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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Fidelma über die Großspurigkeit des Jünglings ärgerte.
    Crítán ließ sich von ihrer Frage nicht beirren.
    »Was du willst, Schwester. Schwert, Lanze oder Bogen. Ich war es, der nach Cashel geschickt wurde, um den König zu benachrichtigen. Ich glaube, er war von mir beeindruckt. Ich habe vor, in seine Leibwache einzutreten.«
    »Weiß der König von Cashel schon von deiner Absicht?« fragte sie. Fidelma verzog keine Miene. Man merkte ihr nicht an, ob die Frechheit des Jünglings sie belustigte oder ärgerte. Eadulf folgerte, daß sie ihn verachtete.
    Crítán hörte den Spott nicht aus ihrer Stimme heraus.
    »Ich hab es ihm noch nicht gesagt. Aber wenn ihm mein Ruhm bekannt wird, dann wird er mich in seinen Dienst nehmen.«
    Fidelma merkte, daß Dubán das Prahlen seines Untergebenen peinlich war.
    »Dubán, ich möchte mit dir sprechen.« Sie nahm ihn beiseite und ignorierte die gekränkte Miene des Jünglings.
    »Du weißt, daß ich Anwältin bei Gericht bin?«
    »Davon habe ich gehört«, bestätigte der Kommandeur der Leibwache. »Die Nachricht von deinem Kommen ist im rath allgemein bekannt.«
    »Gut. Ich möchte Móen sehen.«
    Der Krieger wies mit dem Daumen über die Schulter auf die geschlossene Stalltür.
    »Er ist da drin.«
    »Das hat man mir gesagt. Ich möchte dich noch darüber befragen, wie du die Leiche Teafas gefunden hast, aber im Augenblick möchte ich mich mit Móen befassen. Hat er irgend etwas gesagt, seit ihr ihn gefangengesetzt habt?«
    Dubáns verwirrte Miene verblüffte sie.
    »Wie sollte er?«
    Fidelma verkniff sich ihre Antwort und entschied, es sei besser, erst Móen zu sehen, ehe sie weitere Erkundigungen einzog.
    »Macht die Tür auf«, ordnete sie an.
    Dubán winkte seinem angeberischen Untergebenen, ihren Befehl auszuführen.
    Im Stall war es dunkel und feucht, und es stank.
    »Ich hole eine Lampe«, sagte Dubán entschuldigend. »Wir haben keinen anderen Platz für Gefangene, deshalb haben wir die Pferde, die Eber hier hielt, raus gebracht auf die Weide und den Stall zum Gefängnis gemacht.«
    Fidelma schnüffelte mißbilligend und starrte in die Finsternis.
    »Es muß doch wohl einen besseren Ort geben, wo man ihn einsperren kann? Der Gestank hier ist schon schlimm, auch ohne die zusätzliche Beleidigung durch die Dunkelheit. Warum hat man dem Gefangenen nicht ein Licht dagelassen?«
    Der junge Krieger, Crítán, kicherte laut hinter ihrem Rücken.
    »Du hast Humor, Lady. Das ist gelungen!«
    Dubán knurrte ihn an, er solle auf seinen Posten vor der Tür zurückgehen, und schlurfte in die Dunkelheit. Als Fidelmas und Eadulfs Augen sich an das Dunkel gewöhnt hatten, erkannten sie die unbestimmten Umrisse seiner Gestalt, wie er sich über etwas beugte, dann hörten sie, wie er Funken schlug und einen Öldocht entzündete, der zu glimmen begann. Mit der Lampe in der Hand wandte er sich um. Er winkte sie tiefer in den höhlenartigen Stall hinein und zeigte in eine entfernte Ecke.
    »Da ist er. Dort ist Móen, der Mörder Ebers.«
    Fidelma ging weiter.
    Dubán hob die Lampe so hoch er konnte, um das übelriechende Innere zu erhellen. In der Ecke lag etwas, was auf den ersten Blick wie ein Bündel Lumpen aussah. Schmutzige, muffige Wollsachen. Das Bündel bewegte sich, und eine Kette klirrte. Fidelma schluckte schwer, als sie erkannte, daß das Bündel einen Menschen bedeckte, der mit dem linken Fuß an einem der Pfosten angekettet war, die das Dach trugen. Dann sah sie, wie sich ein wuscheliger Kopf ruckartig hob, mit dem Rücken zu ihr, und der Mensch mit leicht schräg gehaltenem Kopf zu lauschen schien. Er gab ein seltsames Wimmern von sich.
    »Das ist die Kreatur, dieser Móen«, sagte Dubán dumpf neben ihr.

K APITEL 6
    Fidelma konnte sich nicht gegen den Schauder wehren, der sie überlief, als sie auf die groteske Gestalt starrte.
    »Gott im Himmel schaue auf uns herab! Was hat das zu bedeuten? Ich würde nicht einmal ein Tier unter solchen Bedingungen halten, geschweige denn einen Menschen, selbst wenn er unter Mordverdacht steht.«
    Sie trat vor, beugte sich über die kauernde Gestalt und berührte sie an der Schulter.
    Auf das, was dann geschah, war sie nicht vorbereitet.
    Bei der Berührung fuhr die Gestalt mit einem Schreckensgeheul hoch. Sie kroch stöhnend auf allen vieren davon wie ein Tier, bis sie am Ende der Kette mit einem Ruck zum Stehen kam. Sie fiel der Länge nach auf das schmutzige Stroh, das den Boden bedeckte, und lag still, hob aber beide Hände, als

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