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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Wechsel ihrer Miene, als sie das erkannte.
    »Willst du es selbst versuchen?« fragte er.
    Fidelma nickte eifrig.
    Gadra wandte sich an Móen und wechselte rasch einige Zeichen mit ihm.
    »Nimm seine Hand. Halte die Fläche nach oben und benutze die Linie vom zweiten Finger bis zur Handwurzel als Grundlinie. Stell dich ihm vor, indem du deinen Namen in Ogham-Buchstaben schreibst.«
    Vorsichtig nahm Fidelma die Hand des jungen Mannes.
    Drei Striche rechts von der Grundlinie für »F«; fünf Punkte mit der Fingerspitze auf der Grundlinie für »i«; zwei Striche rechts von der Grundlinie für »d«; vier Punkte auf der Linie für »e«; zwei Striche rechts für »l«; ein diagonaler Strich über die Linie für »m« und ein Punkt für »a«. Sie führte die Bewegungen langsam und vorsichtig aus. Dann wartete sie auf die Antwort.
    Mit einem lebhaften Lächeln nahm der junge Mann ihre linke Hand, die sie ihm darbot, und hielt die Handfläche nach oben. Dann schrieb sein Finger darauf einen diagonalen Strich für »M«; zwei Punkte auf der Linie für »o«; eine kleine Pause, dann vier Punkte für »e« und dann vier Striche rechts für »n«. Móen.
    Es war so einfach. Und dieses Wesen hatte man behandelt, als wäre es ein Tier, dachte Fidelma empört.
    Langsam schrieb Fidelma weiter auf Móens Handfläche.
    »Ich bin eine Anwältin bei Gericht und hergekommen, um die Morde an Eber und Teafa zu untersuchen. Verstehst du mich?«
    »Ja. Ich habe sie nicht getötet.«
    »Sag mir, was geschehen ist, soweit du das weißt.«
    Sofort begann der junge Mann ihre Handfläche schnell mit seinen Fingern zu bearbeiten, so schnell, daß sie ihn unterbrechen mußte.
    »Du bist zu schnell. Ich bin diese Art der Verständigung nicht gewöhnt. Sprich mit Gadra, er kann es mir übersetzen.«
    »Sehr gut.«
    Fidelma lehnte sich zurück und erklärte Gadra, was sie wissen wollte. Sogleich übernahm er die Aufgabe. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Fidelma sah auf und erblickte Dubán, der verwundert die Szene betrachtete.
    »Crítán hat sich bei mir beschwert …«, begann er verlegen, doch Fidelma unterbrach ihn.
    »Ich kann mir vorstellen, was Crítán gesagt hat«, erklärte sie.
    Dubán verzog das Gesicht.
    »Ich weiß, daß er seine Fehler hat. Ich werde dafür sorgen, daß er Móen nicht mehr bewacht, wenn du das möchtest.« Er schaute zu Gadra und Móen hinüber. »Es stimmt also. Kann er sich wirklich verständlich machen?«
    »Wie du siehst, Dubán, können wir uns mit ihm verständigen und er sich mit uns. Würdest du bitte draußen warten? Wir müssen Móen bei dieser Befragung ebensolche Vertraulichkeit zubilligen, wie jedem von uns nach dem Gesetz zusteht.«
    Der Kommandeur der Wache machte zwar ein enttäuschtes Gesicht, nickte aber und verließ den Raum.
    Fidelma und Eadulf beobachteten nun staunend und beeindruckt, wie schnell Móens Finger über Gadras Handfläche tanzten. Ab und zu unterbrach der Alte den Fluß der Zeichen. Wahrscheinlich stellte er klärende Zwischenfragen. Dann begann er zwischen Fidelma und Móen zu dolmetschen.
    »Sag uns, Móen, hast du Teafa oder Eber getötet?«
    »Nein.« Eine Pause. »Ich hatte Teafa sehr gern. Sie zog mich auf wie eine Mutter.«
    »Erzählst du uns, was sich in der Nacht ereignete, in der du gefangengesetzt wurdest?«
    »Ich will es versuchen.«
    »Laß dir Zeit und berichte uns alles so ausführlich wie möglich.«
    »Ich versuche es. Manchmal schlafe ich schlecht. Dann stehe ich auf und gehe umher.«
    »Du gehst nachts herum?«
    »Ob Nacht oder Tag, das ist mir gleich.«
    Fidelma bemerkte zu ihrer Überraschung, daß Móen tatsächlich über den Scherz lächelte, den er gemacht hatte.
    »Gingst du in der Nacht auch aus?«
    »Ja.«
    »Weißt du, wie spät es war?«
    »Leider nicht. Zeit bedeutet mir nichts, außer wenn ich merke, daß es heiß oder kalt ist oder wenn ich bestimmte Arten von Blumen riechen kann. Ich weiß nur, daß es kalt war, als ich hinausging, und daß es feucht roch, aber nicht nach Blumen. Ich stand auf und ging zur Tür unserer Hütte. Ich kann mich sehr leise bewegen.«
    Fidelma begriff, daß dies gegen Móen ausgelegt werden konnte.
    »Wie gut kannst du dich allein im Dorf bewegen?« fragte sie.
    »Wenn nicht jemand etwas im Weg liegen läßt, etwas, was nicht in die Lücken zwischen den Gebäuden gehört, dann habe ich im allgemeinen keine Schwierigkeiten. Ein paarmal bin ich über eine Kiste oder ähnliches gefallen, was im Weg lag. Dann

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