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Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Titel: Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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überheblich gewirkt. Jetzt wirkte er unsicher, und das war viel sympathischer als sein überheblicher Auftritt vor dem obersten Ratsherrn.
    Erwartungsvoll sah Simon ihn an. Auch Ira, Ashakida und Philja hörten gespannt zu.
    »Es war vor fünf Wochen«, begann das Pickelgesicht seinen Bericht, »nach einer Ratssitzung hier in der Windhalle. Ich war auf dem Heimweg. Und da habe ich ihn gesehen.« Der Jugendliche warf einen scheuen Blick zu Philja. Er habe sich vor einem Trupp Soldaten verstecken müssen, erzählte er weiter, und dabei habe er aus seinem Versteck beobachtet, wie die Soldaten einen Mann durch die Gänge geführt hatten. »Er war schon sehr alt, mit grauen Haaren und so. Und mit diesem Fleck hier am Hals. Und er war kein Schläfer!«
    »Woran hast du das gemerkt?«
    »Er hat sich gewehrt. Und er hat geredet, er hat die Soldaten beschimpft. Kein Schläfer macht so was.«
    Simon versetzte es einen kurzen Stich. Bis jetzt hatte er sich nur vorgestellt, wie der Hüne seinen Großvater zur Mauer gefahren hatte, mit dem Wagen, in dem auch er eingesperrt gewesen war. Jetzt kam das Bild hinzu, wie die Soldaten seinen Großvater durch die Stadt gezerrt hatten.
    »Wo haben sie ihn hingebracht?«, fragte Ashakida.
    »In den alten Bahnhof«, antwortete das Pickelgesicht. Dort habe er die Soldaten beobachtet.
    Simon erinnerte sich, dass ihm seine Mutter bei ihrem gemeinsamen Besuch in der Stadt das historische Bahnhofsgebäude gezeigt hatte. »Wo genau hast du meinen Großvater gesehen?« Der Bahnhof hatte sehr groß gewirkt.
    »In der großen Halle. Dort, wo der Stundenfluss fließt.«
    Der Rothaarige sog die Luft durch seine Zähne. Er wirkte überrascht. »Du warst in der Haupthalle? Du weißt, dass Libor das verboten hat.«
    »Es ist der schnellste Weg nach Hause«, entgegnete das Pickelgesicht.
    »Und du glaubst«, fragte Simon, »dass mein Großvater dort ist?«
    Das Pickelgesicht zögerte. »Nein. Ich vermute, er ist in der Quelle.«
    »Die Quelle?« Simon runzelte die Stirn.
    »So nennen wir den Hochhausturm, der hinter der Bahnhofshalle steht«, erklärte Philja.
    Ashakida schlich um das Pickelgesicht herum, sie beobachtete ihn misstrauisch. Simon konnte ihren Argwohn deutlich spüren. »Woher willst du das wissen?«
    Der Jugendliche verstand die Frage nicht. »Was meinst du?«
    »Na, dass Simons Großvater in diesem Turm ist.«
    »Weil ich gesehen habe, wie sie ihn dort hingebracht haben.«
    Der Schwanz der Leopardin peitschte hin und her. »Aber wie kannst du gesehen haben, dass er in den Turm gebracht worden ist, wenn du doch in der Bahnhofshalle warst?«
    Jetzt verstand das Pickelgesicht, was die Leopardin störte. »Ich weiß es, weil sie von der Bahnhofshalle in den Stundentunnel gegangen sind.«
    Ira mischte sich ein. »Was ist das, der Stundentunnel?«
    Das Pickelgesicht erklärte, dass sich durch diesen Tunnel der Stundenfluss in die Bahnhofshalle stürzte, jede Stunde, daher sein Name. »Wir glauben, dass der Fluss in dem Hochhaus hinter dem Bahnhof entspringt. Darum nennen wir den Turm auch ›Quelle‹.«
    Philja nickte bestätigend
    »Gut.« Simon richtete sich auf. »Bring uns zu diesem Stundentunnel.«
    Unsicher sah das Pickelgesicht zu Philja. Er zögerte. Dann schüttelte er den Kopf. »Das kann ich nicht.«
    »Aber wieso nicht?«
    »Libor hat es verboten.«
    Ira zuckte mit den Schultern. »Er muss es ja nicht erfahren. Außerdem warst du schon einmal dort.«
    Wortlos senkte der Jugendliche seinen Blick. Simon spürte, das Pickelgesicht würde sich nicht umstimmen lassen, und er gab Ira ein Zeichen, es nicht weiter zu versuchen. Schweigend sahen sie zu, wie der Junge den Raum verließ.
    In der Tür drehte sich das Pickelgesicht noch einmal um. Er blickte Philja an. »Verrate mich bitte nicht. Also, dass ich im alten Bahnhof war. Wenn Libor das erfährt, flieg ich aus dem Rat.« Er lächelte verlegen. Leise schloss er die Tür hinter sich.
    Einen Moment lang war es still. Simon seufzte. »Du darfst uns auch nicht zu diesem Stundentunnel führen, richtig?« Er wandte sich dem Rothaarigen zu. »Weil Libor es verboten hat.«
    Philja nickte mit dem Kopf.
    »Aber den Weg darfst du uns erklären.«
    »Das schafft ihr nicht, ohne dass euch jemand führt.«
    »Ich werde es versuchen.«
    Philja sah ehrlich erschrocken aus. »Aber das ist viel zu gefährlich!«
    Doch Simon war fest entschlossen, seinen Großvater zu suchen. Wenn ihm Philja nicht helfen wollte, dann würde er eben alleine gehen. Als er

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