Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt
Wände bestanden aus matt glänzendem Metall und sie waren durchlöchert, überall mündeten Lüftungsschächte in das Innere. Balkone wie der, auf dem sie standen, verbanden die Schachteingänge miteinander, Treppen und schmale Leitern führten von Ebene zu Ebene. Simon kam sich winzig vor.
Ashakida knurrte und wies zur Decke. Simon blickte hinauf und auch Ira legte den Kopf in den Nacken: Vier riesige Propeller rotierten dort oben in gewaltigen Rohröffnungen und bliesen Luft in die Halle. Ihr Brummen erfüllte den Raum. Sie kniffen die Augen zusammen. Die rotierenden Propellerflügel zerhackten das Licht, das durch die Rohröffnungen von außen in den Raum fiel. Geblendet hob Simon die Hand über seine Augen. Der Wind, den die Rotoren in die Halle hinabschaufelten, zerrte an ihren Kleidern.
»Kommt!« Philja lief an der Balustrade entlang, kletterte behände auf einer der Leitern zwei Ebenen tiefer und steuerte eine unscheinbare Tür an, die neben zwei staubblinden Fenstern in der Wand eingelassen war. Die anderen kletterten ihm nach.
»Wir sind da. Beeilt euch, bitte!« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sich Philja um und trat durch den Eingang.
Hinter der Tür öffnete sich ein kleiner Raum, zumindest hatte Simon im ersten Moment diesen Eindruck. Doch der Raum war nicht wirklich klein, er kam ihm nur nach der gewaltigen Halle dort draußen winzig vor. Bestimmt war er größer als die Pausenhalle seiner ehemaligen Schule, und die war wirklich groß gewesen.
Neugierig sah er sich um. Sie befanden sich in einem Kontrollraum, vermutlich die Steuereinheit, von der aus die Belüftungsanlage überwacht werden konnte. Doch es leuchtete kein Licht, es glühte kein Knopf, die Anzeigen an der Wand waren dunkel und bewegten sich nicht. Überall lag Staub, an den lang gestreckten Pulten hatte lange niemand mehr gesessen. Einige der Stühle waren umgestürzt.
Interessiert trat Simon näher. Das Pult und die Kontrollwand wirkten irgendwie klobig. Nirgendwo sah er Computerbildschirme, dafür viele Regler und Schalter und außerdem Anzeigen mit Zeigern, die sich hin- und herbewegen konnten und die nun regungslos auf der Startposition verharrten. Die Anlage musste sehr alt sein.
»Was ist das hier?« Ira hatte so etwas noch nie gesehen.
Simon kam nicht dazu, ihr zu antworten: Philja war in der Tür zum Nebenraum stehen geblieben, er sah ungeduldig zu ihnen zurück. »Jetzt kommt schon!« Eilig ging er weiter. Sie folgten ihm.
Ein kleiner Zwischenflur schloss sich an, dahinter öffnete sich ein weiterer fensterloser Raum. Stimmengemurmel drang durch den Spalt der angelehnten Tür.
Philja blieb stehen und sah zu ihnen zurück. Dann holte er tief Luft und zog die Tür auf.
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35
Das Gemurmel erstarb, als sie den Raum betraten. Sie befanden sich in einem lang gestreckten Saal, es war ein Konferenzraum mit einem ovalen Tisch in der Mitte und gepolsterten Stühlen. Eine große messingverzierte Lampe glühte an der Decke. Auf den Plätzen rund um den Tisch saßen Kinder und Jugendliche, sie hatten leise miteinander gesprochen, jetzt drehten sich alle um und blickten die Neuankömmlinge an. Vor allem Ashakida weckte die Aufmerksamkeit der Anwesenden. Niemand von ihnen hatte jemals zuvor einen Schneeleoparden gesehen.
Philja entschuldigte sich in die Stille hinein, dass sie zu spät gekommen waren, und huschte auf den Platz, der für ihn an dem Tisch frei gehalten worden war. Dann wies der Rothaarige auf Simon. »Das ist er.« Er verstummte schüchtern.
Keiner sagte ein Wort, alle sahen Simon an.
»Du musst was sagen«, flüsterte Ashakida.
Hilflos blickte Simon zu Ira, doch die zuckte nur mit den Schultern. Simons Mund wurde trocken. Vor vielen Menschen zu reden, war nicht seine Stärke. Er trat an das freie Kopfende des Tisches und räusperte sich. »Hallo. Ich bin Simon.«
»Das wissen wir schon.« Ein Jugendlicher, vielleicht siebzehn Jahre alt, war aufgestanden. Er war dunkelblond und groß und hatte raspelkurz geschnittene Haare. Ein Lederarmband umspannte sein rechtes Handgelenk. Er schien der oberste Ratsherr zu sein, denn seine Stuhllehne war ein kleines Stückchen höher als die der anderen.
»Du bist Libor«, rutschte es Simon heraus.
Der Dunkelblonde musterte ihn kühl und seine Mundwinkel bogen sich etwas nach unten. »Sieh an. Du bist ja gut informiert.« Er sah vorwurfsvoll zu Philja, der ein wenig tiefer in seinen Stuhl rutschte. »Was hast du ihm noch alles von uns verraten?«
Philja rappelte
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