Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
Vom Netzwerk:
hatte er Miesmuscheln gesammelt, wahrscheinlich für einen Auftraggeber auf dem Festland, und die Eimer würden mit der Morgenfähre weiterreisen.
    Asmus fuhr in Uniformhose, Hemd und Jacke hinein und schlenderte zum Fährhaus hinüber, in das Jörn verschwunden war. Dort begann er, die Fahrpläne zu studieren.
    Es dauerte nicht lange, bis Jörn wieder herauskam. Das monotone Pfeifen, das er auf den Lippen hatte, versiegte, als Asmus auf ihn zutrat.
    »Moin, moin, ich wollte gerne einmal mit dir sprechen, Jörn.« Asmus lächelte freundlich, während er den jungen Mann betrachtete. Den entstellte ganz gewaltig eine Hasenscharte, die von der Oberlippe bis zur Nase reichte und auf der linken Wangenseite auslief. Das linke Auge schielte, und es war nicht zu erkennen, wohin es gerichtet war.
    »Hä«, hackte Jörn heraus.
    »Du weißt bestimmt, wer ich bin – der Schupo, der auf seinem Boot wohnt.«
    Jörn nickte eifrig, während seine Augen Verständnis signalisierten.
    »Ich glaube auch, dass du öfter als jeder andere zwischen Keitum und Munkmarsch am Ufer entlang wanderst. Hast du jemals etwas Ungewöhnliches bemerkt?«
    »Hä?«
    Viel verstand Jörn nicht. Asmus versuchte es nochmals. »Manchmal treiben sich hier nachts Leute umher. Sie könnten Böses wollen. Weißt du etwas davon?«
    Dieses Mal hatte Jörn die Frage begriffen. Er schüttelte vehement den Kopf. »Niemand böse«, murmelte er und nahm die Hacken in die Hand, als ob er Angst vor Asmus hätte.
    Asmus sah dem Mann unschlüssig nach, der das Hafenbecken umrundete und sich wie üblich auf den Heimweg nach Keitum machte. Noch in Sichtweite tat Jörn etwas Seltsames – er hechtete der Länge nach ins hohe Gras. Als er wieder auftauchte, hatte er eine Ente in den Händen, der er geschwind durch Ringeln das Leben ausblies. Vermutlich seine nächste Mahlzeit, dachte Asmus, aber dann schmetterte Jörn den Kadaver auf den Boden und trampelte auf ihm herum. Keine Jagdbeute – pure Wut.
    »Hast du dem Jörn Angst gemacht?«, fragte der Werftbesitzer, der gleich darauf in Asmus’ Sichtfeld geriet, als er um die Ecke seines Schuppens bog.
    »Offensichtlich«, bestätigte Asmus vergrätzt. »Aber deswegen muss er doch nicht einen Mord an einer Ente begehen, dem ich gerade zusehen musste. Ich frage mich, wie viel er überhaupt begreift.«
    »Er benimmt sich manchmal seltsam. Landläufig gilt er als dumm und zurückgeblieben.« Bahnsen legte eine nachdenkliche Pause ein. »Ich dachte das zuweilen auch. Aber ich frage mich schon lange, ob es wirklich stimmt. Bisweilen kommt mir der Verdacht, dass er womöglich Dummheit geschickt als Waffe einsetzt. Niklas, ich muss weiter, die Fähre läuft gleich ein. Ich erwarte einen neuen Motor.«
    Asmus drehte sich um. Tatsächlich. Die Fähre umrundete gerade die Mole. Auf dem Ober- und Unterdeck der Frisia standen an der Reling dicht an dicht die Gäste, und die erwartungsvollenSchreie von erstaunten Kleinkindern übertönten sogar das Gekreisch der Möwen, die im aufgewirbelten Wasser neben den Schaufelrädern nach Futter suchten. Er lächelte skeptisch, während er über Bahnsens letzte Bemerkung nachdachte, die ihn außerordentlich erstaunte.
    »Sie haben Böhrnsen natürlich noch nicht aufgespürt!«, schnauzte Sinkwitz übelgelaunt, als sich Asmus am nächsten Tag wieder einmal in der Wache blicken ließ.
    »Nein.«
    »Und das melden Sie mir so einfach ins Gesicht?«
    »Wohin sonst, Hauptwachtmeister Sinkwitz?«
    Über die Schulter seines Vorgesetzten hinweg sah Asmus Lorns, der ihm signalisierte, dass im Augenblick äußerste Vorsicht geboten war.
    Asmus fiel ein, dass an diesem Tag der Politiker erwartet wurde. Wahrscheinlich waren alle Beteiligten an seinem Empfang, dem Umzug und dem anschließenden Festessen hochgradig nervös. Er beschloss, ein wenig zur Beschwichtigung beizutragen. »Auf Sylt ist Böhrnsen wohl nicht mehr. Es gibt Indizien, dass er sich von Hörnum aus abgesetzt hat. Vielleicht nach Langeneß zu seinen Verwandten.«
    »Möglich ist es«, stimmte Matthiesen eifrig zu. »Ein Vetter von ihm hat dort einen vergleichsweise ansehnlichen Hof. Verdient mit der Lieferung von Butter und Strickstrümpfen nach Föhr immerhin Bargeld.«
    »Heute fahren Sie jedenfalls nicht dorthin, Asmus«, schnarrte Sinkwitz, der sich kaum beruhigen ließ. »Heute sind Sie verantwortlich für die Sicherheit des Abgeordneten Bauer und seiner Begleitung. Sie und Matthiesen: auf der Straße in Uniform, beim Bankett in

Weitere Kostenlose Bücher