Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt
sich ein großer Raum mit niedriger Decke und Wänden aus Beton. Es war eine Tiefgarage. Verstaubte Autos standen in den Parkbuchten.
Sie schlossen die Klappe, dann führte der Rothaarige sie quer durch die unterirdische Garage. Sie liefen minutenlang, der Raum war lang gestreckt und sehr groß. Endlich erreichten sie die andere Seite. Ein rostiger Schrank stand dort, neben einer Metalltür ohne Klinke. Philja öffnete den Schrank und holte für jeden von ihnen einen langen grauen Mantel heraus. »Zieht das an.« Für die Leopardin nahm er eine Decke aus einem der Fächer, sie war aus dem gleichen grauen Stoff gewebt.
Ira griff sich erstaunt ihren Mantel. »Wofür brauchen wir das?«
»Damit man uns nicht erkennt.«
»Aber hier ist doch niemand.« Simon wies auf die verlassene Tiefgarage.
»Hier nicht. Aber oben.« Ohne Simons Reaktion abzuwarten, drückte Philja auf einen Knopf neben der Metalltür. Es krachte in einiger Entfernung, dann war ein Knirschen zu hören, das lauter wurde und schnell näher kam. Erst jetzt begriff Simon, was sich hinter der Tür verbarg: ein Fahrstuhl. Überrascht sah er den Rothaarigen an. »Du willst nach oben? An die Oberfläche?«
Philja grinste nervös. »Ich hab ja gesagt, dass es gefährlich wird.«
Ein heller Glockenschlag ertönte. Erschrocken fuhr Ira herum. In der gleichen Sekunde öffnete sich die Fahrstuhltür und eine wenig Vertrauen erweckende Fahrstuhlkabine tauchte vor ihren Augen auf.
»Was ist das?« Ira betrachtete den Aufzug mit großen Augen. Das Deckenlicht im Inneren der Box flimmerte trübe.
Simon erklärte ihr die Funktion eines Fahrstuhls, während sie die Kabine betraten. Ira hörte schweigend zu und beobachtete misstrauisch, wie sich die Tür wieder vor ihnen schloss.
Philja knöpfte seinen Mantel sorgfältig zu und setzte die Kapuze auf. Dann half er Ashakida, ihr Fell mithilfe der Decke zu verbergen. Nur ihr Kopf und der Schwanz schauten unter dem Überwurf hervor. Auch Ira und Simon zogen ihre Mäntel an.
»Jetzt passt gut auf: Egal, was passiert, bleibt ruhig. Redet nicht, bewegt euch nicht schnell. Niemals rennen, außer ich sage es euch. Habt ihr das verstanden?« Fragend blickte Philja in die Runde.
Sie nickten, Ashakida knurrte zustimmend.
Philja drehte sich um und legte seinen Finger auf den obersten Knopf. Er zögerte, dann drückte er kräftig.
Es knallte und die Kabine begann sich zu bewegen. Ira schrie kurz auf. Simon tastete nach ihrer Hand. Er spürte, sie war froh, dass er bei ihr war, und auch nachdem der erste Schrecken vorbei war, ließ sie ihn nicht los.
Ruckelnd fuhr der Fahrstuhl durch den Schacht. Die Knöpfe auf der Anzeigetafel neben der Tür leuchteten, erst der unterste, dann sprang das Licht weiter nach oben, Stockwerk für Stockwerk, bis der oberste Knopf aufglühte. Es krachte erneut, der Fahrstuhl bremste ab und wieder ertönte die Glocke. Schließlich stand die Kabine still. Alle hielten den Atem an. Mit einem langen hohen Quietschen glitt die Tür vor ihnen zurück.
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38
Das Erste, was sie sahen, war Nebel. Dann rochen sie den trüben Dunst, der sich in die Fahrstuhlkabine wälzte. Nur mit Mühe unterdrückte Simon einen Hustenreiz. Auch die anderen sogen ächzend die Luft in ihre Lungen. Nur Philja schien der Gestank nichts auszumachen. Er warf ihnen einen kurzen Blick zu, dann zog er noch einmal die Kapuze zurecht und trat aus dem Fahrstuhl. Sie folgten ihm.
Langsam gingen sie die Straße hinab. Philja hatte den Kopf gesenkt und sie machten es ihm nach. Wie verabredet, vermieden sie hastige Bewegungen. Vorsichtig sah sich Simon um. Sie befanden sich in einer Straßenschlucht im Zentrum der Stadt, links und rechts reckten sich gewaltige Hochhaustürme in den Himmel. Die Spitzen der Türme verschwanden in den Dunstschwaden, die durch die Straßen waberten. Der stinkende Nebel kam aus niedrigen Gebäuden, die sich zwischen die Wolkenkratzer quetschten und die bis auf die Lüftungsschlitze keine Fenster hatten. Auch aus manchen der Hochhäuser kam Qualm, er strömte aus Lüftungsöffnungen und manchmal auch aus mit Gittern gesicherten Fenstern. Jetzt verstand er, warum die Mäntel sie schützten. Der graue Stoff hatte fast die gleiche Farbe wie der Qualm, und schon nach wenigen Metern Abstand verschmolzen die Mäntel mit dem Dunst und waren kaum noch zu sehen.
»Was ist hier los?«, wisperte Ira. »Wo kommt der Qualm her?«
Philja schüttelte unwillig den Kopf und antwortete nicht.
Dann sahen sie den
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