Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Titel: Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
Vom Netzwerk:
um. »Herzlich willkommen.« Dann trat er zur Seite, um sie einzulassen.

[zurück]
32
    Gespannt gingen sie über die Schwelle. Simon ahnte, wo sie waren: Das hier war ein Bunker, ein Schutzraum für die Bewohner der Stadt. Jetzt schützte er die Kinder, die hier vor Drhans Soldaten Zuflucht gefunden hatten.
    Der Bunker war groß und hell erleuchtet, mit einem breiten Hauptgang, der in die Tiefe der Anlage führte. Simon konnte das Ende nicht erkennen. Türöffnungen gingen links und rechts von ihm ab. Überall waren Kinder und Jugendliche, sie liefen durcheinander oder hockten auf dem Boden, sie unterhielten sich und lachten, die ganz Kleinen spielten. Simon warf einen Blick in die Räume, an denen sie vorbeigingen. Dort hatten die Bewohner so etwas wie Wohnungen eingerichtet, mit Betten und Zwischenwänden aus Tüchern, die an Leinen aufgespannt waren. Auch hier waren Kinder, sie saßen auf den Betten oder an Tischen, manche kochten Essen, andere verrichteten Arbeiten. Es mussten Hunderte sein, die hier lebten. Alle, denen sie begegneten, starrten sie erstaunt an, doch niemand sagte etwas.
    »Wo bringst du uns hin?« Ira war neugierig, sie ging jetzt neben dem Rothaarigen, der sie durch den Bunker führte.
    »Ich zeige euch, wo ihr bleiben könnt. Und dann sehen wir weiter.« Er wandte sich ab und beschleunigte seinen Schritt.
    Ira eilte ihm nach. »Und warum lebt ihr hier unten? Woher kommen die ganzen Kinder?«
    Der Rothaarige schwieg.
    Ira versuchte noch ein paarmal, eine Frage zu stellen, doch Simon wusste, der Junge würde keine davon beantworten. Er misstraute ihnen noch immer.
    Als sie an einem der Räume vorbeigingen, stutzte Simon. Das Zimmer war leer, anders als die vielen anderen, an denen sie vorbeigekommen waren. Nur ein kleiner, vielleicht acht Jahre alter Junge saß auf dem Boden und spielte versunken mit einem Metallring, den er auf einem Teller kreiseln lies, wieder und wieder.
    Simon blieb stehen und betrachtete den Jungen fasziniert. Irgendetwas war an ihm, das Simon anzog, er konnte nicht genau sagen, was es war. Er betrat den Raum, ging langsam näher. Der Junge schien ihn nicht zu bemerken.
    »Simon!« Iras Stimme tönte durch den Gang, sie suchte ihn. Er beachtete ihren Ruf nicht, sondern ging weiter auf den Jungen zu, bis er direkt vor ihm stand. Er zögerte, dann hockte er sich neben ihn.
    Der Junge ließ unbeirrt den Ring kreiseln.
    Überraschte Rufe waren von der Tür zu hören, Schritte, aufgeregte Stimmen. Simon bemerkte sie nicht. Er hatte nur Augen für das Kind.
    Er hob seine Hand.
    Das Raunen, das von der Tür aus in den Raum drängte, schwoll an. Dann wurde es still.
    Vorsichtig berührte Simon den Arm des Jungen. Der Junge erstarrte. Der Ring auf dem Teller kreiselte, bis er in immer engeren Kreisen tanzte und schließlich zur Ruhe kam.
    Niemand sagte etwas, Simon hörte nur das aufgeregte Atmen der Kinder, die sie von der Tür aus beobachteten.
    Der Junge schaute auf. Sein Blick ruhte auf Simon. Er wirkte erstaunt, so als könne er nicht fassen, dass dort jemand saß und ihn ansah.
    Simon rührte sich nicht. Er spürte, dieser Moment war besonders.
    Nun hob auch der Junge seine Hand. Er strich über Simons Arm und betrachtete danach seine Fingerspitzen, so als wäre er überrascht über die Berührung. Er lächelte, sah auf und griff behutsam nach Simons Haar. Vorsichtig, jedem Haar nachfühlend, ließ er es durch seine Finger gleiten.
    Dann, ohne ein Wort, nahm der Junge wieder den Ring in seine Hand und ließ ihn auf dem Teller kreiseln.
    Simon hörte Schritte, der Rothaarige stand hinter ihm. »Komm.«
    Gemeinsam verließen sie den Raum. Eine Traube von Kindern stand im Eingang und starrte Simon verblüfft an. Das, was gerade geschehen war, musste etwas Außergewöhnliches gewesen sein.
    Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinanderher. Es war der Rothaarige, der die Stille zwischen ihnen brach. »Ich heiße Philipp. Aber alle nennen mich Philja.« Er lächelte kurz und sagte danach nichts mehr, bis sie ihr Ziel erreichten.
    Die Räume, zu denen Philja sie brachte, lagen im hinteren Bereich der Anlage, gleich neben einem weiteren Ausgang. Die Tür war eingestaubt, die Kinder hatten das Rad, mit dem man die Riegel zurückkurbeln konnte, mit einer Kette gesichert. Offenbar wurde der Ausgang nicht benutzt. In diesem Teil des Bunkers lebten die Jugendlichen der Gemeinschaft. In den Gängen war es ruhiger, auch die Schlafräume waren nicht so voll und trubelig wie im vorderen Teil

Weitere Kostenlose Bücher