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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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bedeutungsvoll, »bist du nur an deine Pflicht gebunden, wenn du sie freiwillig übernommen hast.«
    Crítán machte ein ärgerliches Gesicht.
    »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    »Genau. Hör mal, Crítán«, wechselte sie rasch das Thema, »sagt dir der Name Gadra etwas?«
    »Gadra soll ein Schreckgespenst sein, das Kinderseelen stiehlt«, knurrte der junge Mann. »Die Leute hier benutzen seinen Namen, um ihre Kinder zu ängstigen.«
    »Gibt es ihn wirklich?«
    »Ich habe Dubán von ihm reden hören. Ich glaube nicht an Gespenster, also hab ich ihn danach gefragt.«
    »Und was hat Dubán gesagt?« wollte Fidelma wissen.
    »Er erzählte mir, daß zu seiner Jugendzeit Gadra als Einsiedler in den Bergen lebte und sich weigerte, den neuen Glauben anzunehmen.«
    »Ist er noch am Leben?«
    »Das war vor vielen Jahren. Er wohnte im Wald in einem kleinen Bergtal. Ich weiß nicht, wo. Dubán könnte es vielleicht wissen.«
    Fidelma dankte dem jungen Mann und ging zurück zum Gästehaus, um Eadulf zu berichten.
    »Was nun?« fragte er.
    »Wir können nichts weiter tun, als bis morgen zu warten.«
    Lange nach Mitternacht wurde Fidelma vom Hufschlag eines Pferdes geweckt. Eadulf schlief fest in seiner Kammer. Sie erhob sich, nahm ihren Mantel um und schlich sich barfuß zum Fenster an der Vorderseite des Gästehauses.
    Am Tor stieg ein Mann vom Pferd. Im Licht der Fackeln erkannte sie Menma, den Stallwärter. Sie wollte schon zurück ins Bett, als sich eine Gestalt aus dem Schatten der Festhalle löste. Sie trat ins Licht der Fackeln und begrüßte den rothaarigen Mann.
    Es war Pater Gormán. Er schien erregt und schwenkte die Arme. Sein Ton war offenbar heftig, aber trotzdem sprach er leise, und sie konnte seine Worte nicht verstehen.
    Zu ihrer Überraschung schien Menma ebenso heftig zu antworten.
    Pater Gormán wies auf das Gästehaus. Offensichtlich waren Eadulf und sie der Gegenstand des Streits. Sie fragte sich, aus welchem Grunde.
    Kurz darauf zog Menma sein Pferd am Zügel fort zum Stall.
    Pater Gormán blieb noch stehen, die Hände in die Seiten gestemmt, und sah Menma nach. Dann wandte auch er sich rasch ab und schritt zu seiner Kapelle.
    Gedankenvoll ging Fidelma wieder zu Bett.
    Die Sonne schien schon hell, als sie sich zu Eadulf setzte zu dem Frühstück, das Grella gebracht hatte. Sie spürte die Wärme der Strahlen, die durch die Fenster des Gästehauses fielen. Eadulf war gerade mit dem Frühstück fertig und lehnte sich zurück, während Fidelma schweigend aß. Erst als auch sie die Mahlzeit beendet hatte, fragte er: »Was meinst du, ob Dubán schon zurück ist?«
    »Ich werde ihn suchen und sehen, ob er uns mehr über diesen Einsiedler sagen kann«, erwiderte Fidelma.
    Eadulf sollte inzwischen ein bißchen bei den Bewohnern des rath herumhören.
    Fidelma ging vom Gästehaus an der Steinmauer der Festhalle entlang.
    Stimmen und ein kurzes hartes Lachen ließen sie innehalten. Das Lachen kam ihr bekannt vor.
    Sie blieb im Schutz der Mauer stehen und blickte dorthin, von wo es gekommen war. Ein Reiter stand dort, der anscheinend gerade eingetroffen war, denn er war noch vom Staub der Reise bedeckt. Er war vom Pferd gestiegen und hatte die Zügel über den Arm geschlungen. Fidelma erkannte den großen, stämmigen Mann sofort. Es war Muadnat, der Bauer, gegen den sie in Lios Mhór das Urteil gesprochen hatte. Etwas anderes verschlug ihr fast den Atem: Die Gestalt, die er in den Armen hielt und die seine Küsse mit der Leidenschaft eines jungen Mädchens erwiderte. Es war eine hochgewachsene blonde Frau in einem bunten Mantel. Erst als sie sich aus der stürmischen Umarmung löste, erkannte Fidelma in ihr Cranat, die Witwe Ebers.
    Instinktiv trat Fidelma tiefer in den Schatten der Mauer zurück und betrachtete Muadnat genauer. Für jemanden, der gerade sieben cumals Land verloren hatte, sah er recht glücklich aus, als er die verwitwete Fürstin umarmte. Die Vertraulichkeit der beiden war nicht zu übersehen. Muadnat lachte noch einmal schallend, bis Cranat ihm den Finger auf die Lippen legte, sich unruhig umsah und ihn verschwörerisch in das Haus hinter ihnen hineinwinkte. Muadnat band nur noch rasch sein Pferd an dem Pfosten davor an, bevor er ihr folgte.
    Fidelma wartete, bis sie verschwunden waren, und ging dann mit nachdenklich gesenktem Kopf weiter zum Eingang der Festhalle. Deren Tür stand offen. Sie wußte nicht, was sie zögern ließ, ihr Kommen anzukündigen. Leise trat sie ein. Vielleicht hatte

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