Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
sprechen«, meldete Ose. »Du sollst einfach in sein Geschäft kommen und Lebensmittel kaufen, das ist am unauffälligsten.«
»Der Laden befindet sich in der Friedrichstraße, ich kenne ihn. Ich habe da nur noch nie eingekauft, dachte immer, er sei vor allem für die Gäste. Und entsprechend teuer.«
»Das stimmt auch. Ich bringe dich rein.«
Asmus schmunzelte. Aber Ose meinte es ernst, und sie machten sich sofort auf den Weg.
Es hatte etwas von Konspiration an sich, wie Ose Asmus vor sich herschob, dem Ladenbesitzer unauffällig einen Wink gab und dann wieder auf die Straße zurückkehrte. Die war für den Besuch des Politikers Bauer bereits geschmückt. Fahnen und Girlanden waren an den meisten Geschäften aufgehängt, allerdings nicht bei Sibbersen.
Asmus entschied sich für zwei Flaschen Bavaria-Bier, bis Sibbersen ihm Rebellenbock aus Husum vorschlug.
»Sie kennen es vermutlich nicht. Wenn Sie mir nach nebenan folgen, können Sie dieses Starkbier verkosten, ich habe gerade eine Flasche geöffnet«, schlug Sibbersen einladend vor.
Der Kaufmann, mit grauem Haar und vielen Furchen im Gesicht, starrte Asmus aus hellblauen Augen an, derenBlick etwas Zwingendes an sich hatte. Kein Zweifel, er wollte Asmus dringend unter vier Augen sprechen, ohne dass das junge Mädchen neben ihm sowie die Dame, die sie bediente, mithören konnten. »Es ist zwar früh am Tage, aber wer frei hat, darf auch mal über die Stränge schlagen«, meinte Asmus zustimmend.
Die Dame im kurzen Nerzjäckchen giggelte geziert, während sie die Qualität von Knochen begutachtete, bevor diese für ihren missgelaunten, leise knurrenden Mops eingepackt werden durften.
Asmus folgte dem Ladenbesitzer in das Lager, wo er sich umsah, während Sibbersen sich vergewisserte, dass die Tür fest geschlossen war.
Sibbersen schien ähnlich gelaunt wie der Mops. »Sie wollen meinen Sohn sprechen?«, erkundigte er sich finster. »Ist es die alte Geschichte, die Sie nur aufrollen wollen, weil Sie neu auf Sylt sind?«
»Alte Geschichte?« Asmus war ahnungslos.
»Hat man Ihnen nichts über meinen Sohn erzählt?«
Asmus schüttelte den Kopf. »Auch wenn er gestohlen oder gemordet hätte – mir ist gar nichts über ihn bekannt. Ich wollte ihn wegen seiner Bemerkung bei einer Versammlung der DNVP sprechen.«
Sibbersen schnitt eine Grimasse. »Cord ist nicht zu belehren. Kaum ist er zurück, hat er schon wieder die Polizei am Hals.«
»Sie sind ganz auf dem Holzweg, Herr Sibbersen«, erklärte Asmus unverblümt. »Ich dachte, Ihr Cord könnte mir mit einer Auskunft helfen. Er schien mir sehr sachkundig auf dem Gebiet, um das ich mich als Polizist zu kümmern habe.«
»Er ist nicht hier, sondern in Frankfurt.«
Asmus horchte auf. »Ich dachte, er studiert in München.«
Sibbersen gab ein kurzes Lachen von sich, das sich höhnisch anhörte. »Würde er nur studieren! Allerdings nicht in München. Soviel Verstand hat er gerade noch, dass er nicht in die Höhle des Löwen geht.«
»Jetzt klären Sie mich doch bitte auf, bevor ich in denJournalen nachforschen muss, was man Ihrem Sohn vorwirft«, verlangte Asmus ärgerlich.
»Er ist ein Urning, wie diese Männer sich selbst bezeichnen«, erklärte Sibbersen müde. »Hier auf Sylt hat er es nicht mehr ausgehalten. Er studiert nicht, er lebt sein Leben aus, so wie er es versteht. Ich muss ihn finanziell unterstützen.«
Dieses Bekenntnis verschlug Asmus die Sprache, aber jetzt verstand er den Kaufmann endlich. Nicht überall wurden homosexuelle Männer entsprechend dem Paragraphen 175 sofort bestraft, es gab auch tolerante Städte, zu denen Berlin und Frankfurt gehörten, beide das Gegenteil von München. »Herr Sibbersen, das tut mir ungeheuer leid, auch, dass Sie sich womöglich jetzt von mir zu diesem Geständnis erpresst fühlen könnten.« Er machte eine Gedankenpause. »Cord schien mir sehr genaue Kenntnis zu womöglich illegaler Bautätigkeit von Fremden in den Naturschutzgebieten zu haben, und darüber wollte ich mit ihm sprechen. Ich bin gewissermaßen der Beschützer der neuen Naturschutzgebiete. Cords Privatleben interessiert mich nicht.«
Bonde Sibbersen lächelte befreit. »Sie beweisen guten Instinkt. Cord hielt nie viel von gewöhnlicher Arbeit, er streifte bevorzugt in Ämtern, Ministerien und Archiven herum, um sich dort in interessanten Akten zu vergraben. Auf diese Weise hat er eine Menge an einschlägigem Wissen über die Bautätigkeit auf Sylt erworben und daraus kein Hehl gemacht. Er
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