Bogen um die Fischerhäuser des Hafendorfes und ritten vorsichtig den Hügel hinunter, immer dem Rauschen des Meeres folgend.
Es war jetzt sehr dunkel. Der Weg war uneben und steinig. Sir Nicholas hielt sein Pferd an und wandte sich im Sattel um, um das Wort an Joshua zu richten. »So können wir nicht weiter. Das beste wäre, die Pferde hier irgendwo anzubinden und zu Fuß weiterzugehen.«
Joshua nickte und glitt aus dem Sattel. Sir Nicholas war ebenfalls vom Pferd gesprungen und half Dominica beim Absteigen. Ihre Füße trugen sie kaum. Sie schwankte und hielt sich an seinem Arm fest. Er wollte sie aufnehmen, aber sie schüttelte ablehnend den Kopf. »Nein, nein, ich kann schon gehen. Ich bin noch etwas steif.« Sie gingen rasch weiter; Joshua war ihnen dicht auf den Fersen und trug die Lampe, die er an diesem Morgen in Villanova gekauft hatte. Irgendwo unter ihnen schlugen die Wellen gegen den Strand. Ein steiler Weg führte hinunter.
»Zünde die Lampe an, Joshua«, sagte Sir Nicholas, der stehengeblieben war.
Joshua kniete nieder, um sie zu öffnen. Er blickte auf. »Herr, gebt mir Euren Mantel, um das Licht zu verdecken!«
Sir Nicholas nahm den Mantel von seinen Schultern und hielt ihn vor Joshua und die Lampe. Joshua nahm die Streichhölzer, ein Funken sprang auf, und der Docht fing Feuer.
Dominica war todmüde. Sie lehnte sich gegen den nächstbesten Felsen und beobachtete Joshua, wie er unter dem Schutz des Mantels mit der Lampe hantierte. Das Rauschen des Meeres klang wie ein Schlummerlied, und sie fragte sich, ob dort draußen irgendwo in der
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